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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Schritt des Kontertanzes ein und bewegten sich im gleichen Takt. Unterhalb folgten die Querreihen schwarz und weiß livrierter Diener respektvoll ihrem Beispiel. Sir Charles Deverill, der ernst hinter der Herzogin herhüpfte, reichte die Hände Nina Hartford vom anderen Ende der Reihe. Dumti, dumti, dideldi … Das erste Paar wandte sich nach auswärts und führte die Tänzer hinunter. Wimsey ergriff Lady Hermiones Hand, schlüpfte gebückt mit ihr unter dem Bogen durch und tauchte triumphierend am oberen Ende des Ballsaals wieder auf. »Meine Liebste«, seufzte Wimsey, »trug ein Gewand aus schwarzem Sammet, aus Purpur war das meine.« Die alte Dame gab ihm geschmeichelt mit ihrem vergoldeten Zepter einen Klaps auf die Finger. Es wurde fröhlich in die Hände geklatscht.
    »Und noch einmal runter«, sagte Wimsey, und die Kreuz-Dame und der Kaiser der großen Mah-JonggDynastie hüpften und wirbelten in der Mitte. Die PikDame kam angetänzelt, um ihrem Karo-Buben zu begegnen. »Bézigue«, sagte Wimsey. »Bézigue double«, indem er der Herzoginwitwe beide Hände reichte. Dumti, dumti, dideldi. Wieder gab er die Hand der Kreuz-Dame und führte sie hinunter. Dann passierten die andern siebzehn Paare unter ihren erhobenen Armen hindurch. Es folgten Lady Deverill und ihr Partner – dann fünf weitere Paare.
    »Wir kommen schön mit der Zeit hin«, sagte Sir Charles mit Blick auf die Uhr. »Ich habe zwei Minuten pro Paar angesetzt. Aha! Da kommt ja eines der vermißten Paare.« Er schwenkte aufgeregt den Arm durch die Luft. »Kommen Sie in die Mitte – hierher – hierher!«
    Ein Mann, dessen Kopf mit einem riesengroßen Federball geschmückt war, und Joan Carstairs, als Diabolo verkleidet, waren aus dem Nordgang aufgetaucht. Sir Charles bugsierte sie, wie ein besorgter Hahn zwei verängstigte Hennen, zwischen zwei Paare, die ihr »Hände kreuzen« noch nicht vollzogen hatten, und seufzte erleichtert auf. Es wäre ihm arg gewesen, wenn sie etwas hätten auslassen müssen. Die Uhr schlug Viertel vor zwei.
    »Sagen Sie, Playfair, haben Sie Charmian Grayle und Tony Lee irgendwo gesehen?« fragte Giles Pomfret die Badminton-Maske. »Sir Charles ist in heller Aufregung, weil wir nicht komplett sind.«
    »Keine Spur von ihnen. Ich hatte ja eigentlich mit Charmian tanzen sollen, aber sie ist nach oben verschwunden und nicht mehr wiedergekommen. Dann kam Joan angeschossen und suchte Tony. Da haben wir uns kurz entschlossen, es gemeinsam hinter uns zu bringen.«
    »Da kommen die Weihnachtssänger«, unterbrach Joan Carstairs. »Sind sie nicht einfach süß? So richtig ländlichsittlich.«
    Zwischen den Säulen auf der Nordseite des Ballsaals hindurch sah man die Weihnachtssänger unter dem Kommando des Pfarrers Aufstellung im Gang nehmen. Der Sir Roger hüpfte weiter seinen mühevollen Weg. Hände über Kreuz, ab durch die Mitte und wieder zurück. Giles Pomfret, eingeklemmt zwischen seine Billardbretter, kroch ächzend und stöhnend zum fünfzehnten Mal durch das immer länger gewordene Spalier erhobener Arme. Dumti, dumti, dideldi. Das neunzehnte Paar wand sich durch die Aufstellung. Sir Charles und die Herzoginwitwe, beide so frisch wie der junge Morgen, standen wieder einmal am oberen Ende des Saals. Das Klatschen wurde laut wiederholt; die Musik verstummte; die Gäste bildeten Grüppchen; die Dienerschaft stellte sich in ordentlicher Reihe am unteren Ende des Saals auf; die Uhr schlug zwei; der Pfarrer bekam ein Zeichen von Sir Charles, hielt eine Stimmgabel an sein Ohr und ließ ein volltönendes A erklingen. Schrill begannen die Weihnachtssänger das Lied vom guten König Wenzeslaus.
    Gerade als die Nacht dunkler zu werden und der Wind stärker zu wehen begann, drängte sich eine Gestalt durch die Reihen der Sänger und strebte auf Sir Charles zu. Es war Tony Lee, und sein Gesicht war so weiß wie sein Kostüm.
    »Charmian … im Gobelinzimmer … tot … erwürgt.«
    Polizeichef Johnson saß in der Bibliothek und nahm die Aussagen der übernächtigten Gäste auf, die einer nach dem andern zu ihm geführt wurden. Als erster kam Tony Lee, dessen gequälte Augen wie zwei dunkle Löcher in einer Maske aus grauem Papier wirkten.
    »Miss Grayle hatte mir den letzten Tanz vor dem Sir Roger versprochen; es war ein Foxtrott. Ich habe auf sie in der Halle unter der Musikergalerie gewartet. Sie ist nicht gekommen. Ich habe nicht nach ihr gesucht. Ich sah sie mit niemand anderem tanzen. Als der Tanz fast vorbei war, bin ich in den

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