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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht täuschen.
    «Wenn Sie von vornherein zu mir gekommen wären», schmollte er, «und mir das in aller Freundschaft erklärt hätten, wäre ich ja nicht so gewesen. Ich kann Mr. Bredon gut leiden, und ich sehe auch ein, daß er Qualitäten hat, die ich nicht habe. Er ist ein sehr feiner Mensch, und ich hätte liebend gerne meinen Platz für ihn geräumt. Aber ich kann es nicht vertragen, wenn solche Dinge still und heimlich hinter meinem Rücken geschehen.»
    Wenn Mr. Tallboy nun an diesem Punkt gesagt hätte:
    «Hören Sie, es tut mir leid, ich war ein bißchen sauer wegen unserer kleinen Auseinandersetzung und möchte mich entschuldigen» – dann hätte Mr. Smayle, der im Grunde ein durchaus liebenswürdiger Mensch war, sicher nachgegeben und alles getan, worum man ihn bat. Aber Mr. Tallboy zog es vor, einen herablassenden Ton anzuschlagen. Er sagte:
    «Na, kommen Sie, Smayle. Sie sind schließlich kein Jack Hobbs.»
    Selbst das wäre noch angegangen und mit Mr. Smayles Zugeständnis, daß er nicht der beste Cricketspieler Englands sei, zum Guten gewendet worden, hätte Mr. Tallboy nicht den unglückseligen Einfall gehabt, zu sagen:
    «Ich weiß natürlich nicht, wie das bei Ihnen ist, aber ich bin es gewöhnt, solche Entscheidungen dem zu überlassen, der mit der Mannschaftsaufstellung betraut ist, und je nachdem zu spielen oder nicht zu spielen.»
    «Aber ja», versetzte Mr. Smayle, an seiner Achillesferse getroffen, «das mußte kommen. Ich bin mir völlig darüber im klaren, Tallboy, daß ich nicht auf einer Privatschule war, aber das ist kein Grund, mich nicht mit der gleichen Höflichkeit zu behandeln wie andere Menschen. Und von Leuten, die auf einer richtigen Privatschule waren, werde ich so behandelt. Sie mögen sich ja viel auf Dumbleton einbilden, aber das nenne ich keine Privatschule.»
    «Und was nennen Sie eine Privatschule?» erkundigte sich Mr. Tallboy.
    «Eton», erwiderte Mr. Smayle und leierte die zuvor gelernte Lektion mit verhängnisvoller Leichtigkeit herunter. «Und Harrow, und – äh – Rugby und Winchester und solche Schulen. Wohin die besseren Leute ihre Söhne schikken.»
    «So?» meinte Mr. Tallboy. «Dann werden Sie wohl Ihre
    Söhne nach Eton schicken.»
    Bei diesen Worten wurde Mr. Smayles schmales Gesicht so weiß wie ein Blatt Papier.
    «Sie Dreckskerl!» schrie er halberstickt. «Sie unaussprechliches Schwein! Raus hier, oder ich bringe Sie um!»
    «Zum Teufel, was ist los mit Ihnen, Smayle?» rief Tallboy, nicht wenig überrascht.
    «Raus!» schrie Mr. Smayle.
    «Ich glaube, ich muß mal ein Wörtchen mit Ihnen reden, Tallboy», mischte sich jetzt Mr. McAllister ein. Er legte Mr. Tallboy eine große, haarige Hand auf den Arm und schob ihn sanft aus dem Zimmer.
    «Wie konnten Sie um Gottes willen so etwas zu ihm sagen?» fragte er, kaum daß sie auf dem Flur außer Hörweite waren.
    «Wissen Sie nicht, daß Smayle nur den einen Sohn hat und der arme Junge schwachsinnig ist?»
    Mr. Tallboy war ehrlich entsetzt. Er schämte sich fürchterlich, und wie so viele Menschen, die sich fürchterlich schämen, suchte er Zuflucht in einem Wutausbruch gegen den nächstbesten, dessen er habhaft werden konnte.
    «Nein, das wußte ich nicht! Wieso erwartet man von mir, daß ich Smayles Familienverhältnisse kenne? Großer Gott! Es tut mir furchtbar leid und alles, aber wieso muß der Kerl sich auch wie so ein Esel aufführen? Das mit den Privatschulen ist ja schon eine fixe Idee bei ihm. Eton, aber wirklich! Ich wundere mich nicht, daß der Junge schwachsinnig ist, wenn er nach seinem Vater schlägt.»
    Mr. McAllister war aufs äußerste schockiert. Sein schottisches Anstandsgefühl war verletzt.
    «Sie sollten sich in Grund und Boden schämen», sagte er streng, indem er Mr. Tallboys Arm losließ, trat in das Zimmer zurück, das er mit Mr. Smayle teilte, und schlug die Tür laut zu.
    Nun ist auf den ersten Blick nicht ganz ersichtlich, was diese Meinungsverschiedenheit zwischen Mr. Tallboy und Mr. Smayle wegen eines Cricketspiels mit der ursprünglichen Meinungsverschiedenheit zwischen ersterem und Mr. Copley zu tun hat. Gewiß, man könnte am Beginn der Ereignisse einen entfernten Zusammenhang darin sehen, daß der Krach zwischen Tallboy und Smayle durch Mr. Smayles indiskrete Anspielungen auf Mr. Tallboys 50 Pfund ausgelöst wurde. Dies ist jedoch nicht von großer Bedeutung. Wirklich von Bedeutung war hingegen, daß in dem Moment, als Mr. McAllister die Einzelheiten des Krachs zwischen

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