Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
heben.
«Ja.» Ferguson stieß seinen Stuhl zurück und stand auf. Er ging im Zimmer umher, räumte da eine Zeitung, dort ein Buch weg. Hin und wieder ließ er etwas fallen und mußte es wieder aufheben. Er ging zum Bücherregal und suchte ein Buch heraus, dann schenkte er sich ein Glas Whisky-Soda ein. Das trank er langsam aus, während er neben dem Kamin stand.
«Soll ich das Licht ausmachen?» fragte er, nachdem er ausgetrunken hatte.
«Haben Sie damals das Licht ausgemacht?»
«Ja.»
«Dann machen Sie’s aus.»
Ferguson drehte die Öllampe aus. Die Flamme wurde kleiner und verlosch. Der Kamin schimmerte noch ein paar Sekunden rötlich, dann wurde er nach und nach dunkler.
«Soll ich ins Bett gehen?» kam seine Stimme aus der Dunkelheit.
«Sind Sie damals ins Bett gegangen?»
«Ja.»
Fergusons Schritte entfernten sich langsam aus dem Zimmer und gingen die Treppe hinauf.
«Mein Gott», sagte Wimsey leise. «Ich hatte schon meinen Revolver bereit. Horcht!»
Das Brummen eines Autos ertönte den Weg herunter. Es kam näher, wurde lauter. Der Wagen bog durchs Gatter ein. Die Scheinwerfer huschten übers Fenster und vorbei. Wimsey stand auf.
«Hören Sie das, Ferguson?» rief er die Treppe hinauf.
«Ja.»
«Dann gehen Sie zu Bett.»
«Was ist es?»
«Campbells Auto.»
«Können Sie es sehen?»
«Ich schaue nicht hin. Aber ich kenne das Geräusch des Motors.»
Wimsey ging in den Hof hinaus. Der Motor lief noch laut, und der Fahrer schien gewisse Schwierigkeiten zu haben, rückwärts in den Schuppen zu setzen.
«Zum Teufel, was treiben Sie da, Campbell?» schrie Wimsey.
«Passen Sie doch auf, was Sie tun, Sie besoffener Kerl. Gleich fahren Sie mir wieder gegen die Mauer.»
Die Antwort bestand aus einem Ausbruch sehr militärischer Ausdrücke. Wimsey blieb nichts schuldig, und es folgte ein schönes Schimpfduell. Sergeant Dalziel, der sich auf Strümpfen nach oben schlich, fand Ferguson mit Kopf und Schultern aus dem Schlafzimmerfenster hängen.
Die Stimmen der unten streitenden Männer tönten laut herauf. Plötzlich ein Sprung und Füßescharren. Zwei dunkle Körper schwankten vor- und rückwärts. Dann ein Krachen und ein schwerer Fall, gefolgt von einem sehr realistischen Stöhnen.
«War es so, Mr. Ferguson?»
Ferguson fuhr so plötzlich herum, daß er mit dem Kopf laut gegen den Fensterrahmen krachte.
«Mann, haben Sie mich erschreckt!» sagte er. «Nein, nicht im entferntesten. Ich habe nichts dergleichen gehört. Etwas Derartiges ist überhaupt nicht passiert.»
«Nun ja», meinte der Sergeant philosophisch, «dann haben wir uns eben geirrt. Davon abgesehen, Mr. Ferguson, ich sollte Sie bitten, jetzt noch nicht zu Bett zu gehen, weil wir das Zimmer zu Beobachtungszwecken brauchen.»
«Und was soll ich tun?»
«Sie kommen einfach rrrunter und setzen sich zum Staatsanwalt ins Hinterzimmer.»
«Ich weiß zwar nicht, worauf Sie hinauswollen», sagte Ferguson, gab jedoch der Hand des Sergeants auf seinem Arm nach, «aber Sie liegen da völlig schief. Und wenn ich heute nacht nicht zum Schlafen kommen soll, fahre ich wohl besser zum Anwoth Hotel und miete mir da ein Bett.»
«Das wäre keine schlechte Idee, Sir», antwortete der Sergeant, «aber wir müssen Sie bitten, noch bis zwölf Uhr hierzubleiben. Ich laufe mal eben zum Hotel und sag, daß man Sie dorrrt erwärmen soll.»
«Och, das kann ich selbst machen, Sergeant.»
«Ich will Ihnen doch keine Arrrbeit machen, Sir», erwiderte Dalziel höflich. Er hatte die Taschenlampe angeknipst, um ihnen den Weg die Treppe hinunterzuleuchten, und nun führte er sein Opfer ins Atelier, wo der Staatsanwalt wieder friedlich bei Kerzenschein im Blackwood blätterte.
«Setzen Sie sich, Sir», meinte er freundlich, «Ich bin gleich wieder da. Ah, da kommt ja auch Inspektor MacPherson mit dem Beobachterwagen. Der kann Ihnen Gesellschaft leisten.»
Sekunden später trat der Inspektor ein.
«Wie ist es gegangen?» fragte der Sergeant begierig.
«Seine Lordschaft bemüht sich sehr um die Leiche», antwortete der Inspektor grinsend. «Er versucht sie mit Whisky wiederzubeleben.»
«Bleiben Sie mal einen Moment hier, Inspektor, während ich schnell zum Anwoth rrrüberlaufe und ein Zimmer für Mr. Ferguson bestelle?»
MacPherson blickte von der gebrechlichen Gestalt des Staatsanwalts zu Ferguson, der mit feuchten Händen auf seinem Taschentuch herumknetete. Dann nickte er. Der Sergeant ging hinaus. Dann trat eine lange Stille ein.
Sergeant
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