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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Kind hätte sich bei seinen ach so wichtigen Nachforschungen schlauer angestellt. Warum ist er zweimal nach Wilvercombe gefahren und zweimal so gut wie unverrichteter Dinge wieder zurückgekommen? Drittens: Seine Schilderung ist zu glatt und geradezu gespickt mit genauen Uhrzeiten. Wozu das, wenn nicht zu dem ausdrücklichen Zweck, sich ein Alibi zu verschaffen? Viertens: Genau im entscheidenden Augenblick, so hören wir, wurde er von einem Unbekannten nach der Uhrzeit gefragt. Warum in aller Welt soll jemand, der gerade durch ein Dorf voller Menschen und Uhren gekommen ist, den Hinks’s Lane hinuntergehen und einen zufällig dort kampierenden Fremden nach der Uhrzeit fragen? Der Mann, der nach der Uhrzeit fragt, gehört zum festen Inventar eines jeden Alibikonstrukteurs. Das Ganze ist mir zu durchdacht und somit anrüchig – meinen Sie nicht?«
    Glaisher nickte.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Anrüchig ist das schon. Aber was hat es zu bedeuten?«
    »Da sehen Sie mich ratlos. Ich kann nur vermuten, daß Weldon an diesem Morgen etwas anderes in Wilvercombe wollte, als er uns erzählt, und daß er vielleicht mit dem wirklichen Mörder unter einer Decke steckt. Was ist mit diesem Wagen mit der Nummer OI 0101?«
    »Die Nummer bringt uns sicher nicht weit. Wir werden uns natürlich trotzdem erkundigen. Irgendwie werden wir den Wagen schon finden, aber das wird uns die Frage, was Weldon an diesem Tag später gemacht hat, auch nicht beantworten.«
    »Sicher nicht, aber es kann andererseits nicht schaden, sich mit der Dame in Verbindung zu setzen. Und haben Sie sich im Wintergarten schon nach dem Programm vom vorigen Donnerstagmorgen erkundigt?«
    »Ja. Konstabler Ormond ist gerade dort – ah, da ist er ja schon!«
    Konstabler Ormond hatte sich genauestens erkundigt. Es war ein klassisches Konzert gewesen und hatte um halb elf mit der Kleinen Nachtmusik von Mozart begonnen, gefolgt von zwei Liedern ohne Worte von Mendelssohn, Bachs Air in G-Dur für Streicher, einer Suite von Händel, Pause, und dann Beethovens Eroica. Alles korrekt angegeben, Bach und Beethoven sogar ungefähr zu den richtigen Zeiten. Ein gedrucktes Programm, das jemand hätte mitnehmen oder auswendig lernen können, gab es nicht. Außerdem hatte man die Eroica im letzten Moment anstelle der Pastorale gespielt, weil es eine Panne mit verlegten Noten gegeben hatte. Jedes Musikstück hatte der Dirigent vom Podium herunter angesagt. Wenn man überhaupt noch den Verdacht hegte, daß Mr. Henry Weldon vielleicht doch nicht im Konzert war, dann höchstens aus Verwunderung darüber, daß er sich die Mühe gemacht und sich die gehörten Stücke so genau gemerkt hatte. Eine positive Bestätigung für seine Darstellung gab es nicht, obwohl Konstabler Ormond das Personal eingehend befragt hatte. Leute mit getönten Brillengläsern – ach Gott! Die waren im Wintergarten so normal wie Asseln im Keller.
    Zusätzlich bestätigt wurde Weldons Geschichte wenige Minuten später durch den Bericht eines zweiten Konstablers. Er hatte Mrs. Lefranc vernommen und von ihr erfahren, daß ein Herr mit dunkler Brille sich tatsächlich am Mittwoch nach Paul Alexis erkundigt und dann etwas über Leila Garland zu erfahren versucht hatte. Mrs. Lefranc hatte »Unrat gewittert« und ihn mit einer gehörigen Abfuhr in das Restaurant geschickt, wo Alexis häufig aß. Hier erinnerte sich der Besitzer an ihn; ja, er glaube, es sei mit einem Herrn aus dem Orchester, der zufällig auch da war, vom Wintergarten gesprochen worden – nein, es war nicht Mr. da Soto, sondern ein viel kleineres Licht, einer, der am vierten Pult bei den zweiten Violinen spielte. Schließlich wurde bei einer Rundfrage in allen größeren Reparaturwerkstätten von Wilvercombe ein Mechaniker gefunden, der sich erinnerte, daß am Mittwochabend ein Herr mit einem Morgan gekommen war und über Startschwierigkeiten und schlechte Zündung geklagt hatte. Der Mechaniker hatte außer einem gewissen Verschleiß an den Zündkontakten, der auf häufige Kaltstarts zurückzuführen sein konnte, keinen Fehler entdecken können.
    Das alles war im Hinblick auf das eigentliche Verbrechen, falls es dieses gab, von geringer Bedeutung; es diente jedoch dazu, Weldons Aussage im großen und ganzen zu bestätigen.
    Zu den kleinen Ärgernissen im Leben des Kriminalisten gehört der Zeitverlust, der mit Rückfragen meist verbunden ist: Ferngespräche kommen nicht durch; Leute, die man dringend etwas fragen muß, sind gerade nicht zu Hause;

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