Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin
Guber schaute ihn mit einem durchdringenden Blick an. »Der Name sagt mir nichts.«
»Hat Frau Meyer Sie nicht kurz vor ihrem Tod interviewt?«
»Nein. Daran würde ich mich erinnern, auch wenn der Name nicht sehr ungewöhnlich ist.«
Er stand auf. »Sie beginnen mich zu langweilen, Herr Wilsberg. Volker, kümmere dich um ihn!«
Guber verließ den Raum. Er hatte Lena mit keinem Wort erwähnt, auch nicht den Grund für das nächtliche Türklopfen seiner Mitarbeiter. Mir war das ganz recht. Zu viel Offenheit hätte für mich ziemlich unangenehm werden können.
Ich schaute mich um. »Ihr habt's gehört, ihr sollt die Polizei anrufen.«
»Von Polizei habe ich nichts gehört«, sagte Horst.
Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten.
»Doch.« Blondie griff zum Telefon. »Am Anfang hat Gottfried gesagt, dass wir die Sache der Polizei überlassen sollen.«
XI
Hausfriedensbruch und versuchter Einbruch sind normalerweise keine Delikte, derentwegen man eine Nacht in der Zelle verbringen muss, wenn man einen festen Wohnsitz, einen halbwegs anständigen Beruf und ein kaum nennenswertes Vorstrafenregister besitzt. Aber Gottfried Guber war eben kein normaler Bürger und meine Aussage, dass ich mich verlaufen hätte, wegen der hohen Zäune, die sein Grundstück umgaben, wohl nicht besonders glaubwürdig. Da den Kripoleuten, die Nachtbereitschaft schoben, die Sache nicht ganz geheuer war, steckten sie mich kurzerhand in eine Arrestzelle – sollten sich doch die für politische Straftaten zuständigen Spezialisten am nächsten Morgen um mich kümmern.
Von der Nacht war ohnehin nicht mehr viel übrig und so verzichtete ich auf jeglichen Protest. Kaum lag ich auf der Pritsche, schlief ich auch schon ein. Erst als ich zwei Stunden später von frühmorgendlichem Türenknallen und lautstarken, an meine Mitgefangenen gerichteten Anweisungen wieder aufwachte, vermisste ich die Bequemlichkeit meines eigenen Bettes.
Gegen neun holten sie mich zur Vernehmung ab. Es war Samstagmorgen und Oberkommissar Lutz und seine Kollegin Bertram ließen mich deutlich spüren, was sie davon hielten, dass ich ihnen das freie Wochenende versaut hatte.
Lutz studierte mit gerunzelter Stirn meine nächtliche Aussage. »Was soll der Scheiß, dass Sie sich verlaufen haben?«
»Ich möchte meine Anwältin hinzuziehen«, sagte ich.
»Haben Sie etwas gegen Herrn Guber?«, fragte Bertram.
»Ohne meine Anwältin werde ich mich nicht zur Sache äußern.«
»Legen Sie ein Geständnis ab, dann können Sie gehen«, warf Lutz ein.
Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und schwieg.
Sie schossen noch ungefähr zehn Fragen ab, die ich nicht beantwortete, bevor sie nachgaben.
Franka war auch nicht begeistert. Am Samstagvormittag pflegte sie das Ritual des Wochenmarktbesuches. Dabei ging es weniger um Einkäufe an den Ständen auf dem Domplatz als vielmehr um Smalltalk mit alten Bekannten, denen sie über den Weg lief. Doch selbstverständlich ließ sie mich nicht hängen.
Nachdem sie im Polizeipräsidium eingetroffen war, durfte ich mit ihr allein reden. Ich brauchte eine Viertelstunde, um sie auf den neuesten Stand der Ereignisse zu bringen.
»Das hast du ja clever eingefädelt«, meinte Franka anschließend. »Was hast du dir denn dabei gedacht?«
»Vorwürfe kann ich mir selbst machen«, sagte ich. »Dein Job ist es, zu verhindern, dass ich das Wochenende im Knast verbringen muss.«
Sie dachte nach. »Okay, ich werde versuchen, mit dem Staatsanwalt einen Deal auszuhandeln. Du musst zugeben, dass du dir widerrechtlich Zugang zu dem Privatgelände von Guber verschafft hast, daran kommst du nicht vorbei. Wir werden sagen, dass du Guber im Zuge von Ermittlungen, die einen anderen Fall betreffen, beobachten wolltest, völlig ohne politischen Hintergrund. Im Gegenzug soll er das Verfahren wegen Geringfügigkeit einstellen, bei Zahlung einer Geldbuße.«
»Wie hoch?«, fragte ich.
»Also bitte, Georg!« Franka verdrehte die Augen. »Ein paar Tagessätze werden es wohl werden. Die kannst du dir ja von deiner Nora Gessner zurückholen.«
»Sie ist nicht meine Nora Gessner.«
Franka stieß einen kehligen Laut aus.
Ich hob die Hände. »Schon gut. Ich bin einverstanden.«
Gegen eins durfte ich in Begleitung von Franka das Polizeipräsidium verlassen. Ich freute mich auf meine Badewanne und einen geruhsamen Nachmittag auf der Couch in meinem Wohnzimmer. Vielleicht würde ich zusehen, wie Jan Ullrich und Lance Armstrong bei der Tour de France die
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