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Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Titel: Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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meine Berichte und Rechnungen zu schreiben, E-Mails zu verschicken und gelegentlich im Internet zu recherchieren, bin ich weit davon entfernt, die tieferen Geheimnisse von Hard- und Software zu verstehen. Sobald mein Computer mal nicht das tut, was ich von ihm verlange, gerate ich in Verzweiflung. Die einschlägigen Anweisungen, die auf dem Bildschirm oder in den Handbüchern zu lesen sind, kommen mir vor, als seien sie aus dem Deutschen ins Japanische und dann wieder zurückübersetzt worden.
    Als ich vor Lenas Collage stand, war mir klar, dass ich für die Diskettenreste und das, was sich möglicherweise an Inhalten noch auf ihnen befand, jemanden brauchte, der sich mit solchen Dingen auskannte. Ich überlegte, ob ich Tobias Olpitz um Hilfe bitten sollte. Er kannte sicher einen Computerfummler, der die auf der Diskette abgespeicherten Dateien retten konnte. Andererseits hätte Olpitz damit auch einen Zugriff auf die Informationen bekommen. Und ich wollte lieber selbst entscheiden, ob und wann er was erfuhr.
    Ich dachte an Holger, der mir vor zwei Jahren geholfen hatte, den Computer einer Biotechnologiefirma zu knacken. Leider war Holger zusammen mit seiner Freundin Anja nach Neuseeland ausgewandert. Sie hatten mir eine Postkarte mit unzähligen Schafen und einigen grünen Hügeln geschickt.
    Im Wohnzimmer blätterte ich in den Gelben Seiten. Unter dem Stichwort Software gab es eine ganze Reihe von Softwarefirmen, aber auch etliche Privatnamen. An Rüdiger Sattler blieb ich hängen. Der Name kam mir bekannt vor. Ich massierte meine Schläfen, um die Müdigkeit zu vertreiben. Es musste weit, sehr weit zurückliegen. Und dann fiel mir ein, dass ich mit Rüdiger Sattler Speckbrett gespielt hatte. Vor etwa zwanzig Jahren, als ich noch regelmäßig Sport getrieben und im Speckbrettverein Münster-Südost die Tennisbälle mit dem pfannenartigen Holzschläger übers Netz gepeitscht hatte.
    Ich wählte die Nummer. Eine Frauenstimme meldete sich mit dem Namen Sattler.
    Ich fragte nach Rüdiger Sattler.
    »Der ist nicht da«, sagte sie mit der Nüchternheit einer Ehefrau, die es schon vor geraumer Zeit aufgegeben hatte, die Abwesenheit ihres Mannes zu bedauern.
    »Wann kann ich ihn sprechen?«
    »Um was geht es denn?«
    »Ich kenne Rüdiger von früher. Aber es geht um ein Softwareproblem. Und es ist dringend.«
    Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. »Sie finden ihn im Saxofon. Das ist eine Kneipe auf der Hafenstraße.«
    Ich kannte das Saxofon. Es war ein Refugium für Menschen, die nicht einsehen mochten, dass die Achtzigerjahre des zwanzigsten Jahrhunderts unwiederbringlich vorüber waren. Sie trugen Lederhosen, Fransenwesten und lange Haare, spielten Billard oder tranken sich um den Rest Verstand, der ihnen geblieben war. Wenn ich mal einen richtig deprimierenden Abend verbringen wollte, ging ich ins Saxofon.
    Rüdiger Sattler saß an der Theke. Jedenfalls nahm ich an, dass der Mann mit den langen grauen Haaren, der Nickelbrille und dem Bierbauch mit jenem Menschen identisch war, den ich seinerzeit über den roten Ascheplatz gehetzt hatte.
    Ich setzte mich neben ihn. »Rüdiger Sattler?«
    Er drehte den Kopf. »Wer will das wissen?« Er hatte bereits einiges getrunken.
    »Georg Wilsberg«, sagte ich. »Wir haben mal zusammen im Speckbrettverein Münster-Südost gespielt.«
    Sein heiseres Lachen ging in einen Hustenanfall über. »Georg! Du hast dich ganz schön verändert.«
    »So ganz spurlos ist die Zeit an dir auch nicht vorbeigegangen.«
    »Wohl wahr.« Er schnippte eine filterlose Zigarette aus der Packung und steckte sie zwischen seine Lippen. »Ich sollte mit dem Rauchen aufhören.«
    Wenn man seinen vom Bluthochdruck rötlich gefärbten Kopf sah, konnte man ihm nur zustimmen.
    Sattler zündete die Zigarette an. »Bist du zufällig hier?«
    »Nein. Ich habe dich gesucht.«
    »Und wer hat dir verraten, wo du mich findest?«
    »Deine Frau.«
    Sein Gesicht nahm einen gekränkten Ausdruck an. Offensichtlich war seine Ehe kein Thema, über das er gerne sprach.
    »Du hast doch eine Softwarefirma«, lenkte ich ab.
    »Na ja, mit irgendwas muss man sich ja über Wasser halten. Unter uns gesagt, es läuft mehr schlecht als recht. Ich hatte mal zehn Angestellte, wir haben unter anderem Programme für die Uni entwickelt, medizinische Forschung. Wir waren top. Aber dann ...«
    Der vollbärtige Thekenmann tauschte unaufgefordert Sattlers leeres Bierglas gegen ein volles aus und schaute mich fragend an. Wegen der lauten Rockmusik

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