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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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rostig, einige fehlten. «Da müsste man aber einen großen Durst haben, würde ich sagen», meinte Harriet.
    «Vor allem müsste man wohl ein Seil von oben runterhängen haben, denk ich», erwiderte Mr. Gudgeon. «Das schauen wir uns mal von draußen an.» Draußen, im überwucherten Obstgarten hinter dem Pub, war das obere Ende des Schachtes nicht leicht zu finden. Er mündete in ein dichtes Brombeergebüsch, sodass er kaum zu sehen war. Doch zu Harriets Überraschung lag unter einem schiefen Apfelbaum, halb unter Brennnesseln verborgen, ein zusammengerolltes Seil.
    «Wann hat das letzte Mal Bier gefehlt, Mr. Gudgeon?», fragte sie.
    «Ist schon eine Weile her. Noch vor dem Krieg.» Harriet dachte angestrengt nach. War das Seil in letzter Zeit benutzt worden? Sie hielt nach dem verräterischen Ring aus gelbem Gras Ausschau, der zu sehen sein müsste, wenn es von der Stelle bewegt worden war, doch sie konnte nichts erkennen. Das Gras wuchs aber zu dieser Jahreszeit auch schnell. Herabgefallene Blätter, die auf dem Seil lagen? Grashalme, die zwischen den Strängen hindurchwuchsen? Nein. Ganz auszuschließen war es also nicht, dass das Seil vor vierzehn Tagen um den Baumstamm gebunden gewesen war, um jemandem den Aufstieg aus dem Keller zu ermöglichen. Gegebenenfalls sogar den Aufstieg und die Rückkehr. Wie hatte der Jemand aber sicher sein können, dass ihn keiner sehen würde, während er sich zwischen den Fässern am Seil hochzog?
    So etwas kam nur in schlechten Kriminalgeschichten vor, dachte sie. Bei einem Mord, dessen Ausführung zwar denkbar war, aber unmöglich geplant werden konnte. Es hätten, rein theoretisch, einige Menschen im Kellergewölbe der Krone merken können, dass Wendy Percival nicht da war, dass sie womöglich noch auf dem Weg zum Schutzraum gewesen war und sich nun oben allein aufhielt. Aber in diesem Fall hätte doch das Seil im Voraus präpariert werden müssen. Das Ganze ergab keinen Sinn.
    «Das nehme ich wohl lieber an mich.» Mr. Gudgeon hängte sich das aufgerollte Seil über die Schulter. «Sicher ist sicher.»
    «Apropos Sicherheit», sagte sie auf dem Rückweg durch den Obstgarten, «kann mit der Öffnung denn nichts passieren? Könnte nicht jemand hineinfallen?» «Wenn er sich erst durchs ganze Brombeergestrüpp kämpft, dann wohl», sagte Mr. Gudgeon. «Paar schöne Schrammen gäb's als Andenken.» «War die Stelle immer so zugewachsen?»
    «Ist schlimmer geworden, seit sie Clive Martin eingezogen haben», sagte Mr. Gudgeon. «Der hat's mir ab und zu geschnitten.»
    «Und jeder kennt den Schacht?»
    «Wer von hier ist, sollte davon wissen. Wie ich noch Kind war, hat's Mutproben gegeben.»
    Harriet bedankte sich bei ihm und hakte den Punkt in Gedanken ab. Der Mörder, wenn er denn wirklich diesen Weg gewählt hätte, um an zwei Orten gleichzeitig zu sein, müsste sich eindeutig Hände und Gesicht zerkratzt haben. Und dünn und behände müsste er auch sein. Punkt zwei von Charles' Liste führte in eine Sackgasse. Die Möglichkeit war auszuschließen.

    Am nächsten Morgen wurde Archie Lugg in der Talboys-Küche vorstellig, er habe gehört, es würden Regale gebraucht. Harriet ging mit ihm auf den Treppenabsatz hinauf und zeigte ihm die Nische, in der noch ein paar Bücher aus London untergebracht werden konnten, wenn sie von oben bis unten mit Regalbrettern bestückt wäre.
    Archie sagte: «Die Arbeit selber ist kein Problem – ein Kinderspiel, Mylady. Aber mit den Brettern sieht's anders aus. Ich kriege kein Stück ordentliches Holz, für Geld und gute Worte nicht.»
    «Ach, na schön, dann muss es eben ohne gehen», erwiderte Harriet. «Schade, aber es ist auch kein Weltuntergang.»
    «Ich könnte vielleicht», sagte Archie nachdenklich, «die Bretter aus dem alten Kleiderschrank nehmen, den ich neulich beim Wohltätigkeitsbasar erstanden habe. Da sind sechs gute Mahagonibretter drin, die lang genug sein könnten. Ich muss mal messen.» «Mahagoni ist ein bisschen nobel, meinen Sie nicht, Archie? Ich dachte daran, die Bretter weiß zu streichen. Ist es nicht schade, einen alten Kleiderschrank dafür zu opfern?»
    «Gar nicht», sagte er. «Zwei Türen sind kaputt, und die Rückwand ist durchgekracht. Einen Shilling und sechs Pence habe ich dafür bezahlt, nur wegen der Bretter. Und es ist alles, was ich Ihnen anbieten kann, Mylady. Die Zeiten sind vorbei, wo man die Wahl hatte.»
    «Gut, Archie. Aber dann streichen wir sie lieber nicht.»
    «Ein bisschen Bootslack, und die

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