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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Neugier«, antwortete der andere grinsend.
    »Ich schreibe Detektivgeschichten. Aber unser Freund Mr. Egg versteht sich auf die praktische Seite besser.«
    »Nicht doch«, widersprach Monty. »Wir haben alle geholfen. Viele Hunde sind des Hasen Tod, stimmt’s, Mr. Faggott?«
    Der betagte Landmann erhob sich.
    »Die ganze Bude stinkt von dem ekligen Zeug«, knurrte er unwillig. »Kann das Gestinke nicht ausstehen.« Damit humpelte er hinaus und machte die Tür hinter sich zu.

Mord am Morgen
Eine Montague Egg-Geschichte
    »Eine halbe Meile über die Hauptstraße in Richtung Ditchley, dann beim Wegweiser nach links abbiegen«, sagte der Reisende in Wäschemangeln, »aber ich glaube, da vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
    »Je nun«, meinte Mr. Montague Egg gutgelaunt, »ich denke, ich probier’s doch mal bei dem alten Knaben. Wie es im Handbuch des Reisenden heißt: ›Laß nie die kleinste Chance verrinnen, nur wer was wagt, kann was gewinnen.‹ Immerhin soll der Mann doch reich sein, oder?«
    »Er hat seine Matratzen mit Goldstücken ausgestopft, das erzählen sich die Nachbarn«, bestätigte der Reisende in Wäschemangeln grinsend. »Aber die erzählen natürlich viel.«
    »Sagten Sie nicht, er hätte keine Nachbarn?«
    »Hat er auch nicht. War nur so eine Redensart. Also, dann viel Glück dabei!«
    Mr. Egg bedankte sich für die guten Wünsche, indem er seinen schicken Filzhut schwenkte, und ließ still entschlossen die Kupplung kommen.
    Auf der Hauptstraße drängte sich der für Juni übliche Samstagmorgenverkehr – erholungsreife Wochenendtouristen auf dem Weg in den Melbury-Forst oder nach Beachampton –, doch kaum war er an dem Wegweiser mit der Aufschrift »Hatchford Mill – 2 Meilen« in den schmalen Seitenweg eingebogen, befand er sich inmitten tiefster Einsamkeit und Stille, die nur vom gelegentlichen Rascheln eines Karnickels in den Hecken und dem Tuckern seines Morris’ gebrochen wurde. Was immer der geheimnisvolle Mr. Pinchbeck sonst noch sein mochte, eine einsame Seele war er auf jeden Fall, und als Monty nach etwa anderthalb Meilen Feldweg endlich das winzige Cottage erblickte, das weit nach hinten versetzt mitten auf einer verwahrlosten Wiese stand, hielt er es erstmals für möglich, daß der Reisende in Wäschemangeln doch recht gehabt hatte. Mr. Pinchbeck mochte noch so reich sein, ein potentieller Kunde für Weine und Spirituosen aus dem Hause Plummet & Rose in Piccadilly war er höchstwahrscheinlich nicht. Doch eingedenk des Mottos Nr. 5 im Handbuch des Reisenden :
    »Ein Reisender, den man so nennen kann, dreht einem Glatzkopf Kämme an«, stoppte Mr. Egg seinen Wagen am Zugang zur Wiese, hob das durchhängende Gatter an, drückte das vor Altersschwäche knarrende Lattenwerk mit Mühe auf und fuhr über den unebenen, von Schlechtwetterverkehr tief zerfurchten Weg weiter.
    Die Cottagetür war zu. Monty trommelte fröhlich gegen die abblätternde Farbschicht und wunderte sich nicht sehr, als er keine Antwort bekam. Er klopfte noch einmal, dann ging er, da er nach dem weiten Weg nun nicht so rasch aufgeben mochte, ums Haus herum zur Hintertür. Auch dort bekam er keine Antwort. War Mr. Pinchbeck vielleicht ausgegangen? Es hieß, er setze nie einen Fuß aus dem Haus. Mr. Egg, der von Natur aus hartnäckig und neugierig war, ging zum Fenster und spähte hinein. Was er sah, ließ ihn einen leisen Pfiff ausstoßen. Er ging zurück zur Hintertür, drückte sie auf und trat ins Haus.
    Wenn man das Haus eines Menschen mit keiner anderen Absicht aufsucht als der, ihm eine Kiste Whisky oder ein Dutzend Flaschen Portwein zu verkaufen, ist es schon bestürzend, ihn mit eingeschlagenem Schädel auf seinem eigenen Küchenboden liegend vorzufinden. Mr. Egg hatte zwei Jahre an der Westfront gekämpft, aber was er hier sah, gefiel ihm gar nicht. Er deckte es mit dem Tischtuch zu. Dann sah er als methodischer Mensch auf die Uhr: 10.25. Nach einer Denkpause von einer Minute machte er noch einen raschen Rundgang durch das Anwesen, ehe er sich in seinen Wagen setzte und zur Polizei fuhr.
    Die gerichtliche Voruntersuchung des Todes von Mr. Humphrey Pinchbeck fand schon am nächsten Tag statt und endete mit einer Anzeige gegen Unbekannt wegen vorsätzlichen Mordes. In den darauffolgenden vierzehn Tagen verfolgte Mr. Montague Egg mit einem gewissen Unbehagen die Zeitungsberichte. Die Polizei ging einem Hinweis nach. Ein Mann wurde gebeten, sich bei der Polizei zu melden. Der Mann wurde als eine auffallende

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