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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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von Peter: als erstes, wie er sie Königin Aholiba rief, während er wild auf einem Stuhl ritt wie auf einem Schaukelpferd, darauf folgte ein Augenblick von solcher Tiefe und Stille zwischen ihnen beiden … und im nächsten Moment war die arme Miss Twitterton dazwischengeplatzt und hatte ge schluchzt, dass sie es nicht ertrage. Ein so intensives Glücksgefühl hatte über diesem Augenblick gelegen, dass es sowohl für die, die von ihm ausgeschlossen waren, als auch für diejenigen, die es einschloss und umfangen hielt, unerträglich war. Einen solchen Augenblick auch nur ein einziges Mal erlebt zu haben war schon genug.
    Harriets Träumerei wurde unterbrochen, als sie die letzte Wegbiegung nach Talboys nahm und auf Polly stieß, die an einem Flügel des Tors hin- und herschwang und sie erwartete. Polly war ein hübsches Kind, sehr viel mehr Wimsey als Parker: mit dem blonden Haar, den porzellanblauen Augen und dem betont entschlossenen Gesichtsausdruck ihrer Mutter war sie vom Äußeren her ein völlig anderer Typ als ihr Vater mit der breiten Stirn und den dunklen Haaren. Sie stand auf der Schwelle zwischen kleinem Kind und nicht mehr ganz so kleinem Kind. Und Harriet machte durch sie eine neue Erfahrung, als sie, wenn auch widerstrebend, feststellen musste, dass die Tochter von Charles und Mary einen verständigen Zug in ihrem Wesen hatte, den Harriets eigene Söhne nicht an den Tag legten. Töchter waren eben doch anders.
    «Tante Harriet, könntest du Charlie nicht mit seinem Detektor helfen? Das könntest du doch?» «Geht er wieder nicht?», fragte Harriet. «Wie ärgerlich! Na gut, ich versuche es, aber wahrscheinlich mache ich ihn eher ganz kaputt.»
    «Er regt sich immer so auf», erklärte Polly, «und wenn er sich aufregt, ist er unausstehlich. Wir wollen im Wald Pilze suchen gehen, und Sadie sagt, wir dürfen nicht, wenn Charlie nicht mitkommt und aufpasst, und Charlie will nur …»
    «Ich schau mal, was ich tun kann», sagte Harriet.

    Sie konnte nichts mehr tun, denn der Empfänger hatte sich geheimnisvollerweise selbst repariert, als sie dazukam. Und wenn Charlie ihn natürlich, dämmerte es ihr, auf den Home Service einstellte, war das die Erklärung dafür, dass Bredon von Bombenschäden wusste. Sollte Sie das Gerät einziehen? Sie hätte großen Kummer zu verantworten, wenn sie das täte. Nein. Sollte sie dafür sorgen, dass Charlie die jüngeren Kinder keine Furcht einflößenden Nachrichten hören ließ? Merkten die denn, was Furcht einflößend war? Erfassten sie wohl überhaupt, wie ernst die Lage war? Vielleicht würde es einen viel beängstigenderen Effekt haben, wenn sie versuchte, sie von dem Gerät fern zu halten, als wenn sie sie einfach gewähren ließ.
    Trotzdem versuchte sie es mit ein wenig moralischer Unterstützung. «Hörst du viel Nachrichten, Charlie?», fragte sie ihn.
    «Nicht so viel», antwortete er. «Einmal am Tag vielleicht.»
    «Du weißt doch, dass wir diesen Krieg gewinnen, Charlie, ganz gleich, wie schlimm die Nachrichten an manchen Tagen auch sein mögen.»
    «Ich weiß», sagte er unbekümmert.
    Sie aber hatte ihn um Haaresbreite angelogen. Die Schwierigkeiten im Zusammenleben mit Kindern lagen auf ganz anderer Ebene, als sie erwartet hätte. Für sich genommen waren sie in ihren Augen genau so interessant wie eine Gruppe Erwachsener. Sie empfand nicht die geringste Langeweile, obwohl ihr natürlich klar war, dass es schon recht ermüdend wäre, hätte sie nicht die helfenden Hände, durch die sie sich auch einmal ungestört zurückziehen konnte. Problematisch war eher etwas anderes: Man musste jederzeit damit rechnen, dass sie einen vor ein schweres moralisches Dilemma stellten – ein schicksalsschweres kosmisches Spiel, bei dem der Einsatz in der eigenen Glaubwürdigkeit bestand und man sich nicht zwischen Wahrheit und Wagnis zu entscheiden hatte, sondern zwischen Wahrheit und Seelenfrieden, wie in dem kurzen Gespräch mit Charlie eben. Die Entscheidung hieß Gerechtigkeit für alle oder Schutz der Schwächsten, wie neulich, als Bredon gegen den kleinen Paul konterte, weil der mit Ziegeln geschmissen hatte.
    Zumindest durfte sie sich auf das Wochenende freuen, wenn die Parker-Kinder ein paar Tage lang die eigenen Eltern vor moralische Herausforderungen stellen konnten.

    Harriets Besuch bei Miss Twitterton endete mit einer Überraschung. Miss Twitterton war in ihrer Küche, wo sie Getreide in braune Papiertüten abwog. «Früher haben sie an einem einzigen Tag

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