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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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betrogen zu haben, zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt hatte. Weitere Nachforschungen ergaben, daß dieser junge Mann vor einem halben Jahr aus der Haft entlassen worden war.
    »Natürlich Cravens Sohn«, sagte der Inspektor. »Er hatte die handwerklichen Fähigkeiten, um einen solchen Korkenzieher anzufertigen, täuschend ähnlich dem, der in diesem Haus für gewöhnlich in Gebrauch war. Woher hatten sie nur das Nikotin? Nun, das werden wir auch bald wissen. Es dürfte nicht schwierig sein, es sich für die Schädlingsbekämpfung im Garten zu beschaffen. Ich bin Ihnen für Ihre fachmännische Unterstützung sehr zu Dank verpflichtet, Mr. Egg. Es hätte uns viel Zeit gekostet, die Sache mit den vertauschten Flaschen herauszubekommen. Und Sie haben Craven gleich verdächtigt, als Sie merkten, daß er Ihnen die falsche Flasche gegeben hatte?«
    »O nein«, sagte Mr. Egg mit verhaltenem Stolz. »Daß es Craven war, wußte ich in dem Moment, als er ins Zimmer trat.«
    »Nein, wirklich? Sie sind ja ein richtiger Sherlock Holmes, was? Und wieso?«
    »Er nannte mich ›Sir‹«, erklärte Mr. Egg und hüstelte geziert. »Bei meinem letzten Besuch hat er mich noch mit ›junger Mann‹ angeredet und mich darauf hingewiesen, daß Vertreter den Lieferanteneingang zu benutzen hätten. Ein schwerer taktischer Fehler. ›Ob du recht hast oder nicht, Höflichkeit ist deine erste Pflicht‹, wie es im Handbuch des Reisenden heißt.«

Spürnasen
Eine Montague Egg-Geschichte
    Der Besprechungsraum im »Schwein und Krug« präsentierte sich für Mr. Montague Egg als eine dämmrige Höhle, in der ein urzeitlicher Bewohner sein Mammutfleisch über einem Feuer von feuchtem Seetang gebraten hatte. Mit andern Worten, es war schlecht beleuchtet, kalt, rauchig und von einem schalen Essensgeruch erfüllt.
    »O Gott, o Gott!« brummelte Mr. Egg und stocherte in den unlustig glimmenden Kohlen herum, was eine erbsbreifarbene Rauchschwade freisetzte, die ihn husten machte.
    Mr. Egg betätigte die Glocke.
    »Oh, bitte, Sir«, sagte das Mädchen, das daraufhin erschien, »es tut mir wirklich leid, Sir, aber so ist es immer, wenn der Wind im Osten steht. Sie würden sich wundern, wie viele verschiedene Windhauben und Schornsteinkappen wir schon ausprobiert haben. Der Mann war erst heute wieder hier und hat den ganzen Tag daran gearbeitet, Sir, darum wurde auch das Feuer erst vorhin angemacht, aber anscheinend können die überhaupt nichts dagegen machen. Aber in der Schankstube brennt ein schönes Feuer, Sir, wenn Sie mal mitkommen möchten. Es sind auch sehr nette Leute dort, Sir, da werden Sie sich bestimmt wohl fühlen. Es ist noch ein Reisender wie Sie da, Sir, und der alte Mr. Faggott und Sergeant Jukes drüben aus Drabblesford. Ach ja, und dann noch ein Paar mit einem Motorrad und ein Autoreisender, aber die sind alle sehr nett und ruhig, Sir.«
    »Ich habe nichts dagegen«, sagte Mr. Egg liebenswürdig. Aber er nahm sich vor, seine Kollegen vor dem »Schwein und Krug« in Mugbury zu warnen, denn ein Gasthof wird an seinem Besprechungsraum gemessen. Zudem war das Abendessen schlecht gewesen, schlechter, als es mit seiner späten Ankunft noch zu entschuldigen gewesen wäre.
    In der Schankstube sahen die Dinge jedoch besser aus. Auf der einen Seite neben dem gemütlichen Kamin saß der alte Mr. Faggott, ein betagter Landmann, unter dessen schütterem weißem Bart ein langer roter Wollschal herabhing. In der Hand hielt er einen Krug Bier. Ihm gegenüber, ebenfalls mit einem Krug Bier, saß ein großer, breitschultriger Mann, der ganzen Erscheinung nach ein Polizist in Zivil. An einem Tisch vor dem Kamin saß ein aufgeweckt aussehender, dunkelhaariger jüngerer Mann, den Mr. Egg an der neben ihm stehenden robusten Ledertasche sofort als Kollegen erkannte. Er trank einen Sherry. Ein junger Mann und ein Mädchen, beide in Motorradkleidung, saßen flüsternd an einem andern Tisch bei einem Whisky-Soda und einem Glas Portwein. Ein anderer Mann in Hut und Regenmantel bestellte gerade an der kleinen Servierluke ein Guinnes, während in der einen hinteren Ecke, schweigend und durch einen Schlapphut und eine Zeitung halb verborgen, eine unbestimmbare männliche Gestalt saß. Mr. Egg begrüßte die Gesellschaft mit höflichem Respekt und bemerkte dazu, daß es eine häßliche Nacht sei.
    Der Reisende schloß sich dieser Meinung im Brustton der Überzeugung an.
    »Ich hätte heute abend noch bis Drabblesford weiterfahren sollen«, fügte er hinzu,

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