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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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jederzeit des anderen Zimmer auf. Die einzigen Männer, zu denen Bredon kein herzliches Verhältnis herzustellen vermochte, waren Mr. Copley, der auf Distanz hielt, und Mr. Willis, der ihm mit einer Zurückhaltung begegnete, auf die er sich keinen Reim machen konnte. Ansonsten fand er die Abteilung ausgesprochen nett.
    Und es wurde geredet. Bredon war noch nie so vielen Leuten auf einmal begegnet, die so fleißige Zungen und offenbar auch so viel Zeit und Muße für ein Schwätzchen hatten. Es war geradezu ein Wunder, daß hier auch noch gearbeitet wurde, aber irgendwie wurde die Arbeit immer fertig. Er fühlte sich an seine Studentenzeit in Oxford erinnert, wo Aufsätze sich zwischen Versammlungen und Sportveranstaltungen auf geheimnisvolle Weise von selbst schrieben und ausgerechnet die mit den besten Examina sich damit brüsteten, nie mehr als drei Stunden täglich gearbeitet zu haben. Jedenfalls sagte ihm das Klima hier durchaus zu. Er war ein geselliger Mensch, und nichts freute ihn mehr, als wenn ein Kollege, dem die Arbeit bis oben und der Sinn nach einem Schwätzchen stand, ihn bei seinen Lobreden auf Sopo («Macht den Montag zum Schontag») oder Husch-Staubsauger («Ein Husch, und alles ist sauber») stören kam.
    «Sieh mal einer an!» sagte Miss Meteyard eines Morgens. Sie hatte nur mal eben hereingeschaut, um Bredon zu fragen, was ein «Schlenzer» sei – Tomboy Toffee hatte eine Anzeigenserie in Auftrag gegeben, die an Cricket anlehnte und jeweils von Ausrufen wie «Kinder, ist das 'ne Kerze!» oder «Prima, dieser Praller!» auf allerlei Umwegen zu den Vorzügen von Tomboy Toffees überleitete – und nun war eben «Schlau, so ein Schlenzer!» an der Reihe. Bredon hatte ihr mit Bleistift und Papier erklärt, was ein Schlenzer war, und es ihr dann auf dem Korridor mit einer kleinen runden Tabaksdose (Marke «Guter Richter») vorgemacht, wobei er um ein Haar Mr. Armstrong am Kopf getroffen hätte, und schließlich hatte er sich auch noch auf eine Diskussion über die Tauglichkeit solcher Schlachtrufe für Annoncenschlagzeilen eingelassen, aber Miss Meteyard machte noch immer keine Anstalten, zu gehen. Sie hatte sich an Bredons Tisch gesetzt und angefangen, Karikaturen zu zeichnen, was sie sogar recht geschickt machte, und gerade suchte sie in der Bleistiftschale nach einem Radiergummi, als sie den oben erwähnten Ausruf von sich gab: «Sieh mal einer an!»
    «Was?»
    «Das ist doch Deans Skarabäus. Den hätte man seiner Schwester zurückschicken müssen.»
    «Ach, das da! Ja, ich wußte, daß er da war, aber ich hatte keine Ahnung, wem er gehörte. Gar nicht so übel, das Ding. Echter Onyx – aber natürlich nicht ägyptisch, nicht einmal besonders alt.»
    «Wohl kaum, aber Dean hing daran. Für ihn war er eine Art Talisman. Hatte ihn immer bei sich in der Westentasche oder vor sich auf dem Schreibtisch, wenn er arbeitete. Wenn er ihn an dem Tag bei sich gehabt hätte, wäre er sicher nicht die Treppe hinuntergestürzt – das würde er selbst jedenfalls sagen.»
    Bredon setzte sich den kleinen Käfer auf den Handteller. Er war etwa so groß wie ein Daumennagel, schwer, nur oberflächlich bearbeitet und bis auf eine abgesprungene Stelle an der Seite völlig glatt.
    «Was war dieser Dean überhaupt für einer?»
    «Na ja, de mortuis und so weiter, aber er war nicht unbedingt mein Fall. Ich fand ihn ziemlich unbekömmlich.»
    «Inwiefern?»
    «Zum Beispiel gefielen mir die Leute nicht, mit denen er herumzog.»
    Bredon ließ eine fragende Augenbraue hochzucken.
    «Nein», sagte Miss Meteyard, «nicht was Sie meinen. Das heißt, darüber könnte ich Ihnen selbst nichts sagen. Aber er war viel mit der de Momerie-Clique unterwegs. Fand er wahrscheinlich schick. Zu seinem Glück war er wenigstens nicht in der berüchtigten Nacht dabei, als diese Punter-Smith sich umgebracht hat. Pyms Werbedienst hätte nie mehr den Kopf hoch tragen können, wenn einer seiner Mitarbeiter in so eine zwielichtige Sache verstrickt gewesen wäre. Da ist man hier sehr eigen.»
    «Was sagten Sie noch, wie alt der Junge war?»
    «Sechs- oder siebenundzwanzig, schätze ich.»
    «Wie ist er eigentlich hierhergekommen?»
    «Das Übliche. Brauchte wahrscheinlich Geld. Mußte irgendeine Arbeit annehmen. Von nichts kann man sich kein süßes Leben leisten. Und er war ja nicht irgendwer. Sein Vater war Bankdirektor oder so was, und als der gestorben war, mußte Klein Victor sich nach irgendwas umsehen, wovon er leben konnte. Aber er wußte

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