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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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dieses Herrn spricht.»
    «Nun ja», räumte der Erster-Klasse-Fahrgast ein, «da ich die Einzelheiten nicht gelesen habe –»
    «Die Einzelheiten sind sonnenklar», sagte der Gezierte. «Der arme Mann wurde heute früh tot am Strand von East Felpham gefunden, und sein Gesicht war entsetzlich zugerichtet. Er hatte nichts am Leib als seine Badehose –»
    «Moment! Als erstes: Wer ist er überhaupt?»
    «Er ist noch nicht identifiziert. Seine Kleider wurden mitgenommen –»
    «Das sieht doch dann eher nach Raubmord aus, nicht wahr?» meinte Kitty.
    «Wenn es nur ein Raubmord gewesen wäre», versetzte der Gezierte, «warum hätte man dann sein Gesicht so zurichten müssen? Nein, die Kleider wurden mitgenommen, um, wie gesagt, seine Identifizierung zu verhindern. Das versuchen diese Geheimbünde nämlich immer.»
    «Ist er erstochen worden?» fragte der Erster-Klasse-Fahrgast.
    «Nein», antwortete der Untersetzte. «Erwürgt.»
    «Keine typisch italienische Mordmethode», bemerkte der Erster-Klasse-Fahrgast.
    «Eben», stellte der Untersetzte fest. Der Gezierte schien ein wenig aus dem Lot gebracht.
    «Und wenn er dort zum Baden hingegangen war», warf der Ältere ein, «wie ist er überhaupt hingekommen? Inzwischen muß ihn doch jemand vermißt haben, wenn er in Felpham logierte. In der Urlaubssaison wimmelt es ja dort von Touristen.»
    «O nein», erwiderte der Untersetzte, «nicht in East Felpham zumindest. Sie meinen sicher West Felpham, wo der Yachtclub ist. East Felpham ist einer der einsamsten Orte an der ganzen Küste. Kein einziges Haus in der Nähe, nur ein kleines Gasthaus, das ganz für sich allein am Ende einer langen Straße steht, und von dort aus muß man drei Äcker überqueren, um ans Meer zu kommen. Eine richtige Straße gibt es da nicht mehr, nur noch einen Feldweg, aber man kommt schon mit einem Auto durch. Ich war nämlich dort.»
    «Er war mit einem Wagen da», sagte der Gezierte. «Man hat nämlich Reifenspuren gefunden. Aber der Wagen war wieder weggefahren worden.»
    «Dann sind die beiden Männer da anscheinend zusammen hingekommen», meinte Kitty.
    «Das glaube ich eben auch», sagte der Gezierte. «Das Opfer war wahrscheinlich gefesselt und geknebelt und wurde mit dem Wagen zu der Stelle gebracht und dann herausgeholt und erwürgt und –»
    «Aber wozu hätte man sich dann die Mühe machen sollen, ihn erst in eine Badehose zu stecken?» fragte der ErsterKlasse-Fahrgast.
    «Weil sie, wie gesagt», antwortete der Gezierte prompt, «keine Kleider zurücklassen wollten, die seine Identität verraten hätten.»
    «Richtig; aber warum haben sie ihn dann nicht gleich nackt liegengelassen? Eine Badehose zeugt unter den gegebenen Umständen von einem geradezu übertriebenen Schicklichkeitsempfinden.»
    «Ja, ja», sagte der Untersetzte ungehalten, «aber Sie haben die Zeitung eben nicht genau gelesen. Die zwei Männer können gar nicht zusammen hingekommen sein, und warum? Weil man nur einen Satz Fußabdrücke gefunden hat, und die stammten von dem Ermordeten.»
    Er sah triumphierend in die Runde.
    «Nur einen Satz Fußabdrücke, so?» fragte der Erster-KlasseFahrgast rasch. «Das klingt interessant. Wissen Sie das genau?»
    «Es steht so in der Zeitung. Nur ein Satz Fußabdrücke, steht da, von nackten Füßen, die man durch sorgfältigen Vergleich dem Ermordeten zuordnen konnte. Sie führten von der Stelle, wo der Wagen gestanden hatte, genau dahin, wo die Leiche lag. Was sagen Sie dazu?»
    «Nun», meinte der Erster-Klasse-Fahrgast, «das sagt einem doch eine ganze Menge, oder? Es zeigt einem den Schauplatz gewissermaßen aus der Vogelperspektive und verrät die Tatzeit, außerdem wirft es ein recht helles Licht auf Charakter und Lebensumstände des Mörders – oder der Mörder.»
    «Wie kommen Sie denn darauf, Sir?» fragte der Ältere.
    «Nun, zunächst – ich war zwar nie da, aber offensichtlich gibt es dort einen Sandstrand, an dem man baden kann.» «Stimmt», sagte der Untersetzte.
    «Außerdem gibt es dort, so vermute ich, in der Nähe einen Felsausläufer, der sich ins Meer hineinzieht, sehr wahrscheinlich mit einer Stelle, von der man bequem ins Wasser springen kann. Der Felsausläufer muß ziemlich weit hinausreichen; jedenfalls kann man dort schon baden, bevor die Flut den Strand erreicht.»
    «Ich weiß nicht, woher Sie das alles wissen, Sir, aber es stimmt. Den Felsausläufer und den Badeplatz gibt es, genau wie Sie sagen, und zwar etwa hundert Meter weiter. Ich bin so manches

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