Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
Vom Netzwerk:
haben, wenn sich dann herausstellt, dass damit doch irgendwelche Lorbeeren zu ernten gewesen wären.»
    «Bei wem liegt denn das Oberkommando?» «Gute Frage. Ich kann dir nicht einmal sagen, bei wem es liegen sollte. Die Sache ist die, Harriet, England ist voll von sehr hochrangigen Leuten, die beim letzten Mal dabei waren und sich jetzt mit Begeiste rung freiwillig melden, aber für den aktiven Dienst zu alt sind. Die machen den Rekrutierungsoffizieren das Leben schwer und ziehen sämtliche vorhandenen Strippen. Ihnen brennt gleich eine Sicherung durch, wenn man ihnen vorschlägt, sie könnten doch bei der Heimwehr mittun …»
    «Woran erinnert mich das bloß?», sagte Harriet. «Die meisten von denen können nicht eine Fremdsprache», sagte Peter lächelnd. «Was soll man nun mit ihnen anfangen? Keiner will sie unter seinem Kommando haben, Eigensinn und Befehlsverweigerung winken garantiert. Also gibt man jedem Einzelnen grünes Licht, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, irgendeine spinnerte kleine Einheit, die dieses oder jenes zur Aufgabe hat. Spionageabwehr an der Heimatfront scheint ein besonders geeignetes Feld zu sein. Sie werden auf Geheimhaltung eingeschworen, und man hört nie wieder etwas von ihnen. Den Federfuchsern in Whitehall kommen sie nicht mehr in die Quere, und Gott allein weiß, auf welcher Fährte sie sind. Es wimmelt in England von diesen Leuten. Und deshalb ist es wahrscheinlich nicht leichter herauszufinden, ob der falsche Brinklow von unserer Seite enttarnt und beseitigt wurde oder aber ob der Feind ihn auf dem Gewissen hat.»
    «Weißt du, Peter, mir ist noch etwas anderes durch den Kopf gegangen. Nach allen drei bisherigen Theorien war das Motiv in jedem Fall etwas, was der vermeintliche Brinklow sozusagen nach seinem Tod getan hat. Was ist denn aber mit der Zeit vor seinem Ableben? Könnte nicht der echte Alan Brinklow einen Todfeind gehabt haben?»
    «Nach dem Motto ‹Vergessen wir die Maske und schauen wir uns das Original an›?»
    «Es gab ja schließlich auch einen echten Mann, oder? Er wurde wohl nicht aus dem Nichts erschaffen?» «Nein, sicher nicht. Und den Verantwortlichen fehlte die Zeit, Brinklows Leben zu durchleuchten. Soweit ich weiß, wurde in dieser Richtung überhaupt nichts unternommen. Der Clou ist an Bord eines Schiffes ausgeheckt worden, das eine Leiche aus der See gezogen hatte. Und jeder Bericht darüber hätte womöglich die Aktion gefährdet.»
    «Und was glaubst du, was hier in England dann daraus gemacht wurde?»
    «Etwas ganz Gewöhnliches. Ein Flight Lieutenant startet zu einem gefährlichen Einsatz und kommt nicht zurück. Er wird als vermisst gemeldet.» «Vermisst, wahrscheinlich tot?»
    «Wenn ein paar Stunden um sind, ja. Ich weiß nicht, wie lange man wartet.»
    «So wird es auf die Tafel geschrieben, und das sagt man den Angehörigen? Und später, als man ihn tot wusste, hat es ihnen auch niemand gesagt?» « Wir wissen ihn tot, aber sonst niemand. Es wurde keine Leiche geborgen. Sein Name erscheint auf keiner Rot-Kreuz-Liste von Kriegsgefangenen. Die Familie hat keinen Brief von ihm bekommen. Er hat sich einfach in Luft aufgelöst, wie viele andere auch.» «Weißt du, Peter, das ist die absolute Hölle. Man muss das Schlimmste befürchten und kann sich ihm trotzdem nicht stellen, weil es ja noch ein Fünkchen Hoffnung gibt. Man weiß einfach nichts. Man weiß nicht, ob man sich für ein Begräbnis wappnen soll oder Marken für ein Fest sparen. Man bleibt ohne Begräbnis. Es erscheint mir unheimlich grausam, zu wissen, dass jemand tot ist, und es den Seinen nicht zu sagen.»
    «Grausam? Vielleicht ist es das. Aber es muss sein. Indem dieses Unternehmen geheim gehalten wurde, wurden Menschenleben gerettet, Harriet. Es hat die Deutschen ihre Truppen von einem Ort an einen anderen verlegen lassen und uns damit einen sehr wichtigen unauffälligen Rückzug ermöglicht. Wenn es grausam war, wird es durch das Ergebnis mehr als aufgewogen.»
    «Das verstehe ich. Kann man es denn jetzt der Familie sagen?»
    «Noch nicht. Es würde die Deutschen auf die Idee bringen, dass sie einen Agenten verloren haben.» «Auf die Idee werden sie ohnehin bald kommen, wenn sie nichts mehr von ihm hören, oder?» «Nicht unbedingt. Der falsche Brinklow war sicherlich ein ‹Schläfer›, der sich so lange unauffällig verhält, bis er durch ein bestimmtes Signal aktiviert wird. Wenn wir unsere Karten geschickt ausspielen, merken sie erst, dass er nicht mehr da ist, wenn

Weitere Kostenlose Bücher