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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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hinauf.
    Es war eine mondlose Nacht, aber nicht völlig finster, und auf einem einsamen Stück Heide sah er mehrere dunkle Gestalten aus verschiedenen Richtungen näherkommen. Er blieb kurz im Schutz eines großen Baumes stehen und setzte sich die schwarze Samtmaske aufs Gesicht, die von der Stirn bis zum Kinn hinunterreichte. An ihrer Unterseite war mit weißem Faden die Nummer 21 deutlich sichtbar aufgestickt.
    Schließlich tauchte in einer leichten Senke eine jener hübschen Villen auf, die sich ein wenig vereinsamt über die ländliche Umgebung der Heide verteilten. Eines ihrer Fenster war erhellt. Während er auf die Tür zuging, näherten sich andere dunkle Gestalten, maskiert wie er, und umringten ihn. Er zählte sechs.
    Der zuvorderst stehende Mann klopfte an die Tür des einsamen Hauses. Augenblicklich wurde diese einen Spaltbreit geöffnet. Der Mann näherte seinen Kopf der Öffnung. Es wurde etwas geflüstert, dann ging die Tür weit auf. Der Mann trat ein, und die Tür schloß sich wieder.
    Nachdem drei Männer eingelassen worden waren, sah Rogers sich als erster in der Reihe stehen. Er klopfte, dreimal laut und zweimal leise. Die Tür ging wieder einen Spaltbreit auf, und in dem Spalt erschien ein Ohr. «Endspurt», flüsterte Rogers. Das Ohr verschwand, die Tür ging auf, und er trat ein.
    Ohne ein weiteres Begrüßungswort ging Nummer Einundzwanzig weiter in ein kleines Zimmer auf der linken Seite, das büromäßig mit Schreibtisch, Stahlschrank und ein paar Stühlen ausgestattet war. Am Schreibtisch saß ein schwergewichtiger Mann im Abendanzug, vor sich einen Aktenordner. Der Neuankömmling drückte die Tür vorsichtig hinter sich zu; das Federschloß schnappte ein, und er trat an den Tisch und sagte: «Nummer Einundzwanzig, Sir», dann blieb er respektvoll abwartend stehen. Der Schwergewichtige sah auf, und auf seiner Samtmaske war auffallend weiß die Zahl Eins zu sehen. Seine Augen, die von einem eigenartigen harten Blau waren, musterten Rogers eingehend von oben bis unten. Auf ein Zeichen nahm Rogers seine Maske ab. Nachdem der Präsident sich gewissenhaft von seiner Identität überzeugt hatte, sagte er: «Gut, Nummer Einundzwanzig», und trug etwas in seine Akte ein. Seine Stimme war hart und metallisch wie seine Augen. Rogers schien der forschende Blick hinter dieser schwarzen Maske nervös zu machen. Er trat von einem Fuß auf den andern und senkte den Blick. Nummer Eins gab ihm mit einer Geste zu verstehen, daß er entlassen war, und Rogers setzte mit einem leisen Seufzer, der wie Erleichterung klang, seine Maske wieder auf und verließ das Zimmer. An seiner Stelle trat der nächste ein.
    Der Raum, in dem die Gesellschaft ihre Versammlung abhielt, war groß – man hatte die beiden größten Zimmer im ersten Stock zu einem vereinigt. Es war im provinziellen Geschmack des zwanzigsten Jahrhunderts eingerichtet und grell erleuchtet. In einer Ecke plärrte ein Grammophon laute Jazzmusik, zu der an die zehn maskierte Paare tanzten, teils im Abendanzug, teils salopp gekleidet.
    In einer anderen Ecke war eine amerikanische Bar aufgebaut. Rogers ging hin und bestellte bei dem maskierten Mann dahinter einen doppelten Whisky, den er, an die Bar gelehnt, langsam trank. Der Raum füllte sich. Bald darauf ging jemand zum Grammophon und stellte es ab. Er sah sich um. Nummer Eins war an der Tür erschienen. Neben ihm stand eine große Frau in Schwarz. Ihre mit einer weißen Zwei bestickte Maske bedeckte Gesicht und Haare vollständig. Nur ihre elegante Haltung und das Weiß ihrer Arme und ihres Dekolletes sowie die dunklen Augen, die durch die Sehschlitze funkelten, verrieten Persönlichkeit und körperliche Attraktivität.
    «Meine Damen und Herren.» Nummer Eins stand am oberen Ende des Raums. Die Frau saß neben ihm; ihr Blick war niedergeschlagen, so daß man ihm nichts ansah, aber ihre Hände waren um die Armlehnen ihres Stuhls gekrampft, und ihr ganzer Körper schien aufs äußerste angespannt zu sein.
    «Meine Damen und Herren. Zwei Nummern fehlen heute abend in unserm Kreis.» Die Masken bewegten sich; man sah sich um, suchte und zählte. «Ich brauche Ihnen gewiß nichts über den katastrophalen Fehlschlag unseres Unternehmens zur Beschaffung der Pläne für den Court-WindleshamHubschrauber zu sagen. Unsere mutigen und treuen Kameraden, Nummer Fünfzehn und Achtundvierzig, wurden verraten und von der Polizei ergriffen.»
    Ein unruhiges Getuschel ging durch die Versammlung.
    «Dem einen oder

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