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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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abtreten.
    Der nächste Zeuge war Dr. Fenchurch, der Polizeiarzt. Nach genauem Studium der Fotos und der Leiche war er zu dem Schluß gekommen, daß die Kehle des Toten mit einem scharfkantigen Gegenstand in einem einzigen Schnitt durchtrennt worden war. Die Hummer und Krebse hatten die Weichteile zum größten Teil abgefressen, aber die Fotos waren von sehr großem Wert, da sie zeigten, daß die Kehle beim ersten Versuch glatt durchgeschnitten worden war, ohne vorherige oberflächliche Verletzungen. Dies wurde durch den Zustand des Muskelgewebes bestätigt, das keine Spuren eines zweiten Schnittes aufwies. Alle größeren Gefäße und Halsmuskeln, einschließlich der Halsschlagader und Drosselader und der Stimmritze, waren glatt durchgeschnitten. Die Wunde begann hoch oben unter dem linken Ohr und verlief dann schräg abwärts zur rechten Halsseite. Der Einschnitt reichte bis zu den Halswirbeln, die indessen nicht verletzt worden waren. Er schloß daraus, daß der Schnitt von links nach rechts geführt worden war; dies sei typisch für rechtshändige Selbstmörder, die sich die Kehle durchschnitten. Das gleiche Erscheinungsbild ergäbe sich natürlich auch bei Mord, wenn der Mörder bei der Tat hinter seinem Opfer stehe.
    »Eine solche Wunde würde natürlich sofort eine starke Blutung hervorrufen?«
    »Ja.«
    »Falls ein Mörder in der von Ihnen beschriebenen Position gestanden hätte, wären seine Hände und Kleider dann auf jeden Fall stark mit Blut bespritzt worden?«
    »Die rechte Hand und der rechte Arm wahrscheinlich. Seine Kleider müßten nicht unbedingt etwas abbekommen haben, da sie durch den Körper des Opfers geschützt gewesen wären.«
    »Haben Sie den Toten obduziert, um sich zu vergewissern, daß nicht noch eine andere mögliche Todesursache vorlag?«
    Der Arzt antwortete mit sanftem Lächeln, daß er nach der üblichen Verfahrensweise Kopf und Körper geöffnet, aber nichts Verdächtiges entdeckt habe.
    »Was war Ihrer Ansicht nach die Todesursache?«
    Dr. Fenchurch antwortete, immer noch sanft lächelnd, seiner Ansicht nach sei die Todesursache akutes Verbluten in Verbindung mit einer Unterbrechung der Atemwege. Mit einem Wort, der Mann sei an einer durchschnittenen Kehle gestorben.
    Der Untersuchungsrichter, der als Jurist nicht gewillt zu sein schien, dem Mediziner etwas durchgehen zu lassen, blieb hartnäckig.
    »Ich versuche hier keine absurden Haarspaltereien zu betreiben«, bemerkte er bissig. »Ich frage Sie, ob wir davon ausgehen müssen, daß der Tod tatsächlich durch die Halswunde verursacht wurde, oder ob die Möglichkeit besteht, daß der Mann auf eine andere Art umgebracht und ihm erst dann die Kehle durchgeschnitten wurde, um den Eindruck eines Selbstmordes zu erwecken.«
    »Aha. Nun, dazu kann ich nur sagen, daß die durchschnittene Kehle unzweifelhaft die unmittelbare Todesursache war. Das heißt, der Mann war zweifelsohne noch am Leben, als ihm die Kehle durchgeschnitten wurde. Die Leiche war vollkommen ausgeblutet. Ich habe überhaupt noch nie eine Leiche gesehen, die so völlig blutleer war. Um das Herz herum befand sich etwas geronnenes Blut, aber erstaunlich wenig. Allerdings ist das bei einer Wunde dieser Größe auch kaum anders zu erwarten. Wenn der Mann bereits tot gewesen wäre, als seine Kehle durchgeschnitten wurde, hätte die Leiche natürlich nur wenig oder gar nicht mehr geblutet.«
    »Eben. Das wollten wir klargestellt haben. Sie sagten, die durchschnittene Kehle war die unmittelbare Todesursache. Was haben Sie damit, präzise ausgedrückt, gemeint?«
    »Ich wollte damit jede noch so entfernte Möglichkeit ausschließen, daß der Verstorbene außerdem Gift genommen haben könnte. Es ist nicht ungewöhnlich, daß Selbstmörder auf diese Weise sicherzugehen versuchen. Aber die inneren Organe wiesen keine Anzeichen für etwas derartiges auf. Wenn Sie es wünschen, kann ich den Inhalt der Eingeweide analysieren lassen.«
    »Danke; das wäre vielleicht ganz gut. Ich nehme aber an, es wäre ebensogut möglich, daß ein Dritter dem Verstorbenen vor dem Schlag oder Schnitt, der den Tod herbeiführte, ein Betäubungsmittel verabreicht haben könnte?«
    »Gewiß. Jemand könnte ihm zum Beispiel ein Schlafmittel verabreicht haben, um den Mordanschlag zu erleichtern.«
    Hier erhob sich Inspektor Umpelty und bat, die Aufmerksamkeit des Untersuchungsrichters auf Harriet Vanes Aussage und die Fotos richten zu dürfen, nach denen der Verstorbene auf eigenen Füßen und allein zum

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