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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Familienvater ist», entgegnete Mr. Wedderburn. «Dabei fällt mir ein: Haben Sie schon etwas wegen dieser Serie für die Nursing Times unternommen über ‹Nutrax für stillende Mütter›?»
    Mr. Tallboy verfluchte gedankenlos die stillenden Mütter, dann rief er übers Haustelefon Mr. Hankin an und forderte mit Trauerstimme sechs viertelseitige Zweispalter zu diesem anregenden Thema an.

11
Unverzeihliche Störung einer herzoglichen Gesellschaft
    Für Lord Peter Wimsey hatten die wenigen Wochen seines Lebens, die er der Lösung des Problems mit der Eisentreppe widmete, etwas traumhaft Unwirkliches, was er seinerzeit bereits spürte, aber erst im Rückblick so richtig begriff. Die Arbeit, die er – oder vielmehr dieses Schattenbild seiner selbst, das sich allmorgendlich unter dem Namen Death Bredon in die Anwesenheitsliste eintrug – verrichtete, versetzte ihn in eine Sphäre nebelhaft geistiger Urgestalten, die mit den Dingen in der Welt der Lebenden kaum eine erkennbare Verwandtschaft aufwiesen. Hier zogen auf ihren verschlungenen Bahnen jene sonderbaren Wesen dahin – die Sparsame Hausfrau, der Mann mit Geschmack, der Scharfe Rechner und der Gute Richter, ewig jung, ewig schön, ewig tugendhaft, sparsam und aufgeschlossen, verglichen Preise und Qualität, machten Reinheitsproben, stellten einander indiskrete Fragen nach Gesundheit, Haushaltskosten, Bettfedern, Rasiercreme, Ernährung, Wascharbeit und Schuhwerk, kauften ständig, um zu sparen, und sparten, um zu kaufen, schnitten Gutscheine aus und sammelten Rabattmarken, überraschten Ehemänner mit Margarine und Ehefrauen mit Waschmaschinen und Staubsaugern, beschäftigten sich von morgens bis abends mit Waschen, Kochen, Staubwischen und Aufräumen, schützten die Kinder vor Krankheitserregern, ihre Haut vor Wind und Wetter, ihre Zähne vor Karies und ihre Mägen vor Verdauungsstörungen, und gewannen dennoch durch arbeitsparende Geräte so viele Stunden am Tag hinzu, daß sie immer noch Zeit und Muße fanden, um ins Ki no zu gehen, sich an den Strand zu legen und mit Dosenwurst und Konservenobst ein Picknick zu veranstalten und (sofern verschönt durch Soundsos Seidenstrümpfe, Hinzens Handschuhe und Kunzes Schuhwerk, Krethis Gesichtscreme und Plethis Schönheitsschampoo) sogar Ranelagh, Cowes, die Tribüne in Ascot, Monte Carlo und die Gesellschaftsräume der Königin mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Woher, fragte sich Bredon, kam das Geld, das so vielseitig und großzügig ausgegeben werden sollte? Was würde geschehen, wenn dieser Teufelstanz von Ausgeben und Sparen und Sparen und Ausgeben einmal für einen Augenblick aussetzte? Wenn es ab morgen auf der ganzen Welt keine Werbung mehr gäbe, würden die Leute trotzdem immer mehr Seife kaufen, Äpfel essen, ihren Kindern Vitamine, Ballaststoffe, Milch, Olivenöl, Rollschuhe und Abführmittel geben, noch mehr Sprachen per Grammophon lernen, noch mehr virtuose Musik im Radio hören, ihre Häuser renovieren, sich mit alkoholfreien Getränken erfrischen, immer mehr neue, appetitanregende Gerichte kochen und sich alle diese kleinen Extras leisten, die soviel bedeuteten? Oder würde das ganze wildgewordene Karussell sich langsamer drehen, würde die erschöpfte Masse sich wieder mit schlichtem Essen und Muskelschmalz begnügen? Er wußte es nicht. Wie alle reichen Leute hatte er Reklame bisher in keiner Weise beachtet. Er hatte sich nie die enorme wirtschaftliche Bedeutung der vergleichsweise Armen klargemacht. Nicht auf den Wohlhabenden, die nur kaufen, was sie haben wollen und wann sie es haben wollen, war der gewaltige Überbau der Industrie gegründet und aufgebaut, sondern auf denen, die sich verzehrten nach einem Luxus, der außerhalb ihrer Reichweite lag, nach einer Muße, die ihnen auf ewig versagt blieb, und die man deshalb drangsalieren oder verführen konnte, ihre sauer verdienten paar Pence für Dinge auszugeben, die ihnen wenigstens für einen Augenblick die Illusion von Wohlstand und Luxus gaben. Phantasmagoria – eine Stadt des furchtbaren Tages, der rohen Formen und Farben, babelgleich aufgetürmt in einem Himmel von hartem Kobaltblau, schwankend über einem Abgrund des Bankrotts – ein Wolkenkuckucksheim, bewohnt von jämmerlichen Gespenstern, angefangen bei der Sparsamen Hausfrau, die mit Dairyfields Butterbohnen in Margarine eine Familienmahlzeit für 4 Pence zubereitete, bis hin zur Sekretärin, die durch großzügige Anwendung von Muggins Magnolia-Gesichtscreme die Liebe des

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