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Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Titel: Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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einer Pechsträhne steckt, wird man irgendwann emotional resistent. Wie bei Zugunglücken oder Flugzeugabstürzen, die sich merkwürdigerweise und entgegen den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit immer gehäuft ereignen, muss man auch persönliche Nackenschläge nie einzeln, sondern stets in Serie einstecken. Anscheinend handelt es sich dabei um ein noch nicht erforschtes Naturgesetz. Das Einzige, was man in einer solchen Situation tun kann, ist, auf das Ende der Pechsträhne zu hoffen.
    Eine Möglichkeit, diese philosophischen Überlegungen zu überprüfen, bot das Manuskript von Kathrin Meyer. Hatten es die Täter entdeckt und mitgenommen? Nach der nächtlichen Lektüre auf dem Balkon hatte ich das Manuskript nicht in den Schreibtisch gelegt, sondern zwischen zwei Bücher ins Wohnzimmerregal gestopft.
    Und es war noch da. Das ließ sich zwar simpel erklären, denn vermutlich wussten sie weder etwas von der Existenz des Ausdrucks noch von meinem Besuch bei Jonathan Fürth, trotzdem kam es mir wie ein kleines Wunder vor. War das die Wende?
    Ich lag gerade zehn Minuten auf der Couch, als das Telefon klingelte.
    Ich stand nicht auf. Mir war nicht danach, mit anderen Menschen zu reden. Nach dem fünften Klingeln sprang der Anrufbeantworter an. Meine Stimme sagte, dass ich nicht zu Hause sei. »Hallo Herr Wilsberg! Hier ist Nora Gessner. Es ist Samstagabend, neun...«
    Ich nahm ab und meldete mich.
    »Sie sind ja doch da.« Sie klang erfreut.
    »Ja.«
    »Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«
    »Nein, nein, ich bin nur etwas müde.«
    »Sie hören sich fürchterlich an. Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Wenn Sie an der vollständigen Fassung der Antwort interessiert sind, müssen Sie morgen nochmal anrufen.«
    »Geben Sie mir wenigstens ein paar Stichworte!«
    Selbst für die Stichworte brauchte ich fünf Minuten.
    Anschließend sagte sie: »Das mit dem Brand tut mir sehr Leid.«
    »Halb so wild. Ich habe eine Versicherung.«
    »Gibt es etwas, was ich für Sie tun kann? Ich fühle mich mitverantwortlich, schließlich habe ich Sie gedrängt, weiterzuermitteln.«
    »Machen Sie sich keine Gedanken! Das ist Berufsrisiko. Ich bin alt genug, um zu entscheiden, welche Gefahren ich eingehen will.«
    Das schien sie zu beruhigen. »Was ist mit dem blauen Kombi, der in Gubers Garage steht? Bringt uns der nicht weiter?«
    »Jein. Für uns mag damit feststehen, dass Guber hinter Lenas Entführung steckt, aber ein gerichtsverwertbarer Beweis wäre es erst, wenn man Lenas Haare oder Spuren ihrer Kleidung in dem Kombi finden würde.«
    »Und warum sagen Sie der Polizei nicht, dass sie den Kombi untersuchen soll?«
    Ich stöhnte. »Weil es keinen hinreichenden Anfangsverdacht gegen Guber gibt. So einen Durchsuchungsbeschluss müsste ein Richter unterschreiben. Und nach Lage der Dinge ist das im Moment unrealistisch. Ich brauche noch ein zusätzliches Indiz.«
    »Sie reden ja wie ein Rechtsanwalt«, sagte Nora.
    »Ich war auch mal Rechtsanwalt. Aber das ist eine andere Geschichte.«
    »Vielleicht gibt es dieses Indiz.«
    Ich wurde munter. »Tatsächlich?«
    »Lena hat mir erzählt, dass sie in Ihrer Wohnung etwas versteckt hat.«
    »Was und wo soll das sein?«
    »Das weiß ich nicht. Sie kennen doch Lena. Sie sagt etwas und im nächsten Augenblick wechselt sie das Thema.«
    Trotz meiner Müdigkeit elektrisierte mich die Nachricht. Ich dachte nach. Theoretisch kam als Versteck die ganze Wohnung in Frage – während ich Stürzenbecher besucht hatte, war Lena in der Wohnung allein gewesen. Aufgehalten hatte sie sich hauptsächlich in Sarahs Zimmer.
    Ich betrat das Zimmer und schaute mich um. Alles sah so aus wie immer, abgesehen von Lenas Kunstwerk an der Wand. Ich untersuchte die Bettwäsche, hob die Matratze hoch und schaute unters Bett. Nichts.
    Die zweite Frage war, um welchen Gegenstand es sich handelte. Gubers Leute hatten sich für meinen Schreibtisch interessiert. Das Haar lag auf der Diskettenbox, mit dem Brand hatten sie absichtlich den Schreibtisch und den Computer vernichtet. Falls es um eine Datei ging, die Lena auf der Festplatte meines Computers abgelegt hatte, war sie unwiederbringlich verloren. Die andere Möglichkeit, eine Datei zu speichern ... war das, worauf ich gerade schaute.
    Ich trat näher an das Kunstwerk heran. Die metallisch glänzenden Bruchstücke, die mich an die Trümmer eines explodierenden Planeten erinnert hatten, konnten zusammengesetzt eine Diskette ergeben.

XII

    Obwohl ich seit vielen Jahren Computer benutze, um

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