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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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überzeugt.
    »Was gefällt Ihnen daran nicht?«
    »Zweierlei. Erstens die Handschuhe. Warum sollte einer Handschuhe anziehen, um sich die Kehle durchzuschneiden?«
    »Ich weiß, das hat mich auch gestört. Vielleicht hatte er irgendeine Hautkrankheit und trug gewohnheitsmäßig Handschuhe. Ich hätte mir die Hände ansehen sollen. Eigentlich wollte ich ihm auch schon die Handschuhe ausziehen, aber sie waren so – eklig.«
    »Hm – tja. Ich sehe, Sie haben sich noch ein paar weibliche Schwächen bewahrt. Das zweite, was mich stört, ist die Waffe. Was tut einer, der einen Bart trägt, mit einem Rasiermesser?«
    »Er hat es sich vielleicht eigens dafür gekauft.«
    »Ja – warum eigentlich nicht. Meine liebe Harriet, ich glaube, Sie haben recht. Der Mann hat sich selbst die Kehle durchgeschnitten, der Fall ist klar. Ich bin bitter enttäuscht.«
    »Es mag ja enttäuschend sein, aber da kann man nichts machen. Hallo! Da kommt mein Freund, der Inspektor.«
    Es war in der Tat Inspektor Umpelty, der sich zwischen den Tischen hindurch den Weg zu ihnen bahnte. Er war in Zivil – eine große, gemütlich aussehende, in Tweed gekleidete Gestalt. Er begrüßte Harriet freundlich.
    »Ich dachte, Sie würden wissen wollen, was aus Ihren Fotos geworden ist, Miss Vane. Und wir haben den Toten identifiziert.«
    »Was? Wirklich? Gute Arbeit. Das ist Inspektor Umpelty – Lord Peter Wimsey.«
    Der Inspektor schien hocherfreut.
    »Sie haben sich aber beeilt, Mylord. Ich glaube allerdings nicht, daß Sie den Fall besonders rätselhaft finden werden. Ein ganz gewöhnlicher Selbstmord, würde ich meinen.«
    »Wir sind soeben mit Bedauern zu demselben Schluß gekommen«, gestand Wimsey.
    »Ich weiß nur nicht, warum er das getan haben soll. Aber bei diesen Ausländern kennt man sich ja nie aus, oder?«
    »Ich fand auch, daß er etwas Fremdländisches an sich hatte«, sagte Harriet.
    »Ja. Russe oder so was Ähnliches. Sein Name ist Paul Alexis Goldschmidt; bekannt als Paul Alexis. Übrigens kommt er hier aus diesem Hotel. Einer von diesen bezahlten Tanzpartnern hier im Salon – Sie kennen ja den Typ. Viel scheint man hier nicht über ihn zu wissen. Ist vor einem Jahr hier aufgekreuzt und hat nach Arbeit gefragt. Schien ein guter Tänzer zu sein, und sie hatten gerade einen Platz frei, da haben sie ihn genommen. Alter etwa zweiundzwanzig Jahre. Ledig. Wohnte möbliert. Nichts Nachteiliges über ihn bekannt.«
    »Sind seine Papiere in Ordnung?«
    »Naturalisierter Brite. Soll während der Revolution aus Rußland geflohen sein. Da muß er noch ein kleiner Junge von vielleicht neun Jahren gewesen sein, aber wir wissen noch nicht, wer sich die ganze Zeit um ihn gekümmert hat. Als er hierherkam, war er allein, und seine Wirtin scheint nie gewußt zu haben, ob es irgendwelche Angehörigen gab. Aber das werden wir bald heraushaben, wenn wir uns erst seine Sachen vornehmen.«
    »Er hat keinen Brief oder dergleichen für den Untersuchungsrichter hinterlassen?«
    »Bisher haben wir nichts in der Art gefunden. Und apropos Untersuchungsrichter, das ist noch ein bißchen unangenehm. Ich weiß nicht, wie lange es noch dauern wird, bis wir Sie brauchen werden, Miss. Wir können nämlich die Leiche nicht finden.«
    »Wollen Sie etwa sagen«, warf Wimsey ein, »daß der Doktor mit dem bösen Blick und der geheimnisvolle Chinese die Leiche schon in das einsame Haus im Moor geschafft haben?«
    »Ich sehe, Sie nehmen es von der spaßigen Seite, Mylord. Nein – es ist ein bißchen einfacher. Sehen Sie, die Strömung zieht dort um die Bucht herum nach Norden, und bei dem augenblicklich herrschenden Südwestwind ist die Leiche vom Bügeleisen weggespült worden. Entweder kommt sie irgendwo am Sandy Point an Land, oder sie ist hinausgetrieben worden und irgendwo an den Mahlzähnen hängengeblieben. Wenn sie dort ist, müssen wir warten, bis der Wind sich legt. Bei dem jetzigen Seegang kommt man da nicht mit einem Boot heran und kann auch von den Felsen aus nicht tauchen – selbst wenn man schon wüßte, wo man tauchen muß. Das ist ärgerlich, aber es läßt sich nicht ändern.«
    »Hm«, machte Wimsey. »War doch ganz gut, daß Sie diese Fotos gemacht haben, Sherlock, sonst hätten wir nicht einmal einen Beweis dafür, daß da überhaupt eine Leiche war.«
    »Trotzdem, der Untersuchungsrichter kann keine Leichenschau anhand eines Fotos machen«, sagte der Inspektor düster. »Aber da es sowieso nach einem gewöhnlichen Selbstmord aussieht, spielt das

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