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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Briefe sind zu lange unterwegs. Es war daher eine angenehme Überraschung, daß die Suche nach dem Besitzer des Wagens mit der Nummer OI 0101 wie geschmiert lief. Binnen einer Stunde kam ein Telegramm, in dem es hieß, daß der Wagen zuletzt auf eine Mrs. Morecambe eingetragen worden war, wohnhaft in Kensington, Popcorn Street 17. Zehn Minuten später hatte die Fernvermittlung ein Gespräch durch. Fünfzehn Minuten später klingelte das Telefon, und Polizeidirektor Glaisher erfuhr von Mrs. Morecambes Hausmädchen, daß die gnädige Frau sich im Pfarrhaus von Heathbury aufhalte. Ein Anruf im Pfarrhaus wurde prompt entgegengenommen. Ja, Mrs. Morecambe sei dort zu Besuch; ja sie sei zu Hause; ja, man könne sie holen; ja, hier Mrs. Morecambe; ja, sie erinnere sich genau, vorigen Donnerstag einen Herrn mit dunkler Brille von Darley nach Wilvercombe und zurück mitgenommen zu haben; ja, sie könne sich auch an die Zeiten erinnern; ausgehend vom Zeitpunkt ihres Aufbruchs von Heathbury, müsse sie ihn gegen zehn Uhr aufgelesen haben, und sie wisse, daß sie ihn um eins wieder in Darley abgesetzt habe, da sie auf die Uhr geschaut habe, um zu sehen, ob sie noch rechtzeitig zum Essen und Tennis bei Oberst Cranton hinter Heathbury komme. Nein, sie habe den Herrn noch nie zuvor gesehen und kenne seinen Namen nicht, aber sie glaube ihn nötigenfalls wiederzuerkennen. Aber bitte, keine Ursache – sie sei ja schon froh, daß die Polizei nichts von ihr wolle (silberhelles Lachen); als man ihr gesagt habe, die Polizei sei am Apparat, habe sie schon gefürchtet, daß sie womöglich zu schnell gefahren sei oder falsch geparkt habe oder dergleichen. Sie bleibe noch bis nächsten Montag im Pfarrhaus und wolle der Polizei nur zu gern helfen. Hoffentlich habe sie keinem Verbrecher zur Flucht verholfen oder so etwas.
    Der Polizeidirektor kratzte sich am Kopf. »Das geht fast nicht mit rechten Dingen zu«, sagte er. »Da stehen wir nun und wissen über alles Bescheid – nicht einmal eine falsche Nummer dabei! Jedenfalls, wenn die Dame mit Pfarrer Trevor befreundet ist, können wir uns auf sie verlassen. Er wohnt dort seit fünfzehn Jahren und ist der netteste Mensch, den man sich wünschen kann – ganz von der alten Schule. Wir wollen nur noch feststellen, wie gut er Mrs. Morecambe kennt, aber ich nehme an, das ist so in Ordnung. Ob eine Gegenüberstellung uns etwas bringen würde, weiß ich nicht recht.«
    »Man kann wahrscheinlich nicht erwarten, daß sie ihn ohne dunkle Haare und Brille wiedererkennt«, sagte Wimsey. »Es ist erstaunlich, wie sehr es einen verändert, wenn man seine Augen versteckt. Sie könnten ihn natürlich die Brille aufsetzen lassen, oder Sie könnten die Dame herbringen und sie von ihm identifizieren lassen. Ich will Ihnen was sagen. Rufen Sie noch einmal an und fragen Sie, ob sie gleich herkommen kann. Ich greife mir Weldon und setze mich mit ihm auf die Veranda vor dem Resplendent, und Sie kommen dort zufällig vorbei. Wenn er sie erkennt, ist alles in Ordnung. Wenn sie aber ihn erkennt, sieht die Sache anders aus.«
    »Verstehe«, sagte Glaisher. »Keine schlechte Idee. Das machen wir.« Er rief noch einmal das Pfarrhaus in Heathbury an.
    »Geht in Ordnung. Sie kommt.«
    »Gut. Dann trolle ich mich und versuche Weldon von Mama loszueisen. Wenn sie bei dem Gespräch zugegen wäre, säße der gute Henry böse in der Tinte. Wenn ich ihn also nicht beiseite bekomme, rufe ich Sie an.«
    Henry Weldon war im Hotelsalon, wo er mit seiner Mutter Tee trank, leicht zu finden; er erhob sich sofort, als Wimsey hinging und ihm um ein Wort unter vier Augen bat. Sie suchten sich einen Tisch etwa in der Mitte der Veranda aus, und Weldon bestellte etwas zu trinken, während Wimsey sich in einer weitschweifigen Wiedergabe seines vormittäglichen Gesprächs mit der Polizei erging. Er verweilte ausgiebig bei seinen Bemühungen, Glaisher zu überreden, die Geschichte nicht an Mrs. Weldons Ohren gelangen zu lassen, und Henry bedankte sich in angemessener Form.
    Bald darauf tauchte eine stämmige Gestalt auf, die ganz nach einem Polizeikonstabler in Zivil aussah und eine jung-alte supermodern gekleidete Frau bei sich hatte. Sie gingen langsam an der gut besetzten Veranda vorbei und strebten einem leeren Tisch am anderen Ende zu. Wimsey sah den Blick der Frau über die Versammlung schweifen; der Blick blieb kurz auf ihm ruhen, wanderte dann weiter zu Weldon und von dort ohne ein Zaudern oder irgendein Zeichen des Erkennens weiter zu

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