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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Zeit irren. Er hat eine Heidenangst, und das kann ich ihm nicht verdenken. Aber daß er die Zeit nicht weiß, läßt ihn so sicher als Mörder ausscheiden, als wenn er für zwei Uhr ein wirklich gußeisernes Alibi hätte.«
    »Noch viel sicherer, mein Lieber. Immer wenn mir jemand mit einem gußeisernen Alibi begegnet, fange ich an, ihn zu verdächtigen. Obwohl Weldons Alibi für zwei Uhr auch so gut wie gußeisern ist. Aber erst wenn jemand daherkommt und Stein und Bein schwört, daß er Weldon um Punkt zwei Uhr bei völlig harmlosem Tun gesehen hat, werde ich allen Ernstes anfangen, eine Krawatte aus Hanf für ihn zu flechten. Es sei denn –«
    »Nun?«
    »Ich wollte sagen, es sei denn, der Mord wurde zwischen Weldon und einem Dritten verabredet, und dieser Dritte hat ihn eigentlich begangen. Das heißt – nehmen wir einmal an, daß Weldon und unser Freund Bright unter einer Decke steckten und Bright für die eigentliche Schmutzarbeit ausersehen war, und zwar für, sagen wir elf Uhr, während Weldon sich für die Zeit ein Alibi verschaffte, und nehmen wir ferner an, daß dabei etwas schiefgelaufen ist, so daß der Mord erst um zwei Uhr stattfand, und nehmen wir zudem an, Weldon wußte das nicht und hielt sich nach wie vor an den ursprünglichen Zeitplan – wie wäre das?«
    »Da stecken aber viele Annahmen drin. Bright – oder wer auch immer sonst – hätte sehr viel Zeit gehabt, mit Weldon Kontakt aufzunehmen. Er wäre doch nicht so dumm, ihn nicht davon in Kenntnis zu setzen.«
    »Stimmt. Ich bin mit dieser Annahme selbst nicht zufrieden. Es scheint mir nicht zu Bright zu passen.«
    »Außerdem hat Bright wirklich ein gußeisernes Alibi für zwei Uhr.«
    »Ich weiß. Darum ist er mir ja so verdächtig. Ich will auch nur sagen, daß Bright ein freier Mensch ist. Selbst wenn es ihm zu gefährlich erschienen wäre, sich mit Weldon zu treffen, hätte er ihm jederzeit schreiben oder ihn anrufen können, und Weldon hätte das umgekehrt auch gekonnt. Sie haben nicht zufällig einen im Knast sitzen, der da ins Bild passen könnte? Oder einen plötzlichen Todesfall? Das einzige, was ich mir noch vorstellen kann, wäre, daß der Komplize sich irgendwo befand, von wo er sich mit nichts und niemandem mehr in Verbindung setzen konnte – im Kittchen, oder in einer länglichen Kiste mit Messinggriffen.«
    »Oder wie wär’s mit einem Krankenhaus?«
    »Sie sagen es – oder im Krankenhaus.«
    »Das ist eine Idee«, sagte Glaisher. »Darum werden wir uns gleich einmal kümmern, Mylord.«
    »Schaden kann es nicht – aber viel Hoffnung habe ich auch nicht. Mir scheint mein Glaube abhanden gekommen zu sein, wie die Frommen sagen würden. Aber dem Himmel sei Dank, es ist fast Essenszeit, und essen kann man immer. Hallo, hallo – was ist denn das für ein Aufruhr?«
    Polizeidirektor Glaisher sah aus dem Fenster. Man hörte das Trappeln näherkommender Füße.
    »Sie tragen etwas in die Leichenhalle. Ob sie am Ende –«
    Die Tür flog auf, und hereingeplatzt kam, verschwitzt und triumphierend, Inspektor Umpelty.
    »Verzeihung, Sir«, sagte er. »Guten Abend, Mylord. Wir haben die Leiche!«

21
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Das Zeugnis bei der Untersuchung
    Auf das Wort: ›Ich ward ermordt‹, Wälzen die Wächter der Toten den Grabstein zurück, Zerteilen das tiefe Meer und offnen den Berg, Um die Begrab’nen passieren zu lassen.
DEATH’S JEST-BOOK

    FREITAG, 26. JUNI
    Die gerichtliche Voruntersuchung zum Tode von Paul Alexis, von Inspektor Umpelty mit unverhohlener Erleichterung und Genugtuung begrüßt, fand am 26. Juni statt. Jahrelang (so kam es ihm vor) hatte er seine Ermittlungen ohne etwas Greifbares in den Händen geführt. Wenn Harriets Fotos nicht gewesen wären, hätte er in dunkleren Augenblicken wohl schon die ganze Leiche für einen Mythos gehalten. Aber nun war sie unbestreitbar da: eine echte, handfeste (oder einigermaßen handfeste) Leiche. Gewiß, sie war lange nicht so aufschlußreich, wie er gehofft hatte. Sie trug kein Schild um den Hals mit der Aufschrift: »Selbstmörder – Nicht stürzen«, oder »Diesjähriges Mordmodell, Entwurf von Bright«. Aber immerhin war sie da, und das war auch schon etwas. Um Lord Peter zu zitieren (der sich auf gereimte Eselsbrücken zu spezialisieren schien), hätte er jetzt sagen können:
    Umpelty, der listenreiche, Hatt’ weder Corpus delicti noch Leiche. Jetzt ist die Sache erst recht verzwickt. Die Leiche ist da, doch kein Corpus delicti.
    Es wurde des längeren darüber diskutiert, ob man

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