Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
geschieden – es lief alles auf das gleiche hinaus. Sie schüttelte sich, und plötzlich hatte sie genug von diesem Salon und dem Tanzparkett. Sie trank ihren Kaffee aus und zog sich in den kleinen Salon zurück, wo drei vollschlanke Frauen in ein endloses Gespräch über Krankheiten, Kinder und Dienstboten vertieft waren. »Die arme Muriel – seit der Geburt ihres letzten Kindes ein regelrechter Krüppel … Ich bin sehr deutlich geworden. Ich habe ihr gesagt: ›Daß Sie es nur ja wissen, wenn Sie gehen, bevor der Monat um ist, ziehe ich Ihnen das am Lohn ab!‹ … Zwölf Pfund die Woche, und das Arzthonorar noch einmal hundert Pfund … Hübsche Jungs, alle beide, aber Ronnie ist in Eton und Wilfred in Oxford … Das dürften die doch nicht zulassen, daß die Jungen soviel ausgeben … meine Güte, um Pfunde leichter, ich hab sie kaum noch wiedererkannt, aber ich hätte keine Lust … Irgend so eine Kur mit Bestrahlung, einfach wunderbar … und denken Sie nur an diese Preise und die Steuern und die schreckliche Arbeitslosigkeit … Gegen nervöse Verdauungsstörungen ist man machtlos, und die können einem ganz schön zusetzen … Läßt mich Knall und Fall sitzen, mit dem Haus voller Leute, diese Dienstmädchen heutzutage sind ja so was von undankbar.«
    »Und das«, dachte Harriet, »sind dann wohl die Glücklichen. Ach, was soll’s! Wie ist das nun mit dieser Rathausuhr?«

4
----
Das Zeugnis des Rasiermessers
    Wohlan, du bist ein nützlich Werkzeug mir zuweilen,
Flink ist dein Zahn, und wo du ein Geheimnis
Aus dem Herzen nagst, Sagst du’s nicht weiter.
DEATH’S JEST-BOOK

    FREITAG, 19. JUNI
    Trotz ihres grausigen Erlebnisses, das jeder achtbaren Frau den Schlaf von den Augenlidern verscheucht hätte, schlief Harriet in ihrem Zimmer im ersten Stock (mit Bad, Balkon und Blick auf die Promenade) sehr gut und kam am Morgen mit herzhaftem Appetit zum Frühstück herunter.
    Sie besorgte sich einen Morning Star und studierte gerade ihr eigenes Interview (mit Archivfoto) auf der Titelseite, als eine bekannte Stimme sie ansprach:
    »Guten Morgen, Sherlock. Wo ist der Morgenmantel? Wie viele Shagpfeifen haben Sie schon konsumiert? Die Spritze liegt auf dem Toilettentisch.«
    »Wie um alles in der Welt kommen Sie hierher?« wollte Harriet wissen.
    »Mit dem Auto«, antwortete Lord Peter lakonisch. »Hat man die Leiche schon geborgen?«
    »Wer hat Ihnen von der Leiche erzählt?«
    »Ich habe sie von weitem gerochen. Wo das Aas ist, sammeln sich die Geier. Darf ich Ihnen bei den Eiern mit Speck Gesellschaft leisten?«
    »Ich bitte darum«, sagte Harriet. »Wo kommen Sie her?«
    »Aus London – wie der Vogel, der den Ruf seiner Gefährtin vernimmt.«
    »Ich habe Sie nicht –«, begann Harriet.
    »Ich meine auch nicht Sie. Ich meine die Leiche. Trotzdem, wenn wir schon beim Thema sind – wollen Sie mich heiraten?«
    »Natürlich nicht.«
    »Ich hab’s mir ja schon gedacht, aber ich fand, fragen könnte ich trotzdem mal wieder. Also wie war das noch – hat man die Leiche geborgen?«
    »Meines Wissens nicht.«
    »Ich glaube auch nicht, daß man sie so bald finden wird. Da draußen weht ein kräftiger Südwest. Sehr ärgerlich für alle Beteiligten. Ohne Leiche keine Voruntersuchung, das ist Gesetz. Habeas corpus – die Leiche muß her.«
    »Jetzt mal im Ernst«, begehrte Harriet auf, »woher wissen Sie von der Sache?«
    »Salcombe Hardy vom Morning Star hat mich angerufen und gemeint, ›meine Miss Vane‹ habe eine Leiche gefunden und ob ich etwas darüber wisse. Ich habe gesagt, ich wisse nichts davon, und Miss Vane sei bedauerlicherweise nicht die meine – noch nicht. Dann bin ich losgebraust, und hier bin ich. Sally Hardy habe ich gleich mitgebracht. Deswegen hat er mich vermutlich auch angerufen. Sally ist ein alter Schlauberger. Immer da, wo was los ist.«
    »Dann hat er Ihnen wohl auch gesagt, wo Sie mich finden.«
    »Ja – er wußte anscheinend genauestens Bescheid. Ziemlich kränkend für mich. Stellen Sie sich vor – ich mußte den Morning Star fragen, wo der Polarstern meines eigenen Firmaments abgeblieben ist. Hardy wußte aber offenbar genau Bescheid. Wie kommen solche Sachen nur in die Zeitung?«
    »Ich habe selbst dort angerufen«, antwortete Harriet. »Sie wissen doch – erstklassige Reklame und so.«
    »Richtig«, meinte Wimsey, indem er sich großzügig von der Butter bediente. »Sie haben also gleich angerufen und denen alle blutrünstigen Einzelheiten erzählt?«
    »Natürlich; das war das

Weitere Kostenlose Bücher