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Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Titel: Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Geschäftskleidung und es gehörte nicht allzu viel Fantasie dazu, in ihnen die Teilnehmer einer Vorstandssitzung zu erkennen. Durch mein Fernglas beobachtete ich, wie sie an der Tür der Villa von einem jungen Mann in Empfang genommen wurden, der mir ebenfalls unbekannt war.
    Anschließend wurde es wieder still. Die Sitzung zog sich hin und ich begann, den Himmel nach Vögeln abzusuchen, um meine Langeweile zu bekämpfen.
    Allmählich nachtete es ein. Meine Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, den Tag vor Gubers Haus zu verbringen, wurden stärker. Abgesehen von einem prachtvollen Mäusebussard hatte ich nichts Besonderes entdeckt. Etliche Räume der Villa waren zwar inzwischen erleuchtet, aber ich hätte schon auf einen Baum klettern müssen, um einen Einblick zu bekommen.
    Ich machte ein paar Dehnübungen und lockerte meine steifen Beine. Früher hatte es mir nichts ausgemacht, stundenlang darauf zu warten, dass irgendwas passierte. Mit dem Alter wurde ich nicht nur bequemer, sondern auch ungeduldiger.
    Im Schutz der heraufziehenden Dunkelheit näherte ich mich dem Tor. Wenn ich mich dicht genug am Zaun hielt, konnten mich die Torkameras nicht erfassen. Nach der Durchfahrt eines Autos dauerte es etwa zehn Sekunden, bis das Tor wieder geschlossen war. Zeit genug, um hineinzuschlüpfen und mich innerhalb der Umzäunung zu verstecken. Wollte ich das Gelände verlassen, musste ich wieder auf ein Auto warten. Notfalls konnte ich auch einfach über das Tor klettern. Die Kameras würden mich höchstens ganz kurz einfangen. Und ob das mitten in der Nacht jemandem auffallen würde, war sehr zweifelhaft.
    Blieb noch ein Problem. Mich schlicht neben das Tor zu stellen, sobald sich die Vorstandsmitglieder in ihre Autos setzten und abfuhren, wäre zu auffällig gewesen. Ich brauchte irgendeine Art von Deckung. Oder ich musste schnell genug sein.
    Kurz nach zehn war die Sitzung beendet. Das Außenlicht flammte auf, die acht Männer und die eine Frau gingen zu ihren Autos. In einer geschlossenen Kolonne bewegten sich die Autos auf das sich öffnende Tor zu.
    Ich wartete, bis das letzte Auto an mir vorbeigefahren war, dann rannte ich gebückt los. Im letzten Moment glitt ich durch die Öffnung, keine Sekunde später schnappte das Schloss zu.
    Ich blieb am Zaun und versteckte mich nicht weit vom Tor entfernt hinter Büschen, jederzeit bereit, die Flucht zu ergreifen. Aber anscheinend war ich unbemerkt geblieben. Nach einer Minute wurde die Beleuchtung der Zufahrt abgeschaltet, jetzt brannten nur noch zwei Lampen vor dem Hauseingang.
    Die mächtigen Platanen, die die Villa umstanden, als Schutz nutzend, schlich ich zur Hausfront. In einem lang gestreckten Anbau auf der rechten Seite war eine Garage untergebracht. Es gab eine äußere Zugangstür. Ich drückte auf die Klinke, die Tür war nicht verschlossen. Mit meiner Taschenlampe leuchte ich ins Innere. In der Garage standen vier Wagen, drei Spitzenmodelle der englischen und deutschen Autoindustrie – und ein blauer Kombi.
    Vorsichtig, mit dem Rücken zur Hauswand, umrundete ich das Gebäude. Ich war bis zur Mitte der hinteren Gebäudeseite gekommen, als ich Stimmen aus dem Inneren hörte. Die Unterkante des Erdgeschossfensters befand sich knapp über meinem Kopf. Ich stellte meinen rechten Fuß auf einen Absatz des Gebäudesockels und zog mich am Fensterbrett hoch.
    Die Stimmen kamen aus einem edel möblierten Arbeitszimmer, das von einem großen Schreibtisch in der Mitte dominiert wurde. Guber, in Anzugweste, weißem Hemd und Krawatte, stand hinter dem Schreibtisch und unterhielt sich mit dem jungen blonden Mann, der die Vorstandsmitglieder empfangen hatte. Im Gegensatz zu seinem Chef hatte Blondie die Jacke seines dreiteiligen Anzugs nicht abgelegt.
    Ich versuchte etwas von ihrem Gespräch zu verstehen, aber das Fenster war zu gut isoliert. Als ich wieder absteigen wollte, rutschte ich ab. Mit der linken Hand griff ich nach oben, um mich festzuhalten, und berührte dabei die Fensterscheibe. Sekundenbruchteile später schrillte die Alarmanlage.
    Das war so ungefähr das Dümmste, was mir hatte passieren können. Ich fluchte über meine Blödheit und rechnete meine Chancen aus. Um zum Tor zu gelangen, musste ich um die Villa herumlaufen. Natürlich hätte ich mich auch im Grünzeug verstecken können, aber die Möglichkeit, dort nicht erwischt zu werden, war kaum größer als null.
    Ich rannte los. Gut sichtbar, denn das Gelände war von Scheinwerfern so hell

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