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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Monty in dem Bewußtsein, es jetzt auch durchstehen zu müssen, »die mir soeben gesagt hat, daß sie eine wichtige Aussage zugunsten des Angeklagten machen kann.«
    Die starrenden Augen richteten sich nun auf die Dame, die sofort erschrocken aufsprang, wobei sie ihre Handtasche fallen ließ, und rief: »O Gott! Es tut mir so leid! Ich glaube, ich hätte doch zur Polizei gehen müssen.«
    Der Anwalt, auf dessen Gesicht sich Überraschung, Verärgerung und Erwartung einen seltsamen Kampf lieferten, trat sofort vor. Die Dame wurde nach vorn gerufen, und es folgte eine geflüsterte Beratung, nach welcher der Anwalt sagte:
    »Euer Ehren, ich hatte meinen Mandanten angewiesen, seine Entlastungsargumente zurückzuhalten, doch nachdem nun diese Dame, die ich noch nie zuvor gesehen habe, so großmütig mit ihrer Aussage aufwarten will, die mir die ganze Anklage zu widerlegen scheint, möchten Euer Ehren sie vielleicht lieber auch schon in diesem Stadium anhören.«
    Nach kurzer Diskussion entschied das Gericht, daß es die Aussage anhören wolle, sofern der Angeklagte damit einverstanden sei. So wurde denn die Dame in den Zeugenstand gerufen, wo sie ihren Namen als Millicent Adela Queek angab und vereidigt wurde.
    »Ich bin unverheiratet und arbeite als Kunsterzieherin an der Mädchenmittelschule von Woodbury. Samstag, der 18. war schulfrei, und ich hatte mir vorgenommen, zu einem Picknick ganz für mich allein in den Melbury-Forst zu fahren. Gegen halb zehn brach ich in meinem kleinen Wagen auf. Ich werde wohl eine halbe Stunde bis Ditchley gebraucht haben – ich fahre nämlich nie schnell, und es war soviel Verkehr auf der Straße – äußerst gefährlich. Als ich nach Ditchley kam, bog ich nach rechts auf die Hauptstraße nach Beachampton ab. Nach ein paar Minuten kamen mir Bedenken, ob ich auch genug Benzin hatte. Die Anzeige in meinem Wagen ist nicht sehr zuverlässig, darum hielt ich es für besser, anzuhalten und mich zu vergewissern. Also fuhr ich bei einer Tankstelle an der Straße vor. Ich weiß nicht mehr genau, wo das war, aber es war ein gutes Stück hinter Ditchley – zwischen Ditchley und Helpington. Es war so eines von diesen furchtbar häßlichen Dingern aus knallrot gestrichenem Wellblech. Ich finde, man dürfte gar nicht erlauben, daß so etwas hingestellt wird. Ich bat den Mann dort – es war ein sehr entgegenkommender junger Mann –, mir den Tank zu füllen, und während ich dort stand, sah ich diesen Herrn – ja, ich meine Mr. Barton, den Angeklagten – in seinem Wagen vorfahren. Er kam aus Richtung Ditchley und fuhr ziemlich schnell. Er hielt auf der linken Straßenseite an. Die Tankstelle war auf der rechten Seite, aber ich habe ihn ganz deutlich gesehen. Zu verwechseln war er nicht – sein Bart und die Kleidung, die er trug – das war alles so auffallend. Es war derselbe Anzug, den er auch jetzt anhat. Außerdem fiel mir seine Autonummer auf. Eine eigenartige Nummer, nicht? WOE 1313. Na ja. Nun, und dann klappte er die Motorhaube auf und machte irgend etwas an den Zündkerzen, glaube ich, und dann fuhr er weiter.«
    »Um wieviel Uhr war das?«
    »Das wollte ich Ihnen gerade sagen. Als ich nämlich auf meine Uhr schaute, war sie stehengeblieben. Sehr ärgerlich. Das war sicher von den Erschütterungen des Lenkrads gekommen. Aber ich habe auf die Uhr in der Werkstatt geschaut – da hing eine direkt über der Tür – und darauf war es 10.20 Uhr. Also habe ich meine Uhr danach gestellt. Dann bin ich weiter in den Melbury-Forst gefahren und habe mein Picknick gehalten. So ein Glück, nicht wahr – daß ich gerade da auf die Uhr gesehen habe. Denn später ist meine Uhr dann wieder stehengeblieben. Aber ich weiß, daß es 10.20 Uhr war, als dieser Herr bei der Tankstelle stehenblieb, und darum kann ich mir nicht vorstellen, wie er zwischen 10.15 Uhr und 10.25 Uhr im Cottage dieses armen Mannes einen Mord begangen haben soll, denn das war doch mindestens zwanzig Meilen weit weg – wahrscheinlich sogar mehr.«
    Miss Queek beendete ihre Aussage mit einem kleinen Seufzer und sah sich dann triumphierend in der Runde um.
    Kriminalinspektor Ramages Gesicht war sehenswert.
    Miss Queek erklärte dann weiter, warum sie mit ihrer Geschichte nicht früher herausgerückt sei.
    »Als ich die Beschreibung in der Zeitung las, hab ich mir gleich gedacht, das muß der Wagen sein, den ich gesehen habe – wegen der Nummer – aber ich konnte doch nicht sicher sein, daß es auch derselbe Mann war, nicht? Diese

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