Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
Zum einen für Ihre Informationen. Zum zweiten für Ihren selbstlosen Versuch, mich vor Mr. Milligan zu retten. Und zum dritten, weil mir gerade die Laune danach steht.»
Die drei Küsse waren wie vorsätzliche Beleidigungen. Dann hob er sie auf, die Arme immer noch hinter ihrem Rücken festhaltend, und lud sie in den Fond seines offenen Wagens.
«Hier haben Sie eine Decke. Die werden Sie brauchen.»
Sie sagte nichts. Er ließ den Motor an, wendete den Wagen und fuhr langsam den Pfad hinauf. Als sie neben die Limousine kamen, beugte er sich hinüber und warf Spot Lancaster, der selig auf seinem Sitz schnarchte, den Zündschlüssel auf den Schoß. Nach wenigen Minuten waren sie aus dem Wald und auf die Straße eingebogen. Der Himmel war blaß gestreift vom gespenstischen Schimmer der trügerischen Morgendämmerung.
Dian de Momerie schlüpfte unter ihrer Decke hervor und beugte sich nach vorn. Er fuhr lässig, bequem zurückgelehnt in seinen Sitz, den schwarzverkleideten Kopf sorglos nach hinten geneigt, die Hand salopp am Steuer. Mit einem Griff könnte sie ihn und sich in den Graben steuern, und er hätte es verdient.
«Tun Sie's nicht», sagte er, ohne den Kopf zu wenden.
«Sie Teufel!»
Er hielt den Wagen an.
«Wenn Sie sich nicht benehmen, setze ich Sie hier an der Straße ab, dann können Sie auf einem Meilenstein sitzen wie das Töchterlein des Sheriffs von Islington. Oder wenn es Ihnen lieber ist, kann ich Sie auch fesseln. Was darf es also sein?»
«Sei nett zu mir.»
«Das bin ich ja. Ich habe Sie geschlagene zwei Stunden lang vor Langeweile bewahrt. Jetzt bitte ich Sie, uns nicht in das Grauen der Ernüchterung zu stoßen. Warum weinen Sie?»
«Ich bin müde – und du liebst mich nicht.»
«Mein armes Kind, nun reißen Sie sich mal zusammen. Wer würde es für möglich halten, daß Dian de Momerie auf ein Clownskostüm und eine Pennyflöte hereinfällt?»
«Das ist es ja nicht. Du bist es. Du hast etwas Unheimliches an dir. Ich habe Angst vor dir. Du denkst überhaupt nicht an mich. Du denkst an irgend etwas Schreckliches. An was? An was? Halt mal!»
Sie streckte eine kalte Hand aus und packte ihn am Arm.
«Ich sehe etwas, aber ich werde nicht richtig schlau daraus. Jetzt hab ich's. Riemen. Sie binden ihn mit Riemen an den Ellbogen fest und streifen ihm einen weißen Sack über den Kopf. Der Gehenkte. In Ihren Gedanken ist ein Gehenkter. Warum denken Sie an eine Hinrichtung?»
Sie wich vor ihm zurück und verkroch sich in die hinterste Ecke des Wagens. Wimsey startete den Motor wieder und ließ die Kupplung kommen.
«Auf mein Wort», dachte er, «das ist die merkwürdigste Nachwirkung von Alkohol und Rauschgift, die mir je untergekommen ist. Sehr interessant. Aber nicht ganz ungefährlich. Auf eine Art jedoch auch ein Akt der Vorsehung. Vielleicht kommen wir auf diese Weise nach Hause, ohne uns den Hals zu brechen. Ich wußte gar nicht, daß ich so eine Friedhofsatmosphäre um mich verbreite.»
Dian schlief fest, als er sie aus dem Wagen hob. Sie erwachte halb und schlang die Arme um seinen Nacken.
«Es war wunderschön, Liebling.» Dann kam sie mit einem leichten Schrecken zu sich. «Wo sind wir hier? Was ist passiert?»
«Wir sind zu Hause. Wo ist Ihr Schlüssel?»
«Hier. Küß mich. Nimm die Maske ab.»
«Ab mit Ihnen ins Haus. Der Polizist da hinten findet schon, daß wir uns sehr ungebührlich benehmen.» Er schloß die Tür auf.
«Kommst du nicht mit rein?»
Sie schien die Geschichte mit dem Gehenkten ganz vergessen zu haben.
Er schüttelte den Kopf.
«Also dann, auf Wiedersehen.»
«Auf Wiedersehen.»
Er küßte sie diesmal ganz sanft und schob sie ins Haus. Der Polizist, der neugierig näher gestapft kam, zeigte ein Gesicht, das Wimsey kannte. Er mußte im stillen lächeln, als der Beamte ihn mit amtlichem Blick von oben bis un ten maß.
«Guten Morgen.»
«Guten Morgen, Sir», sagte der Polizist unbewegt.
«Moffatt, Moffatt», sagte Seine Lordschaft mißbilligend, «Sie werden es nie weit bringen. Wenn Sie mich schon nicht erkennen, sollte Ihnen wenigstens mein Wagen bekannt vorkommen.»
«Du lieber Gott, Eure Lordschaft! Verzeihung, aber irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, Sie hier zu sehen.»
«Lassen Sie mal die Lordschaften weg, es könnte uns jemand zuhören. Sind Sie auf Ihrer Runde?»
«Gerade auf dem Heimweg, Eu – Sir.»
«Steigen Sie ein, ich fahre Sie. Haben Sie in dieser Gegend je einen gewissen Milligan gesehen?»
«Major Todd Milligan? Ja,
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