Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin
billig. Ich habe siebenhundertfünfzig Euro bezahlt, die ich Ihnen auf die Rechnung setzen muss.«
Sie schluckte. »Hat es sich wenigstens gelohnt?«
»Das wird sich zeigen. Auf der Diskette sind Kontobewegungen abgespeichert. Anscheinend hat Lena die Daten vom Laptop Ihres Vaters kopiert, denn es geht um ein Konto der Bank Egli & Schaaf. «
»Wem gehört das Konto?«, fragte Nora.
»Es handelt sich um ein Nummernkonto. Es gibt eine Reihe von Zahlungseingängen, bei denen der oder die Auftraggeber namentlich nicht aufgeführt sind. Nach einer gewissen Wartezeit und abzüglich einer Rate von etwa fünfzehn Prozent floss das Geld dann weiter auf ein Konto bei einer Liechtensteiner Bank, das einer Stiftung Grünland gehört.«
»Das Konto bei Egli & Schaaf dient also nur zur Verschleierung des Geldflusses«, kombinierte Nora. »Über welche Summen reden wir?«
»Über insgesamt rund sieben Millionen Franken.«
»Sieben Millionen?«, wiederholte sie überrascht. »Dafür muss man selbst in der Schweiz lange arbeiten.«
»Nach meiner Einschätzung haben wir zwei Möglichkeiten«, sagte ich. »Wir können Ihren Vater fragen, woher das Geld stammt und wer die Nutznießer dieser Stiftung Grünland sind.«
»Und die zweite Möglichkeit?«
»Ich könnte nach Liechtenstein fahren und versuchen etwas über die Stiftung Grünland zu erfahren. Aber nach allem, was ich über Liechtensteiner Banken und Liechtensteiner Stiftungen weiß, dürfte es aussichtsreicher sein, in Alaska Ananas anzupflanzen.«
Nora dachte nach. »Da bin ich nicht ganz Ihrer Meinung«, sagte sie schließlich. »Ich habe eine Idee, wie wir es anstellen könnten. Was halten Sie von dem Vorschlag, dass wir uns morgen Abend in Vaduz treffen?«
Jetzt war ich überrascht.
XIII
Es war heiß an diesem Tag, sehr heiß. Die Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel und die Klimaanlage in meinem Auto lief auf Hochtouren. Sobald ich ausstieg und ein paar Schritte durch die Backofenluft ging, war ich schweißgebadet. Ich flüchtete vom Auto in die klimatisierten Raststätten und wieder zurück.
Am Nachmittag erreichte ich den Bodensee, dessen Oberfläche in der Hitze flimmerte. Ich fuhr einige Kilometer durch Österreich und kam zu einem verschlafenen Schweizer Grenzübergang, wo ich eine Autobahnvignette kaufte.
Das Fürstentum Liechtenstein liegt an der Schweizer Autobahn A 13, in einem Tal, in dem sich die warme Luft staute. Mein Außentemperaturanzeiger kletterte auf achtunddreißig Grad, als ich die Ausfahrt Vaduz nahm. Am Ende der Brücke über den Rhein, der in diesem trockenen Sommer nur ein knietiefes Flüsschen war, begann das Fürstentum. Es endete an der nächsten Bergkette, aber so weit musste ich nicht fahren.
Nora Gessner hatte zwei Zimmer im Landhaus Resch gebucht, einem Hotel, das an der Straße zwischen Autobahn und Vaduz lag, am Rand der kleinen Fürstentummetropole.
Die Frau an der Rezeption hatte einen sächsischen Akzent. Ich erfuhr, dass Nora noch nicht eingetroffen war, und nutzte die Gelegenheit, um eine kalte Dusche zu nehmen. Da mein Zimmer nicht klimatisiert war, hielt die Wirkung nicht lange an. Ich legte mich aufs Bett und vermied jede überflüssige Bewegung. Immerhin schaffte ich es, die Broschüre durchzublättern, die mir die Frau an der Rezeption gegeben hatte. So erfuhr ich, dass die Burg, die ich von meinem Zimmer aus sehen konnte, Fürst Hans-Adam II. gehörte, dem dreizehnten Fürst von Liechtenstein, dessen Vorfahren mit viel Glück und vielleicht auch Geschick die Eingemeindung in ein größeres Land verhindert hatten. Aus der Laune der Geschichte hatten die Fürsten dann im zwanzigsten Jahrhundert Kapital geschlagen, indem sie Liechtenstein in ein Steuerparadies verwandelten und Geld und Briefkastenfirmen in das Bergidyll lockten. Das stand natürlich nicht in der Broschüre, sondern allenfalls zwischen den Zeilen, wenn von Vollbeschäftigung die Rede war und davon, dass rund fünfzig Prozent der in Liechtenstein Beschäftigten Ausländer seien.
Die Hitze machte mich müde. Ich war gerade eingedöst, als mein Handy klingelte.
»Haben Sie sich so weit erholt, dass wir essen gehen können?«, fragte Nora.
Ich entschied mich für ein bunt gemustertes Hemd, mit dem ich, wie ich hoffte, die Schwitzflecken kaschieren konnte.
Nora wartete am Eingang auf mich. Die tropischen Temperaturen schienen ihr nichts anhaben zu können. Sie wirkte kühl, was nicht nur an den noch blonder gefärbten kurzen Haaren lag. Die
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