Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Ruhe gesetzt, ihrs ist das Haus den Weg bei Datchetts rein. Drei Jahre wohnt sie jetzt da, oder noch länger.»
«Wenn sie hier in der Gegend Spione gesehen hat, sollte sie das melden», bemerkte Mrs. Trapp, während sie ein mehlbestäubtes Tuch über ihre Backformen breitete.
«Das hab ich ihr auch gesagt!», erwiderte Mrs. Ruddle. «Ich sage, melden Sie das besser einem von den Offizieren auf dem Flugplatz, dass die hinter Gitter kommen. Sagt die, sie weiß schon, wem sie es melden will, wenn sie erst so weit ist. Man kann nicht jedem trauen, sagt sie, bloß weil er eine R.A.F.Uniform anhat.»
«Sie sollten ihr sagen, dass es ihre Pflicht und Schuldigkeit ist, wenn sie etwas weiß, Mrs. Ruddle», sagte Mrs. Trapp. «Sie muss es der Polizei melden.» «Dass das viel helfen täte, glaub ich ja nicht!», rief Mrs. Ruddle.
Harriet erinnerte sich an den alten Groll der Familie Ruddle gegen einen Dorfpolizisten, dessen Platz schon vor einiger Zeit jemand anders eingenommen hatte. «Sie haben wohl sehr viel zu tun, Mrs. Ruddle?», erkundigte sie sich sanft. «Zurzeit sind alle so furchtbar eingespannt.»
«Wie? O ja, ich kann nicht den lieben langen Tag bei einem Schwatz mit Mrs. Trapp vertrödeln.» Mrs. Ruddle wuchtete sich mühsam aus dem Sessel. «Ich wünsch Ihnen noch einen guten Vormittag und bin schon fort.»
«Hat sie etwas Bestimmtes gewollt, Mrs. Trapp?», fragte Harriet, nachdem sich die Tür hinter Mrs. Ruddle geschlossen hatte.
«Sich eine Tasse Zucker borgen und über den Mord reden. Es ist scheußlich, ich weiß, aber … ich muss gestehen, Mylady, ich habe zu ihr gesagt, wo der Zucker jetzt rationiert ist, hätten wir nichts über.» «Sehr richtig, Mrs. Trapp. Losgeworden sind Sie sie so aber nicht?»
«Die doch nicht! Hat hier so lange herumgehockt, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als Tee zu machen. Von wegen Zucker! Zum Tratschen ist sie hergekommen!»
«Apropos Zucker», sagte Harriet auf das Stichwort, «wäre es sehr viel von Ihnen verlangt, einen Kuchen zu zaubern? Ich muss mich mit den Damen vom Landdienst gutstellen.»
«Einen Früchtekuchen, Lady Peter?»
«Das wäre toll. Kriegen wir das hin?»
«Den Zucker kann man mit geriebenen Mohrrüben strecken. Das schmeckt kein Mensch heraus.» «Mrs. Trapp», sagte Harriet gerührt, «Sie sind wundervoll, und ich wüsste nicht, was wir ohne Sie täten.»
«Ach, kommen Sie, Mylady», erwiderte Mrs. Trapp.
Um fünf Uhr nachmittags, den Kuchen von Mrs. Trapp in einer schottenkarogeschmückten Blechdose, die einst Shortbread enthalten hatte, machte Harriet ihre Aufwartung in den Stallungen, wo das Gespann Helferinnen von Bauer Bateson logierte. Es wurde schon dunkel, und sie nahm an, die Mäd chen würden zu Hause sein und sich etwas zu essen machen. Und in der Tat saßen sie zu acht in der ehemaligen Sattelkammer um einen alten Tisch und bereiteten ihr Abendbrot aus Bohnen und Kartoffeln zu. Der Raum hatte das behelfsmäßige Flair eines Pfadfinderinnenlagers. Unter den Dachbalken baumelten Sturmlaternen, und rund um den kleinen Kanonenofen, der in früheren Wintern die Stallburschen vor dem schlimmsten Frost geschützt hatte, hingen an kreuz und quer gespannten Leinen Kleider zum Trocknen. An der Wand gegenüber der Tür prangte ein Plakat des Ministeriums mit einer lachenden, gesund aussehenden jungen Frau, die eben eine Getreidegarbe auf einen leuchtend grünen Laster hob und «Reich uns auf dem Land die Hand» forderte, daneben hing eine eigene Kreation mit dem Spruch «Gott schütze den Pflug und die Frau, die ihn zieht».
«Dürfte ich kurz stören?», fragte Harriet. Ein robust aussehender Rotschopf antwortete. «Na, kuck einer an, was uns der Wind da hereingeweht hat!» Eine Blondine, die am Tisch gelesen hatte und nun die Zeitung sinken ließ, sagte: «Benimm dich, Rita. Sie sind doch Lady Peter, nicht wahr? Nehmen Sie Platz.»
Harriet rückte einen Stuhl zurecht und setzte sich. Unwillkürlich registrierte ihr Blick die Schlagzeile: «Neuer sowjetischer Vorstoß zwingt Finnen zurück.» «Was sind wir wieder vornehm!», sagte Rita und verdrehte die Augen. «Lady Pietah, welche Ehre.» «Hält sich in Grenzen», sagte Harriet knapp. «Ich habe über meinem Stand geheiratet. Mein Vater war der hiesige Arzt. Ich bringe Ihnen einen Kuchen.» Sie nahm den Deckel von der Dose. Der Kuchen war noch warm, und ein herrlich fruchtiger Duft stieg auf. Harriet ertappte sich bei dem hoffnungsvollen Wunsch, Mrs. Trapp möge noch
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