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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gesagt, ›erinnern Sie sie nicht daran.‹ Ob sie nun Angst davor hatte, oder ob sie bei der Geburt zu Schaden gekommen ist, weiß ich nicht, jedenfalls hat sie keine Kinder mehr gekriegt. ›Mein Gott!‹ hab ich ihr immer wieder gesagt, ›Sie gewöhnen sich schon noch daran, Kindchen, wenn Sie erst mal neun haben wie ich‹, und dann hat sie gelächelt, aber gekriegt hat sie dann trotzdem keine mehr.«
    »Es gehört sicher einiges dazu, sich daran zu gewöhnen«, meinte Wimsey, »aber Ihnen scheinen die neun wirklich nicht geschadet zu haben, Mrs. Harbottle, wenn ich das sagen darf. Sie sehen aus wie das blühende Leben.«
    »Ich bin gesund geblieben, Sir, das darf ich glücklicherweise sagen, nur etwas stärker bin ich geworden, als ich früher war. Bei neunen geht die Figur doch ein bißchen in die Breite. Wenn man mich jetzt sieht, Sir, glaubt man sicher nicht, daß ich als Mädchen mal sechsundvierzig Zentimeter Taille hatte, was? Wie oft hat meine arme Mutter mich schnüren müssen, ich mit den Händen am Bettpfosten und sie mit dem Knie in meinem Rücken.«
    »Wer schön sein will, muß leiden«, sagte Wimsey höflich.
    »Wie alt war denn das Baby, als Mrs. Duckworthy hierher nach Brixton zog?«
    »Drei Wochen alt war er, Sir – ein süßes Kerlchen – und schon so viele Haare auf dem Kopf. Schwarz waren sie damals, die Haare, aber dann sind sie knallrot geworden, so was Rotes haben Sie noch nicht gesehen – wie die Karotten da. Es sah nicht so hübsch aus wie bei seiner Mama, obwohl es ziemlich die gleiche Farbe war. Im Gesicht glich er ihr auch nicht, ebensowenig seinem Papa. Sie hat gesagt, er kommt nach einigen von ihrer Familie.«
    »Haben Sie je einen von der übrigen Familie gesehen?«
    »Nur ihre Schwester, Mrs. Susan Brown. Eine große, strenge Frau mit hartem Gesicht war sie – gar nicht wie ihre Schwester. Wohnte in Evesham, das weiß ich noch genau, weil ich damals meinen Spargel von da bekam. Ich kann heute noch keinen Bund Spargel sehen, ohne an Mrs. Susan Brown zu denken. Stocksteif war sie, mit einem kleinen Kopf, genau wie ein Spargel.«
    Wimsey dankte Mrs. Harbottle in angemessener Weise und nahm den nächsten Zug nach Evesham. Er begann sich schon zu fragen, wohin seine Jagd ihn noch führen werde, stellte dann aber zu seiner großen Erleichterung fest, daß Mrs. Susan Brown im Städtchen wohlbekannt war, denn sie war eine Säule der Methodistengemeinde und eine angesehene Persönlichkeit.
    Sie hielt sich immer noch gerade; ihr glattes dunkles in der Mitte gescheiteltes Haar war straff nach hinten gekämmt, ihre Figur unten breit und oben schmal – in der Tat einem Spargel nicht unähnlich, mit dem Mrs. Harbottle sie verglichen hatte. Sie empfing Wimsey mit steifer Höflichkeit, wollte aber vom Tun und Lassen ihres Neffen keine Ahnung haben. Die Andeutung, daß er sich in einer mißlichen, ja sogar gefährlichen Lage befand, schien sie nicht zu überraschen.
    »Er hatte schlechtes Blut in den Adern«, sagte sie. »Meine Schwester Hetty war ja viel zu weich.«
    »Oh!« sagte Wimsey. »Aber schließlich können wir nicht alle so charakterstark sein, obschon es sehr befriedigend für die sein muß, die es sind. Ich möchte Ihnen nicht lange zur Last fallen, Madam; ich weiß, daß ich zur Geschwätzigkeit neige und selbst zu der weicheren Sorte zähle – darum will ich gleich zur Sache kommen. Wie ich dem Geburtenregister im Somerset-Haus entnehme, ist Ihr Neffe Robert Duckworthy in Southwark als Sohn von Alfred und Hester Duckworthy zur Welt gekommen. Ein wunderbares System, das man dort hat. Aber da Menschen die Hand im Spiel haben, gibt es auch mal Pannen, nicht?«
    Sie legte ihre runzligen Hände auf der Tischkante übereinander, und er sah so etwas wie einen Schatten über ihre scharfen dunklen Augen huschen.
    »Wenn ich Sie nicht allzusehr belästige – auf welchen Namen wurde der andere eingetragen?«
    Die Hände zitterten ein wenig, aber sie sagte mit ruhiger, fester Stimme: »Ich verstehe nicht, wovon Sie sprechen.«
    »Das tut mir furchtbar leid. Es war noch nie meine Stärke, mich verständlich auszudrücken. Aber da waren doch Zwillinge zur Welt gekommen, oder? Unter welchem Namen wurde der andere registriert? Es tut mir leid, wenn ich Ihnen lästig falle, aber es ist wirklich ziemlich wichtig.«
    »Was läßt Sie vermuten, daß es Zwillinge waren?«
    »Oh, ich vermute das nicht. Wegen einer bloßen Vermutung hätte ich Sie nicht behelligt. Ich weiß, daß es einen

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