Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
aus?«
»Na ja, vielleicht halten sie's aus, oder nicht«, antwortete der Schleusenwärter. »Aber wir kriegen heutzutage nicht viel Wasser her. Ich hab gehört, unter Oliver Cromwell sei das anders gewesen, aber jetzt kriegen wir nicht mehr viel.«
Wimsey war sich der ständigen Einmischungen des LordProtektors in die Angelegenheiten der Fenmoorbevölkerung wohl bewußt, fand aber den Vorwurf in diesem Falle etwas ungerechtfertigt.
»Die Schleuse wurde von den Holländern gebaut, nicht?« meinte er.
»Ha!« pflichtete der Schleusenwärter ihm bei. »Ja, die haben das Ding gebaut. Um das Wasser wegzuhalten. Unter Oliver Cromwell ist das Land jeden Winter überschwemmt gewesen, heißt es. Da haben sie die Schleuse gebaut. Aber viel Wasser kommt heutzutage nicht hier rauf.«
»Das wird sich aber ändern, wenn erst der Neue Kanal fertig ist.«
»Ha! Das heißt es, ja. Aber ich weiß nicht. Die einen sagen, es ändert sich nichts. Und die andern sagen, das ganze Land um Walbeach herum wird absaufen. Ich weiß nur, daß sie'n Haufen Geld dafür ausgeben, und wo kommt das her? In meinen Augen war alles gut so, wie's war.«
»Wer ist denn für den Neuen Kanal zuständig? Das Moorentwässerungsamt?«
»Nein, die Wale-Flußaufsicht, die ist zuständig.«
»Aber denen muß doch auch der Gedanke gekommen sein, daß die Schleuse davon betroffen werden könnte. Hätten sie das nicht alles in einem Aufwasch machen können?«
Der Schleusenwärter sah Wimsey lange an, und Mitleid ob dessen offenkundiger Begriffsstutzigkeit zeigte sich in seinem Blick.
»Ich sag's Ihnen doch! Die wissen nicht, wer dafür zahlen soll, die Moorentwässerung oder die Flußaufsicht. Ha!« Und ein Unterton von Stolz mischte sich in seine Stimme. »Fünf Prozesse haben sie wegen der Schleuse schon geführt. Ha! Einer ist sogar bis zum Parlament gekommen. Hat 'ne Menge Geld gekostet, sagen sie.«
»Ich find's jedenfalls lächerlich«, sagte Wimsey. »Und dabei laufen so viele Arbeitslose herum. Kommen hier viele durch, die auf Arbeitssuche sind?«
»Manchmal ja, manchmal nicht.«
»Ich kann mich erinnern, hier auf dem Uferweg so einem begegnet zu sein – letztes Neujahr war das. Der sah mir ein bißchen nach einem üblen Kunden aus.«
»Ach, der! Ja. Der ist bei Ezra Wilderspin untergekommen, aber davon hat er bald genug gehabt. Keine Lust zum Arbeiten. Haben die fast alle nicht. Hier bei mir ist er reingekommen und hat um eine Tasse Tee gefragt, aber ich hab ihn rausgeschmissen. Der war nicht scharf auf Tee. Der nicht! Die Sorte kenne ich.«
»Er kam sicher von Walbeach?«
»Ich denke, ja. Hat er wenigstens gesagt. Angeblich hat er Arbeit am Neuen Kanal gesucht.«
»Oho! Zu mir hat er gesagt, er sei Automechaniker.«
»Ha!« Der Schleusenwärter spuckte noch einmal ins Wasser. »Die erzählen einem doch alles.«
»Mir sah er so aus, als ob er schon ziemlich viel mit den Händen gearbeitet hätte. Warum sollte es am Kanal keine Arbeit für solche Leute geben? Das denke ich die ganze Zeit.«
»Ja, Sir, so was sagt sich leicht. Aber es sind so viele arbeitslos, die was gelernt haben, da brauchen sie solche wie den gar nicht zu nehmen. So ist das nämlich.«
»Nun ja«, meinte Wimsey, »ich finde trotzdem, daß die Moorentwässerung und die Flußaufsicht und die Kommission gemeinsam doch ein paar dieser Leute von der Straße holen und Ihnen eine neue Schleuse geben könnten. Aber eigentlich geht mich das nichts an, und ich muß jetzt auch weiter.«
»Ha!« machte der Schleusenwärter. »Neue Schleuse! Ha!«
Er blieb weiter am Geländer stehen und spuckte gedankenverloren ins Wasser, bis Wimsey und Bunter wieder beim Wagen waren. Dann kam er ihnen nachgehumpelt.
»Was ich noch sagen will«, meinte er und lehnte sich so beflissen an die Wagentür, daß Wimsey in Befürchtung feuchter Geschosse rasch die Füße fortzog, »ich meine, warum gehen die damit nicht gleich nach Genf? Verstehen Sie? Warum gehen die nicht nach Genf damit? Dann kriegen wir die Schleuse vielleicht, dann kriegen wir sie zugleich mit der Abrüstung, verstehen Sie?«
»Haha!« machte Wimsey in der berechtigten Annahme, daß dies Ironie sein sollte. »Das ist gut! Muß ich meinen Freunden erzählen. Gut, was? Warum gehen sie nicht nach Genf damit? Haha!«
»Richtig«, sagte der Schleusenwärter und wiederholte, damit die Pointe auch ja nicht verlorenging: »Warum gehen sie nicht nach Genf damit? Verstanden?«
»Köstlich!« sagte Wimsey. »Das vergeß ich nie.
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