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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ein Schräglinksbalken im Wappen anzeigt, daß der Betreffende nicht ganz reinen Geblüts ist oder, wie man es auch nennt, einer Ehe zur Linken entstammt. Mein bedauernswerter Vetter Bredon, der auf den einen Familiennamen nicht mehr Anspruch hat als auf den andern, benutzt sie alle der Reihe nach und beweist damit eine erfreuliche Unvoreingenommenheit. Bitte, bedienen Sie sich, wenn Sie rauchen möchten. Sie werden die Zigarren ganz annehmbar finden, Mr. – äh –»
    «Milligan.»
    «Ach! Der berüch- … der bekannte Major Milligan? Sie besitzen ein Anwesen am Fluß, glaube ich? Reizend, reizend. Der Ruhm dieses Etablissements erreicht mich manchmal über meinen lieben Schwager, Chefinspektor Parker von Scotland Yard. Ein hübsches, zurückgezogenes Fleckchen, soviel ich weiß.»
    «Ganz recht», sagte Milligan. «Ich hatte das Vergnügen, dort eines Abends Ihren Vetter zu Gast zu haben.»
    «So, hat er sich bei Ihnen auch selbst eingeladen? Das sähe ihm ähnlich. Und Sie haben sich dafür an meiner lieben Schwägerin gerächt. Natürlich nur ausgleichende Gerechtigkeit, das sehe ich vollkommen ein – obwohl die Herzogin es vielleicht mit anderen Augen sehen wird.»
    «Nein, eine Dame aus meinem Bekanntenkreis hatte ihn mitgebracht.»
    «Er macht sich. Major Milligan, so sehr es mich schmerzt, glaube ich doch, Sie vor diesem meinem Vetter warnen zu müssen. Er ist keine erstrebenswerte Bekanntschaft. Wenn er Miss de Momerie mit seinen Aufmerksamkeiten belästigt, hat er dabei wahrscheinlich ein weitergehendes Ziel vor Augen. Nicht daß ein Mann für solche Aufmerksamkeiten ein weitergehendes Ziel brauchte», fügte er hinzu. «Miss de Momerie ist ein Ziel an sich –»
    Sein Blick wanderte mit einer kalten Abschätzigkeit, die seine Worte fast beleidigend wirken ließ, an der spärlich bekleideten und leicht berauschten Dian de Momerie auf und ab.
    «Aber», nahm er den Faden wieder auf, «ich kenne meinen Vetter Bredon – nur zu gut. Kaum einer kennt ihn besser. Und ich muß gestehen, daß er der letzte ist, bei dem ich eine Zuneigung ohne Hintergedanken erwarten würde. Ich fühle mich zu meinem Kummer genötigt, ein Auge auf ihn zu haben, zu meinem eigenen Schutz, und darum wäre ich Ihnen aufs tiefste verbunden, wenn Sie mir über seine jüngsten Eskapaden Näheres berichten könnten.»
    «Na gut, ich erzähl's Ihnen», sagte Dian. Der Whisky hatte sie leichtsinnig gemacht, und sie wurde plötzlich gesprächig, ungeachtet Milligans gerunzelter Stirn. Sie erzählte die ganze Geschichte ihres Abenteuers. Der Sprung vom Springbrunnen schien Wimsey sehr unangenehm zu berühren.
    «Vulgäre Angeberei!» sagte er kopfschüttelnd. «Wie oft habe ich Bredon inständig gebeten, sich zurückhaltend vernünftig zu benehmen!»
    «Ich fand es einfach herrlich», erwiderte Dian, und dann erzählte sie von der Begegnung im Wald.
    «Er spielt immer ‹Tom, Tom, des Pfeifers Sohn›, und als Sie kamen und diese Melodie pfiffen, hab ich natürlich gedacht, daß Sie es sind.»
    Wimsey machte eine sehr überzeugend finstere Miene.
    «Widerwärtig», sagte er.
    «Außerdem sind Sie sich so ähnlich – die gleiche Stimme und das gleiche Gesicht, soweit man etwas davon sehen kann. Aber er hat natürlich noch nie seine Maske abgenommen –»
    «Kein Wunder», sage Wimsey, «kein Wunder.» Er rang sich einen tiefen Seufzer ab. «Die Polizei interessiert sich nämlich für meinen Vetter Bredon.»
    «Wie aufregend!»
    «Weswegen?» fragte Milligan.
    «Unter anderem, weil er sich für mich ausgegeben hat», erklärte Wimsey, der jetzt richtig in Fahrt kam. «Ich kann Ihnen in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, gar nicht sagen, wieviel Ärger und Demütigungen ich Bredons wegen schon habe hinnehmen müssen. Aus polizeilichem Gewahrsam habe ich ihn losgekauft – auf meinen Namen ausgestellte Schecks honoriert – ihn aus Lasterhöhlen befreit – ich erzähle Ihnen alle diese peinlichen Details natürlich im Vertrauen.»
    «Wir halten dicht», sagte Dian.
    «Er macht sich unsere unglückliche Ähnlichkeit zunutze», fuhr Wimsey fort. «Er imitiert meine Gepflogenheiten, raucht meine Lieblingszigaretten, fährt einen Wagen wie ich, pfeift sogar meine Lieblingsmelodie – die, wie ich sagen darf, sich besonders gut für das Vorspiel auf der Penny-Flöte eignet.»
    «Er muß ganz schön betucht sein», meinte Dian, «daß er so einen Wagen fahren kann.»
    « Das », sagte Wimsey, «ist ja das Traurigste an der Geschichte.

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