Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
merkwürdiger, unsteter Ausdruck kam in seinen Blick. »Gottes Mühlen mahlen langsam, aber stetig. Ja ja. Das Schwert Gottes und Gideons. Aber das Blut – das ist immer so irritierend, nicht? Und doch – ich habe meine Hände in Unschuld gewaschen.« Er streckte beide Hände aus und betrachtete sie mit verwundertem Blick.
    »Ach ja – der arme Greeby hat also den Preis für seine Sünden bezahlt. Entschuldigen Sie mich, wenn ich Sie jetzt einfach so stehenlasse – ich habe etwas Dringendes bei der Polizei zu erledigen.«
    Mr. Radeott kniff Monty erneut in den Arm und meinte:
    »Wenn Sie den Mord gestehen und sich stellen wollen, Sir, kommen sie am besten gleich mit uns. Die Polizei treibt sich ganz bestimmt hier irgendwo herum.«
    »Ach so, ja, natürlich. Ja. Sehr aufmerksam von Ihnen. Das erspart mir sehr viel Zeit, und ich habe doch noch ein wichtiges Kapitel fertig zu schreiben. Ein schöner Tag, nicht wahr, Mr. – äh – ich kenne leider Ihren Namen nicht, oder doch? Ich werde so furchtbar vergeßlich.«
    Radeott nannte seinen Namen, und das seltsame Trio wandte sich gemeinsam dem Haupteingang des Colleges zu. Das große Tor war verschlossen, und an der Nebentür stand der Pförtner und neben ihm eine stämmige Gestalt in Blau, die nach ihren Namen fragte.
    Radeott, vom Pförtner ordnungsgemäß identifiziert, präsentierte Monty und sein Empfehlungsschreiben.
    »Und Mr. Temple hier kennen Sie ja. Er möchte mit Ihrem Vorgesetzten sprechen.«
    »Selbstverständlich, Sir«, erwiderte der Polizist. »Sie finden den Kriminalrat im Bogengang … Wieder sein altes Spielchen, wie?« fügte er hinzu, als Mr. Temples kleine Gestalt über den in der Sonne brütenden Großen Hof davonschlurfte.
    »Na klar«, sagte Radeott. »Er hat sofort angebissen. Muß richtig aufregend für den alten Knaben sein, mal einen Mord so nah vor der Haustür zu haben. Wo war denn sein letzter?«
    »In Lincoln, Sir. Letzten Donnerstag. Da hat ein junger Mann seine junge Frau in der Kathedrale erschossen. Am nächsten Tag war Mr. Temple da, kurz vor der Mittagspause, um uns zu erklären, daß er es getan hatte, weil das arme Mädchen die Große Hure war.«
    »Mr. Temple hat nämlich eine Mission in diesem Leben«, erklärte Radeott. »Er ist das Schwert Gottes und Gideons. Jedesmal, wenn in dieser Gegend ein Mord begangen wird, bekennt Mr. Temple sich dazu. Es wird dann zwar mit schöner Regelmäßigkeit bewiesen, daß sein Körper, während die Bluttat geschah, entweder friedlich im Bett oder in der Bodleiana war, doch für einen idealistischen Philosophen ist so etwas nicht unbedingt ein Hindernis. Was ist aber nun wirklich mit unserm Rektor passiert?«
    »Also, Sir, Sie kennen doch den kleinen Durchgang zwischen dem Bogengang und dem Haus des Rektors, ja? Heute morgen um zwanzig nach zehn wurde Dr. Greeby dort tot gefunden. Sein Vorlesungsmanuskript war rings um ihn her verstreut, und neben seinem Kopf lag ein Wollsocken mit einem Ziegelstein darin. Er hatte um neun Uhr im Hauptgebäude eine Vorlesung gehalten, und soweit wir feststellen können, hat er den Vorlesungssaal als letzter verlassen. Kurz nach zehn ist eine Gruppe von Amerikanern durch den Bogengang gekommen; die haben wir ausfindig gemacht, aber sie sagen, um die Zeit war dort niemand, jedenfalls haben sie niemanden gesehen – aber der Mörder kann sich natürlich in dem Durchgang herumgedrückt haben, Sir, denn da sind sie bestimmt nicht durchgegangen, sondern durch den Bonifatiusweg zum Innenhof und zur Kapelle. Einer von den jungen Herren sagt, er hat den Rektor um fünf nach zehn über den Großen Hof auf den Durchgang zugehen sehen, so daß er etwa zwei Minuten später dort gewesen sein muß. Der Professor für Morphologie ist um zwanzig nach zehn da durchgekommen und hat die Leiche gefunden, und als fünf Minuten später der Arzt da war, hat er gesagt, Dr. Greeby ist seit ungefähr einer Viertelstunde tot. Somit wäre die Tat ungefähr um zehn nach zehn geschehen, Sir.«
    »Wann haben die Amerikaner die Kapelle verlassen?«
    »Ha, das ist es ja, Sir!« antwortete der Konstabler. Er schien sehr bereitwillig zu antworten, woraus Mr. Egg völlig richtig schloß, daß Mr. Radeott bei der Oxforder Polizei wohlbekannt und wohlgelitten war. »Wenn die Leute durch den Bogengang zurückgekommen wären, hätten sie uns vielleicht etwas erzählen können. Aber da sind sie nicht zurückgekommen, sondern durch den Innenhof weiter in den Garten gegangen, und der Küster hat die

Weitere Kostenlose Bücher