Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
einen Augenblick Mr. Bredons Gehirn entsprungen, als Mr. Armstrong das Wort «familienfreundlich» fallenließ. Da geschah nichts weiter, als daß sich in seinem Geiste eine Verbindung zu «Familienhotel» knüpfte und er irgendwo tief drinnen eine Erleuchtung in sich aufglimmen fühlte. Er antwortete bescheiden: «Ja, Sir, ich werde versuchen, mir etwas einfallen zu lassen», sammelte ein paar Blatt Papier ein, auf die Mr. Armstrong ein paar unleserliche Notizen hingeschmiert und etwas dazugemalt hatte, das aussah wie ein Igel, und entfernte sich. Er hatte auf dem Flur gerade sechs Schritte hinter sich, als die idiotische Schlagzeile von ihm Besitz ergriff: «Wenn Sie sich das wünschen, können Sie dafür whiffeln.» Zwei Schritte weiter hatte dieser häßliche Satz sich schon umformuliert in: «Whiffeln Sie sich ans Ziel Ihrer Wünsche», und auf der Schwelle zu seinem Zimmer traf ihn die erste praktische Anwendungsmöglichkeit des Whiffeltums wie ein Vorschlaghammer. Ganz Feuer und Flamme, stürzte er an seinen Schreibtisch, schnappte sich einen Block und hatte soeben das Wort «whiffeln» in zweieinhalb Zentimeter hohen Großbuchstaben daraufgeschrieben, als Miss Rossiter mit der Mitteilung hereinkam, daß Mr. Parker dringend von Mr. Bredon unter seiner Nummer in Whitehall angerufen zu werden wünsche. Lord Peter Wimsey steckte so fest in der Haut des Mr. Death Bredon, daß er ein lautes, von Herzen kommendes «Verdammt!» ausstieß.
Dennoch gehorchte er der Aufforderung, nahm sich unter dem Vorwand einer dringenden Privatangelegenheit frei und fuhr zu Scotland Yard, wo er die Kleidungsstücke und Habseligkeiten des befrackten Herrn in Augenschein nahm.
«Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben», sagte Parker, «als mit den Wäschezeichen hausieren zu gehen. Vielleicht sollten wir auch ein Foto davon in einigen Londoner und anderen Zeitungen veröffentlichen. Ich hasse Zeitungen, aber zum Inserieren sind sie zu gebrauchen, und das eine oder andere von diesen Wäschezeichen könnte von außerhalb Londons stammen …»
Wimsey sah ihn an.
«Inserate, mein lieber Charles, mögen für Wäschereien empfehlenswert sein, aber für unsereinen existieren sie nicht. Ein Herr, der einen so gut geschneiderten Anzug trägt und dennoch seinem Schneider nicht den Ruhm dafür gönnt, gehört, wie wir, nicht zur inserierenden Spezies. Das da ist sein Zylinder, wie ich sehe, und wie durch ein Wunder unbeschädigt.»
«Er war vor dem Zug aufs Nachbargleis gerollt.»
«Eben. Und auch hier wieder wurde das goldene Etikett des Hutmachers entfernt. Wie widersinnig, Charles! Man sieht doch nicht – oder du und ich und dieser Herr zumindest tun das nicht – die Marke als Bürgen für die Qualität an. Für unsereinen bürgt die Qualität für die Marke. Es gibt nur zwei Hutmacher in London, die diesen Hut hätten machen können, und du wirst zweifellos schon bemerkt haben, daß der Zylinder ausgesprochen länglich und auch die Wölbung der Krempe charakteristisch ist. Er ist eine Idee hinter der jetzigen Mode, wurde aber zweifellos erst kürzlich angefertigt. Schick mal zu jedem dieser beiden Hutmacher einen deiner Spürhunde und laß sie nach dem Kunden mit dem länglichen Kopf fragen, der eine Vorliebe für diese Krempenform hat. Verschwende deine Zeit nicht mit der Jagd auf Wäschezeichen, die bestenfalls mühsam und schlimmstenfalls irreführend ist.»
«Danke», sagte Parker. «Ich habe mir doch gedacht, daß du entweder den Hutmacher oder den Schneider erkennen würdest.»
Der erste Hutmacher, den sie aufsuchten, entpuppte sich schon als der richtige. Er gab ihnen die Adresse eines Mr. Horace Mountjoy, wohnhaft in Kensington. Sie bewaffneten sich mit einem Haussuchungsbefehl und begaben sich zu der angegebenen Wohnung.
Mr. Mountjoy war, wie sie vom Hausmeister erfuhren, ein Junggeselle mit ruhigen Lebensgewohnheiten, außer daß er häufig bis ziemlich spät in die Nacht außer Haus war. Er lebte allein und wurde vom hauseigenen Personal bedient.
Der Dienst des Hausmeisters begann morgens um neun. Einen Nachtportier gab es nicht. Zwischen elf Uhr abends und neun Uhr morgens war die Haustür abgeschlossen und konnte von den Mietern mit ihrem eigenen Schlüssel geöffnet werden, ohne daß sie ihn in seiner Kellerwohnung stören mußten. Er hatte Mr. Mountjoy gestern abend gegen Viertel vor acht in Frack und Zylinder ausgehen, aber nicht mehr zurückkommen sehen. Withers, der Hausdiener, könne wahrscheinlich
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