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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gerannt.
    Zu alledem kam natürlich die Aussage Dr. Pattisons. Er war als Gast auf dem Ball gewesen und unverzüglich hingeeilt, um Miss Grayles Leiche zu untersuchen, als die Schreckensnachricht bekannt wurde. Seiner Ansicht nach sei sie von jemandem, der vor ihr gestanden habe, brutal erwürgt worden. Sie sei ein großes, kräftiges Mädchen gewesen, und er glaube, daß es wohl doch der Kraft eines Mannes bedurft habe, sie zu überwältigen. Als er sie um fünf nach zwei gesehen habe, sei er zu dem Schluß gekommen, daß sie innerhalb der letzten Stunde ermordet worden sein müsse, jedoch nicht innerhalb der letzten fünf Minuten. Die Leiche sei noch ziemlich warm gewesen, doch da sie unmittelbar neben dem heißen Heizkörper gelegen habe, könne man diesem Umstand nicht allzuviel Bedeutung beimessen.
    Polizeichef Johnson rieb sich nachdenklich das Ohr und wandte sich an Lord Peter Wimsey, der ihm die vorherigen Aussagen weitgehend hatte bestätigen können, vor allem aber die genauen Uhrzeiten, zu denen die verschiedenen Ereignisse stattgefunden hatten. Der Polizeichef kannte Wimsey gut und zog ihn ohne große Umstände gleich ins Vertrauen.
    »Sie sehen, wie die Dinge stehen, Mylord. Wenn die arme junge Frau in der Zeit umgebracht wurde, die Dr. Pattison angibt, ist der Kreis ziemlich eingeengt. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie mit Mr. Bellingham tanzte, und zwar um – sagen wir ein Uhr zwanzig. Um zwei Uhr war sie tot. Das gibt uns vierzig Minuten. Wenn wir aber Mr. Playfair glauben wollen, wird die Zeit noch kürzer. Er will sie noch lebend gesehen haben, kurz nachdem Sir Charles mit den Musikern sprechen ging, was nach Ihren Angaben um ein Uhr achtundzwanzig war. Das heißt, es gibt nur fünf Menschen, die es überhaupt gewesen sein können, weil alle andern ja danach im Ballsaal waren und Sir Roger tanzten. Da wäre erstens das Dienstmädchen im Ankleidezimmer; unter uns, Mylord, ich glaube, die können wir außer acht lassen. Sie ist so ein halbes Portiönchen, und mir ist auch nicht ersichtlich, was sie für ein Motiv gehabt haben könnte. Außerdem kenne ich sie seit ihrer Kindheit, und sie ist nicht der Typ für so etwas. Dann der Gärtner; ich habe ihn noch nicht gesprochen, aber auch ihn kenne ich sehr gut, und da könnte ich mich ebenso gleich selbst verdächtigen. Ja, und dann kommen eben dieser Mr. Tony Lee, Miss Carstairs und Mr. Playfair selbst. Die Frau kommt schon aus physischen Gründen am wenigsten in Frage; außerdem ist Erwürgen nicht die Mordart einer Frau – im allgemeinen nicht. Aber die Geschichte mit Mr. Lee kann man schon etwas merkwürdig finden. Was hat er die ganze Zeit alleine draußen im Garten gemacht?«
    »Für mich hört sich das so an, als ob Miss Grayle ihm den Laufpaß gegeben hätte«, sagte Wimsey, »und dann ist er eben in den Garten gegangen, um mit seinem Kummer allein zu sein.«
    »Genau, Mylord; und dieser Kummer wäre zugleich sein Motiv.«
    »Schon möglich«, sagte Wimsey. »Aber passen Sie mal auf. Draußen liegen ein paar Zentimeter Schnee. Wenn Sie die Uhrzeit bestätigt finden können, zu der er hinausgegangen sein will, müßte man anhand seiner Spuren feststellen können, ob er noch einmal hereingekommen ist, bevor Ephraim Dodd ihn sah. Auch wohin er in der Zwischenzeit gegangen ist und ob er allein war.«
    »Das ist eine gute Idee, Mylord. Ich schicke meinen Sergeanten, sich zu erkundigen.«
    »Dann wäre da noch Mr. Bellingham. Angenommen, er hat sie nach dem Walzer, den er mit ihr tanzte, umgebracht. Hat ihn zwischen dem Walzer und dem Foxtrott jemand gesehen?«
    »Ganz recht, Mylord, daran habe ich auch gedacht. Aber sehen Sie auch, wohin uns das führt? Das würde nämlich heißen, daß Mr. Playfair mit ihm im Bunde gewesen sein müßte. Und nach allem, was wir gehört haben, ist das nicht sehr wahrscheinlich.«
    »Ist es nicht. Zufällig weiß ich sogar, daß Mr. Bellingham und Mr. Playfair nicht gerade auf bestem Fuß miteinander stehen. Das können wir vergessen.«
    »Das glaube ich auch. Und damit wären wir bei Mr. Playfair. Auf ihn sind wir im Augenblick ziemlich angewiesen. Bisher haben wir noch niemanden gefunden, der Miss Grayle während des vorherigen Tanzes gesehen hat – das war der Foxtrott. Was hätte ihn hindern können, es da zu tun? Moment. Was sagt er denn selber? Er sagt, er hat den Foxtrott mit der Herzogin von Denver getanzt.« Der Polizeichef machte ein langes Gesicht und ging nochmal seine Notizen durch. »Sie bestätigt das.

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