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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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tat, und fragen Sie, ob Mrs. Bellingham zwischen Foxtrott und Sir Roger da war.«
    Fünf Minuten später war Bunter mit seinem Bericht zurück.
    »Das Mädchen sagt, Mylord, daß Mrs. Bellingham um die fragliche Zeit nicht ins Ankleidezimmer gekommen ist. Aber sie hat sie aus der Bildergalerie kommen und die Treppe hinunter zur Tür des Gobelinzimmers laufen sehen, gerade als die Kapelle mit dem Sir Roger begann.«
    »Und das«, sagte Wimsey, »war um ein Uhr neunundzwanzig.«
    »Mrs. Bellingham?« fragte Jim. »Aber sagen Sie denn nicht selbst, Sie hätten sie vor halb zwei im Ballsaal gesehen? Sie hätte doch gar keine Zeit gehabt, den Mord zu begehen.«
    »Das nicht«, sagte Wimsey. »Aber Charmian Grayle war da auch schon lange tot. Es war die Rote Königin, nicht die Weiße, die Sie die Treppe hinaufgehen gesehen haben. Wir müssen herausfinden, warum Mrs. Bellingham uns angelogen hat, dann werden wir die Wahrheit wissen.«
    »Eine sehr traurige Geschichte, Mylord«, sagte Polizeichef Johnson ein paar Stunden später. »Mr. Bellingham hat sich wie ein Gentleman verhalten und sofort gestanden, als wir ihm sagten, daß wir Beweise gegen seine Frau hätten. Offenbar wußte Miss Grayle verschiedene Dinge über ihn, die sehr schädlich für seine politische Karriere gewesen wären. Seit Jahren hatte sie Geld von ihm bekommen. Am Beginn des Abends hatte sie ihn nun mit neuen Forderungen überrascht. Während des letzten Walzers, den sie zusammen tanzten, gingen sie dann ins Gobelinzimmer, wo ein Streit entbrannte. Bellingham verlor die Beherrschung und wurde handgreiflich. Er sagt, er habe ihr nicht ernstlich weh tun wollen, aber sie habe zu schreien angefangen, und er habe nach ihrem Hals gegriffen, um sie zum Schweigen zu bringen, und sie dabei – gewissermaßen versehentlich – erwürgt. Als er sah, was er getan hatte, ließ er sie dort liegen und ging – wie in einem Nebel, sagt er – in den Ballsaal. Den nächsten Tanz tanzte er mit seiner Frau. Er erzählte ihr, was passiert war, und dann merkte er, daß er das kleine Zepter, das er trug, im Gobelinzimmer bei der Leiche liegengelassen hatte. Mrs. Bellingham – eine tapfere Frau – wollte es holen gehen. Sie huschte durch die dunkle Passage unter der Musikergalerie, die leer war, und die Treppe hinauf zur Bildergalerie. Sie hörte nicht, wie Mr. Playfair sie ansprach. Sie lief durch die Galerie und die andere Treppe wieder hinunter, nahm das Zepter an sich und versteckte es unter ihrem Kostüm. Später erfuhr sie von Mr. Playfair, was dieser gesehen hatte, und begriff, daß er sie im roten Licht für die Weiße Königin gehalten hatte. Heute in den frühen Morgenstunden schlich sie sich nach unten und verdrehte den Lampion. Natürlich hat sie sich dadurch der Beihilfe schuldig gemacht, aber so eine Frau würde sich doch eigentlich jeder Mann wünschen. Ich hoffe, sie kommt glimpflich davon.«
    »Amen!« sagte Lord Peter Wimsey.

Die Perlenkette
Eine Lord Peter Wimsey-Geschichte
    Einmal im Jahr, und nur dieses eine Mal, pflegte Sir Septimus Shale seine Autorität geltend zu machen. Er gestattete seiner modernen jungen Frau, das Haus mit geometrischen Möbeln aus Stahlrohr vollzustellen, avantgardistische Künstler und agrammatische Dichter zu sammeln, an Cocktails und die Relativitätstheorie zu glauben und sich so extravagant zu kleiden, wie sie Lust hatte; aber sein altmodisches Weihnachtsfest ließ er sich nicht nehmen. Er war ein Mann von schlichtem Gemüt, der Plumpudding und Knallbonbons aufrichtig liebte und felsenfest überzeugt war, daß auch andere »im tiefsten Grunde ihres Herzens« ihre Freude daran hatten. Zu Weihnachten zog er sich deshalb zu allem entschlossen in sein Haus in Essex zurück, ließ die kubistischen Lampen von den Dienern mit Stechpalmen und Mistelzweigen schmücken, belud die stählerne Anrichte mit Köstlichkeiten von Fortnum & Mason, hängte Strümpfe an die polierten Kopfteile der Nußbaumbetten und ließ zu diesem einen Anlaß sogar die elektrischen Heizkörper aus den modernistischen Kaminöffnungen entfernen und durch ein Holzfeuer und einen Julscheit ersetzen. Dann versammelte er Familie und Freunde um sich, stopfte sie mit Dickensschen Leckerbissen voll, bis sie nicht mehr konnten, und nach dem Weihnachtsmahl mußten sich alle im Salon zu Scharaden und allerlei sonstigen Gesellschaftsspielen einstellen, deren Höhepunkt jedesmal ein Versteckspiel im Dunkeln über das ganze große Haus war. Da Sir Septimus ein sehr

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