Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
Grayle getanzt. Sie sei ein sehr flottes Mädchen gewesen, ausgesprochen amüsant. Ja, doch, vielleicht ein bißchen zu lebenslustig, aber zum Kuckuck, das arme Ding sei doch nun tot. Es sei schon möglich, daß er sie ein- oder zweimal auch geküßt habe, aber das sei ganz harmlos gewesen. Na ja, dem armen Lee sei es vielleicht ein wenig gegen den Strich gegangen. Miss Grayle habe ihn gern ein bißchen auf den Arm genommen. Er selbst habe Miss Grayle sehr gern gemocht und sei von dieser scheußlichen Geschichte ganz schön mitgenommen.
    Mrs. Bellingham bestätigte die Aussage ihres Gatten. Miss Grayle sei bei ihnen zu Gast gewesen, und sie hätten sich alle prächtig verstanden. Sie sei überzeugt, daß Mr. Lee und Miss Grayle sich sehr gern gehabt hätten. Sie habe Miss Grayle bei den letzten drei Tänzen nicht gesehen, sich aber nichts dabei gedacht. Wenn sie sich etwas gedacht hätte, dann höchstens, daß Miss Grayle wohl mit irgend jemandem draußen sitze. Sie selbst sei ungefähr seit Mitternacht nicht mehr im Ankleidezimmer gewesen und habe Miss Grayle auch nicht nach oben gehen sehen. Sie habe Miss Grayle erst vermißt, als sie alle zum Sir Roger Aufstellung genommen hätten.
    Mrs. Wrayburn erwähnte, daß sie Miss Carstairs im Ballsaal nach Mr. Lee habe suchen sehen, gerade als Sir Charles Deverill mit den Musikern gesprochen habe. Miss Carstairs habe da etwas davon gesagt, daß Mr. Playfair im Nordgang sitze und auf Miss Grayle warte. Sie könne ganz genau sagen, daß dies um zwei Minuten vor halb zwei gewesen sei. Mr. Playfair selbst habe sie dann um halb zwei gesehen. Er habe vom Korridor hereingeschaut und sei dann wieder fortgegangen. Die ganze Gesellschaft habe beieinander gestanden, außer Miss Grayle, Miss Carstairs, Mr. Lee und Mr. Playfair. Das wisse sie deshalb so genau, weil Sir Charles die Paare gezählt habe.
    Dann kam Jim Playfair, der einen äußerst wertvollen Hinweis geben konnte.
    »Miss Grayle war mit mir für den Sir Roger de Coverley verabredet. Sowie der vorige Tanz zu Ende war, habe ich mich auf den Gang begeben, um auf sie zu warten. Das war um ein Uhr fünfundzwanzig. Ich habe mich dort auf ein Sofa gesetzt. Fast unmittelbar darauf sah ich Miss Grayle aus dem Durchgang unter der Musikergalerie kommen und die Treppe am Ende des Korridors hinaufgehen. Ich rief ihr zu: ›Beeilen Sie sich, es fängt gleich an!‹ Ich glaube aber nicht, daß sie mich gehört hat; geantwortet hat sie jedenfalls nicht. Ich bin ganz sicher, daß ich sie gesehen habe. Die Treppe hat ein offenes Geländer. Auf dieser Seite des Gangs hängt als einzige Beleuchtung ein Lampion, aber der ist sehr hell. Das Kostüm kann ich nicht verwechselt haben. Ich habe auf Miss Grayle gewartet, bis der Tanz schon halb zu Ende war; dann habe ich es aufgegeben und mich mit Miss Carstairs zusammengetan, der ihr Partner ebenfalls abhanden gekommen war.«
    Das für das Ankleidezimmer zuständige Dienstmädchen wurde als nächstes vernommen. Sie und der Gärtner waren die einzigen von den Dienstboten, die den Sir Roger nicht mitgetanzt hatten. Sie habe seit dem Abendessen das Ankleidezimmer nicht mehr verlassen, höchstens daß sie einmal bis zur Tür gegangen sei. Miss Grayle sei während der letzten Stunde des Balls auf keinen Fall ins Ankleidezimmer gekommen.
    Der Pfarrer, den die Sache sehr bekümmerte, sagte, er sei mit seinen Sängern um zwanzig vor zwei an der Gartenpforte gewesen. Er habe einen Mann in einem weißen Kostüm gesehen, der im Garten eine Zigarette rauchte. Die Sänger hätten ihre Mäntel im Durchgang zum Garten ausgezogen und sich dann im Nordgang aufgestellt. Niemand sei an ihnen vorbeigekommen, bis Mr. Lee die traurige Nachricht brachte.
    Mr. Ephraim Dodd, der Totengräber, hatte dieser Aussage etwas Wichtiges anzufügen. Dieser betagte Herr war, wie er zugab, kein Sänger, pflegte aber mit den Weihnachtssängern zu ziehen und die Laterne und die Sammelbüchse zu tragen. Er hatte sich in den Gang zum Garten gesetzt, »um meinen armen Füßen etwas Ruhe zu gönnen«. Er habe den Herrn aus dem Garten hereinkommen sehen, »ganz in Weiß und mit ’ner Krone auf dem Kopf«. Der Chor habe gerade gesungen: »Bringt mir Brot und bringt mir Wein.«
    Der Herr habe sich ein wenig umgesehen, »ein Gesicht gezogen«, und sei in das Zimmer am Fuß der Treppe gegangen. Er sei aber »kaum ’ne Minute« darin gewesen, da sei er »schneller wieder rausgekommen, als er reingegangen war«, und sofort in den Ballsaal

Weitere Kostenlose Bücher