Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
Vom Netzwerk:
Eintreten lief ihr ein Schauder den Rücken hinunter, aber es war zunächst überhaupt nichts zu sehen, als sie in die Dunkelheit blinzelte. Es roch recht sauber und angenehm, da lauter Strohballen an die Wände gestapelt waren. An der hinteren Wand standen einige Eimer und eine flache breite Wanne. Ihre Augen hatten sich an das Halbdunkel gewöhnt, als das Gezwitscher aufgestörter Fledermäuse ihren Blick nach oben lenkte. Der Schuppen war mit einer soliden Dachbalkenkonstruktion versehen, und da hing die besagte Gerätschaft, direkt über ihr. Es war ein komplizierter Aufbau, und Harriet brauchte einen Moment, um ihn zu begreifen. Ein wuchtiger Betonblock, etwa einen Meter im Kubik, mit einem Ring auf der Oberseite, stand auf einer hölzernen Galerie. Vom Ring, gut festgeknotet, lief ein Seil zu einer großen Rolle, die am Bundbalken befestigt war. Der Rest des Seils hing an einem Firstbalken lose an einem Haken. Harriet langte nach oben und nahm das Seil vom Haken, auseinander gerollt reichte es bis auf den Boden hinunter. Eine geknüpfte Schlinge legte sich zu ihren Füßen, und jetzt sah sie, dass ein Kreis auf dem Ziegelfußboden die Stelle markierte. Wenn der Betonblock aus seiner Position gebracht wurde und herunterfiel, wurde das, was in der Schlinge gefangen war, mit einem Ruck hochgezogen und aufgehängt. Und tatsächlich, im Schummer des Dachstuhls konnte sie jetzt erkennen, dass die Galerie unter dem Betonquader eine Klappe hatte, die blockiert war. Wenn man die Blockierung löste … sie schauderte und trat einen Schritt zurück.
    «Das sollte wieder hin, wo keiner rankommt», sagte eine Stimme hinter ihr. «Hier spielen Kinder.» Harriet drehte sich um und erkannte Sam Bateson, der in der Tür des Schuppens stand und sie beobachtete. «Oh, Sam», sagte sie.
    «Ich dachte, ich schau mal nach, ob Sie sich auch nichts getan haben», sagte er. «Wir sollen hier nicht rein.»
    «Das ist auch richtig so!» Sie rollte das Seil zusammen und hängte es wieder an den Balken, hoch genug, damit die Kinder nicht heranreichten. «Ich mache ein Schloss an die Tür.»
    «So gefährlich ist es auch wieder nicht», entgegnete er. «Man hört es. Es würde gleich jemand kommen.» «Kann man die Geräusche bis Talboys hören?», erkundigte sie sich. «Regt es dann nicht die Kinder auf, wenn sie das Schwein lieb gewonnen haben, meine ich?»
    «Man hört ein Krachen und einen Rums», erklärte er ihr. «Das Schwein ist nicht zu hören. Es saust an den Hinterbeinen hoch, und der Schlachter kommt von rückwärts und schneidet ihm die Kehle durch, bevor es quiekt. Das Schwein merkt gar nichts. Ehrenwort.» Etwas schien ihn zu beschäftigen, und Harriet begriff, dass er befürchtete, sie könnte ihr Veto für Ferkel Göring einlegen, aus Angst, das Tier müsste leiden. Schon plapperte er weiter. «Einmal war ein Schlachter da, da hat man das Schwein quieken hören, und Papa hat getobt. Er hat gesagt, das ist unmenschlich und unnötig. Den nehmen wir nie wieder. Ein Freund von unserem Onkel hat einen Hof oben in Louth. Der lässt sich von einem Gemüselaster mitnehmen, wenn wir ihn brauchen, und bei ihm geht's wie der Blitz.»
    «Gut, Sam, ich glaube es ja», Harriet musste über den Beschützerinstinkt dieses Jungen lächeln. Sam hatte aufgepasst, dass sie sich nicht im Seil verhedderte, und nun sah er noch zu, dass sie keine Albträume bekam. Und er konnte Radiodetektoren zum Laufen bringen! Wie alt war dieser Tugendheld? Zwölf? Er mochte sogar jünger sein, Bauernkinder bekamen reichlicher zu essen als viele der Landverschickten, und jetzt, wo sie alle zusammen in die Dorfschule gingen, hatte man den direkten Vergleich. «Danke, dass du Charlies Radio repariert hast», sagte sie. «Das hab ich gar nicht», antwortete er. «Es ist wie mit Papas blöder Erntemaschine – mal geht sie, mal geht sie nicht. Wenn man sie braucht, ist sie immer kaputt, dann kommt Jake Datchett zum Reparieren, und sie geht wieder, und wenn er weg ist, ist sie wieder hin.»
    «Das ist ja wirklich wie verhext», sagte Harriet in mitfühlendem Ton. Sam schien entschlossen, sie bis zu ihrer Haustür zu geleiten. «Ich habe ein Buch darüber, wie man feindliche Flugzeuge erkennt», sagte er. «Das kann ich alles auswendig, obwohl ich für die Luftbeobachtung noch zu jung bin. Ich hab aber auch noch kein feindliches Flugzeug gesehen. Ich kann's kaum erwarten!»
    «O doch, Sam, das kannst du», sagte sie. «Und je länger du warten musst, desto

Weitere Kostenlose Bücher