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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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bitte benehmen Sie sich ganz natürlich. Dies ist eine Tanzveranstaltung und keine öffentliche Versammlung.»
    Rogers begleitete seine Partnerin zu ihrem Stuhl und besorgte ihr ein Eis. Als er sich über sie beugte, sah er, wie ihr Busen sich schnell hob und senkte.
    «Meine Damen und Herren.» Endlich war die lange Pause vorüber. «Sicher möchten Sie jetzt auf der Stelle von Ihrer Spannung erlöst werden. Ich nenne Ihnen nun die beteiligten Personen. Nummer Siebenunddreißig!»
    Ein Mann sprang mit einem halberstickten Angstschrei auf.
    «Ruhe!»
    Der Elende keuchte und schluckte.
    «Ich habe nie – ich schwöre, ich habe nie – ich bin unschuldig!»
    «Ruhe! Sie haben es an Umsicht fehlen lassen. Dafür werden Sie sich verantworten. Wenn Sie irgend etwas zur Entschuldigung für Ihre Dummheit vorzubringen haben, werde ich es mir später anhören. Setzen Sie sich.»
    Nummer Siebenunddreißig sank auf einen Stuhl. Er schob sein Taschentuch unter die Maske, um sich das Gesicht abzuwischen. Zwei große Männer stellten sich dicht hinter ihn. Die übrigen wichen zurück, wie Menschen vor jemandem zurückweichen, der von einer tödlichen Krankheit befallen ist.
    Das Grammophon begann zu dudeln.
    «Meine Damen und Herren, ich nenne Ihnen jetzt den Verräter. Nummer Einundzwanzig, treten Sie vor.»
    Rogers trat vor. Die konzentrierte Angst und Verachtung aus achtundvierzig Augenpaaren brannte auf ihm. Der geknickte Jukes begann von neuem zu heulen.
    «O mein Gott! O mein Gott!»
    «Ruhe! Nummer Einundzwanzig, nehmen Sie Ihre Maske ab.»
    Der Verräter nahm den dicken Schutz vom Gesicht. Der unverhüllte Haß der auf ihn gerichteten Blicke verschlang ihn.
    «Nummer Siebenunddreißig, dieser Mann wurde von Ihnen unter dem Namen Joseph Rogers hier eingeführt, ehemals zweiter Hausdiener im Hause des Herzogs von Denver und wegen Diebstahls entlassen. Haben Sie irgend etwas unternommen, um diese Angaben zu überprüfen?»
    «Ja, ja – das hab ich! Gott ist mein Zeuge, daß alles ganz reell zugegangen ist. Ich habe ihn von zwei Dienstboten identifizieren lassen. Ich habe Erkundigungen eingezogen. Seine Angaben waren alle richtig – das kann ich beschwören.»
    Der Präsident schaute auf ein vor ihm liegendes Blatt Papier, dann sah er wieder auf die Uhr.
    «Meine Damen und Herren, wählen Sie Ihre Partner …»
    Nummer Einundzwanzig, die Arme auf den Rücken gebunden und die Hände mit Handschellen gefesselt, stand reglos da, während um ihn herum der Tanz des Unheils wogte. Der Beifall am Ende klang wie das Klatschen von Leuten, die mit gierigen Lippen unter der Guillotine saßen.
    «Nummer Einundzwanzig, Ihr Name wurde als Joseph Rogers angegeben, wegen Diebstahls entlassener Diener. Ist das Ihr richtiger Name?»
    «Nein.»
    «Wie heißen Sie wirklich?»
    «Peter Death Bredon Wimsey.»
    «Wir dachten, Sie seien tot.»
    «Natürlich. Das sollten Sie ja auch denken.»
    «Was ist aus dem richtigen Joseph Rogers geworden?»
    «Er ist irgendwo im Ausland gestorben. Ich habe seinen Platz eingenommen. Und ich muß sagen, daß Ihren Leuten eigentlich kein Vorwurf daraus zu machen ist, daß sie nicht erkannt haben, wer ich wirklich war. Ich habe nicht nur Rogers’ Platz eingenommen. Ich war Rogers. Sogar wenn ich allein war, bin ich wie Rogers gegangen, habe wie Rogers gesessen, Rogers’ Bücher gelesen und Rogers’ Kleidung getragen. Am Ende habe ich sogar schon wie Rogers gedacht. Man kann nur dann mit Erfolg jemand anderen spielen, wenn man es keine Sekunde vergißt.»
    «So so. Dann war der Einbruch in Ihrer eigenen Wohnung also arrangiert?»
    «Offensichtlich.»
    «Auch der Diebstahl bei Ihrer Mutter, der Herzoginwitwe, war von Ihnen ausgeheckt?»
    «So ist es. Die Tiara war sowieso sehr häßlich – für einen Menschen mit Geschmack kein wirklicher Verlust. Darf ich übrigens rauchen?»
    «Nein. Meine Damen und Herren …»
    Der Tanz glich den mechanischen Bewegungen von Marionetten. Glieder zuckten, Füße versagten. Der Gefangene beobachtete dies mit einer Miene kritischen Abstands.
    «Nummer Fünfzehn, Zweiundzwanzig und Neunundvierzig – Sie haben den Gefangenen beschattet. Hat er versucht, mit irgend jemandem Verbindung aufzunehmen?»
    «Nein.» Nummer Zweiundzwanzig war der Sprecher. «Seine Post wurde geöffnet, sein Telefon abgehört und jeder seiner Schritte verfolgt. Auch seine Wasserleitung wurde nach Morsesignalen abgehört.»
    «Sind Sie sich dessen, was Sie sagen, sicher?»
    «Vollkommen.»
    «Gefangener,

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