Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
dreierlei Schnüren und zwölf auf ein Kärtchen gesteckter Sicherheitsnadeln abschleppte, erschien nun wirklich bemerkenswert, bis jemandem einfiel, daß er schließlich die ganze Weihnachtsdekoration beaufsichtigt hatte. Bei Richard Dennison fand man zur allgemeinen Verwirrung und Belustigung ein Damenstrumpfband, eine Puderdose und eine halbe Kartoffel; letztere, sagte er, sei gut gegen Rheumatismus (mit dem er zu tun habe), während die andern Gegenstände seiner Frau gehörten. Bei den Damen befanden sich unter den Überraschungsfunden: ein Büchlein über Handlesekunst, drei unsichtbare Haarnadeln und ein Babyfoto (Miss Tomkins); ein chinesisches Zigarettenetui mit Geheimfach (Beryl Dennison); ein sehr privater Brief und eine Apparatur zum Reparieren von Laufmaschen (Lavinia Prescott); eine Augenbrauenpinzette und ein kleines Päckchen mit weißem Pulver, angeblich gegen Kopfweh (Betty Shale). Für gelinde Aufregung sorgte der Fund einer kleinen Perlenkette in Joyce Trivetts Handtasche – bis man sich erinnerte, daß sie aus einem Knallbonbon während des Dinners stammte, und die Perlen entpuppten sich in der Tat als synthetisch. Kurz, die Suche ergab nichts, außer einer gewissen allgemeinen Verlegenheit und dem Unbehagen, das eiliges Aus- und wieder Anziehen zur falschen Tageszeit stets mit sich bringt.
    Und so kam es dann, daß schließlich jemand – zähneknirschend und mit allen Anzeichen äußersten Widerstrebens – das gräßliche Wort »Polizei« in den Mund nahm. Sir Septimus war natürlich der bloße Gedanken schon entsetzlich. Das war ja grauenhaft! Das werde er nie zulassen. Die Perlen müßten schließlich irgendwo sein. Sie sollten noch einmal die Zimmer durchsuchen. Könnte Lord Peter Wimsey, der doch Erfahrung mit – äh – geheimnisvollen Vorgängen habe, ihnen da nicht irgendwie behilflich sein?
    »Wie?« meinte Seine Lordschaft. »Ach so, meine Güte, ja doch, gewiß, selbstverständlich. Ich meine, vorausgesetzt natürlich, daß niemand annimmt – äh, wie? Das heißt, Sie wissen schließlich nicht, ob ich nicht selbst ein höchst verdächtiges Subjekt bin, oder?«
    Hier griff nun Lady Shale energisch ein.
    »Wir halten niemanden hier für verdächtig«, sagte sie, »doch wenn wir jemanden dafür halten müßten, dann gewiß nicht Sie. Sie verstehen von Verbrechen viel zuviel, um selbst eins begehen zu wollen.«
    »Na schön«, sagte Wimsey. »Aber nachdem wir hier alles schon so gründlich abgesucht haben –« Er zuckte mit den Schultern.
    »Ja, ich fürchte auch, daß Sie keine Fußabdrücke mehr finden werden«, sagte Margharita. »Aber wir könnten doch etwas übersehen haben.«
    Wimsey nickte.
    »Ich will’s versuchen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, alle wieder im Großen Salon Platz zu nehmen und dort zu bleiben? Bis auf einen von Ihnen – ich hätte lieber einen Zeugen für alles, was ich tue oder finde. Sir Septimus – Sie wären dafür am geeignetsten, meine ich.«
    Er schickte sie alle auf ihre Plätze und begann mit einem langsamen Rundgang durch die beiden Räume, wobei er alle Flächen unter die Lupe nahm, zur polierten Messingdecke hinauf starrte und, nach bewährter Manier, auf allen Vieren über die schwarz glänzende Wüste des Fußbodens kroch. Sir Septimus folgte ihm, starrte, wenn Wimsey starrte, stützte die Hände auf die Knie, wenn Wimsey auf allen Vieren kroch, und schnaufte hin und wieder vor Verwunderung und Kummer. Wie sie so die Runde machten, erinnerten sie an einen Mann mit einem sehr neugierigen jungen Hund beim gemütlichen Gassigehen. Zum Glück erleichterte Lady Shales innenarchitektonischer Geschmack die Suche sehr; es gab kaum irgendwelche Ecken und Winkel, in denen etwas versteckt werden konnte.
    Sie kamen in den Hinteren Salon, und hier wurden die Kostüme noch einmal peinlich genau untersucht, doch ohne Erfolg. Schließlich legte Wimsey sich auf den Bauch und spähte unter eine stählerne Anrichte, eines der ganz wenigen Möbelstücke mit kurzen Beinen. Dort schien etwas sein Interesse zu erregen. Er krempelte einen Ärmel hoch und schob den Arm in den Hohlraum, krampfartig zappelnd in dem Bemühen, weiter zu reichen, als menschenmöglich war; dann zog er den Zollstock aus der Tasche und klappte ihn auseinander, um damit unter dem Schränkchen herumzustochern, und fischte den Gegenstand, der ihn so brennend interessierte, schließlich heraus.
    Es war etwas sehr Winziges – eine Nadel, genauer gesagt. Keine gewöhnliche Nadel, sondern so

Weitere Kostenlose Bücher