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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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indem er das letzte Bild durchs Wasser zog und in die Fixierlösung tauchte. »Sie können jetzt das Licht wieder anmachen, Mylord.« Wimsey tat dies und mußte in der plötzlichen strahlenden Helle die Augen zusammenkneifen.
    »Eine ganz schöne Arbeit«, sagte er. »Hoppla! Was ist das für ein Teller voll Blut, den Sie da haben?«
    »Das ist die rote Deckfarbe, die man auf die Rückseite der Fotoplatten streicht, Mylord, um eine Lichthofbildung zu verhindern. Sie haben vielleicht bemerkt, wie ich sie abgewaschen habe, bevor ich die Platten in den Entwickler tat. Die Lichthofbildung, Mylord, ist ein Phänomen, das – «
    Wimsey hörte nicht zu.
    »Aber warum ist mir das nicht schon früher aufgefallen?« fragte er. »Ich habe das Zeug die ganze Zeit für klares Wasser gehalten.«
    »Natürlich, Mylord, wegen des Rotlichts. Der Eindruck von Weiß, Mylord«, fuhr Bunter in belehrendem Ton fort, »kommt dadurch zustande, daß alles vorhandene Licht reflektiert wird. Wenn alles vorhandene Licht rot ist, sind Rot und Weiß natürlich nicht voneinander zu unterscheiden. Desgleichen ist bei grünem Licht –«
    »Großer Gott!« rief Wimsey. »Moment, Bunter, das muß ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen … Menschenskind, lassen Sie die Bilder Bilder sein – ich brauche Sie oben.«
    Er trabte voran in den Ballsaal, der jetzt dunkel war, denn an den Südfenstern waren bereits die Vorhänge zugezogen, und nur durch die hohen Obergadenfenster über den Säulen drang noch etwas von dem trüben Dezemberspätnachmittag herein. Zuerst knipste er die drei großen Kronleuchter im Ballsaal an. Dank der schweren Eichentäfelung, die an beiden Enden des Saals und an allen vier Ecken bis zum Dach hinaufreichte, warfen sie überhaupt kein Licht auf die Treppe im unteren Nordgang. Als nächstes knipste er das Licht in dem vierseitigen Lampion an, der im Nordgang über und zwischen den beiden Sofas hing. Sofort übergoß ein heller Strahl grünes Licht die untere Hälfte des Gangs und der Treppe; die obere Hälfte war in ein kräftiges Gelb getaucht, während die restlichen Seiten des Lampions rotes Licht in Richtung Ballsaal und blaues an die Wand des Korridors warfen.
    Wimsey schüttelte den Kopf.
    »Da ist ein Irrtum kaum möglich. Höchstens – ah, ich weiß! Bunter, laufen Sie mal schnell und bitten Sie Miss Carstairs und Mr. Playfair, für einen Augenblick herzukommen.«
    Während Bunter fort war, borgte Wimsey sich eine Trittleiter aus der Küche und untersuchte sorgfältig die Aufhängung des Lampions. Es war nur ein provisorischer Leuchtkörper. Der Lampion hing an einem in einen Balken geschraubten Haken, und den Strom bekam er über ein Kabel aus einer weiter entfernten Steckdose.
    »So«, sagte Wimsey, als die beiden Gäste kamen, »ich möchte mit Ihnen ein kleines Experiment machen. Würden Sie sich auf dieses Sofa setzen, Playfair, genau wie gestern abend? Und Sie, Miss Carstairs – ich habe mir Sie ausgesucht, weil Sie ein weißes Kleid tragen. Gehen Sie bitte mal die Treppe am Ende der Halle hinauf, genau wie Miss Grayle gestern abend. Ich möchte wissen, ob das für Playfair genauso aussieht wie letzte Nacht – abgesehen von den vielen Menschen natürlich.«
    Er beobachtete die beiden, während sie das geschilderte Manöver vollführten. Jim Playfair machte ein verwundertes Gesicht.
    »Es kommt mir irgendwie nicht ganz gleich vor. Ich weiß nicht, worin der Unterschied besteht, aber es ist einer da.«
    Joan bestätigte dies, als sie zurückkam.
    »Ich habe eine Zeitlang auf diesem andern Sofa gesessen«, sagte sie, »und es kommt mir anders vor. Ich glaube, es ist dunkler.«
    »Heller«, sagte Jim.
    »Gut!« sagte Wimsey. »Das wollte ich von Ihnen hören. Und nun, Bunter, geben Sie dem Lampion mal eine Vierteldrehung nach links.«
    Kaum war dies geschehen, stieß Miss Carstairs einen leisen Überraschungsschrei aus.
    »Das ist es! Das ist es! Das blaue Licht! Ich weiß noch, daß ich gedacht habe, wie durchgefroren die Gesichter der armen Weihnachtssänger aussahen, als sie hereinkamen.«
    »Und Sie, Playfair?«
    »Stimmt«, sagte Jim zufrieden. »Das Licht war gestern abend rot. Ich weiß nämlich noch, daß ich gedacht habe, wie warm und gemütlich das aussieht.«
    Wimsey lachte.
    »Wir sind auf der richtigen Fährte, Bunter. Wie heißt doch die Schachregel? Regina reget colorem – die Dame steht immer auf einem Feld ihrer Farbe. Treiben Sie das Mädchen auf, das letzte Nacht im Ankleidezimmer Dienst

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