Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
begann er seufzend. „Sie sollten sich überlegen, was Sie sagen. Wenn ich einmal Chefredakteur bin, werde ich den schönen roten Stuhl, auf dem sie ihren Po gesetzt haben, mit einer brünetten Schönheit belegen. Hätten Sie nun die Güte, Karl anzurufen und mich anzumelden?“
Der schmale Strich, der ihren Mund darstellte, verkürzte sich. Rasch langte sie über die Tastatur nach dem Hörer und wählte die eins. Die Kurzwahl für den Chef.
„Ich liebe ihr Korsett.“ flüsterte Johannes, während es im Hörer tutete. „Es passt sehr gut zu ihrer Augenfarbe.“ Frau Uhrig mühte sich, so zu tun, als hätte sie ihn nicht gehört. Er grinste in sich hinein. Es war nun einmal der liebste Zeitvertreib, Frau Uhrig zu foppen. Sie ging schließlich jedes Mal darauf ein.
„Guten Tag, Herr Mührer.“ sprach sie in den Hörer, als das Tuten abrupt endete.
„Herr Fontik ist hier und sagt, er wolle sie treffen. Kann ich ihn hoch schicken?“ Sie wartete eine Antwort ab, dann legte sie auf und deutete auf den Fahrstuhl.
„Bitte, er erwartet sie.“ sagte sie mit gespielter Freundlichkeit.
„Es war mir wie immer eine Ehre, Sie getroffen zu haben.“ verabschiedete sich Johannes von ihr. „Essen Sie nicht zu viel Fleisch, das bekommt Ihrer Haut sehr schlecht.“
Die Lippen hatten sich wieder zu einem engen Spalt verzogen. Anscheinend kämpfte sie damit, nicht in der Empfangshalle zu weinen. Das würde ihr gar nicht bekommen. All die Leute!
Mit einem kleinen Lied auf den Lippen lief er zum Fahrstuhl. Es störte ihn nicht, dass er dabei den Elektriker umrannte, der seine Glühbirnen verlor. Ein riesiges Scheppern folgte ihm in den kleinen Aufzug hinein.
„Huch.“ sagte er grinsend. Der Mann in dem blauen Arbeitsanzug sandte ihm einen bösen Blick hinterher, dann schlossen sich auch schon die Türen mit einem leisen Klingeln.
Eine schlaffördernde Melodie begleitete ihn nach oben. Johannes lehnte sich lässig gegen die kleine Bank im hinteren Teil des Aufzugs und summte mit. Im zwölften Stock klingelte es erneut und die Türen öffneten sich. Der Gang zum Büro des Chefs gähnte ihm entgegen. Der rote Teppich passte perfekt zu den vergoldeten Rahmen an der Wand. Er hatte sich sagen lassen, dass es ein Innenraumausstatter allein war, der die Etage des Chefs gestaltet hatte. Und zwar ein nicht allzu knauseriger. Das betraf sowohl sein Gehalt, als auch die Materialien.
Johannes ließ sich Zeit, blickte die schönen Landschaften an und schnitt dem Gründer der Zeitschrift eine Grimasse. Er füllte das größte Bild in der Reihe aus und zwirbelte auf dem Foto seinen Schnauzbart.
„Du magst den Grundstein gelegt haben, mein Guter.“ flüsterte er ihm entgegen und blieb eigens dafür stehen. „Aber ich habe die Fensterbilder für das Gebäude, das sich inzwischen gebildet hat. Ich schreibe Geschichte. Du bist dazu nicht mehr in der Lage.“ Er grinste gehässig.
Nun hätte er sicher noch eine ganze Weile hier gestanden und über die Ahnen gelästert, die sich gar nicht mehr wehren konnten. Doch da öffnete sich die mit Leder bekleidete Flügeltür zu seiner Rechten. Karl schob seinen Kopf heraus und blitzte ihn an. Der Anzug blähte sich über seinem Bauch, der sich über den Gürtel hinaus geschoben hatte. Und dennoch stand ihm der Einteiler seltsamerweise gut.
Der Reporter allerdings hasste Anzüge. Sie waren ohnehin immer zu eng oder zu weit und alles in allem sehr unschön. Johannes setzte lieber auf leichte Sachen wie Jeans und eine dünne Jacke über dem T-Shirt. Er wollte sich bewegen. Und das konnte er im Anzug schlecht. Selbst zum siebzigsten Geburtstag seiner Schwiegermutter war er im Pullover und zerschlissenen Jeans aufgetaucht. Die Gute war daraufhin seltsamerweise unansprechbar gewesen.
Johannes hob träumerisch eine Hand und winkte mit jedem Finger einzeln. Dann deutete er auf das Bild vor sich.
„Der hat sicher nie gedacht, dass in seiner Zeitung, Jahrhunderte nach der Gründung der Firma, ein Bericht auftauchen wird, der die anderen in seiner Größenordnung bei weitem überbietet. Ich wüsste gerne, was er dazu zu sagen hat. Monster in Hockenfeld!“
Karl deutete mit einer Hand in den Raum, statt zu antworten. „Komm zur Sache!“ meinte er. „Anstatt da zu stehen.“
Mit beschwingten Schritten folgte der junge Reporter der Aufforderung. Er trat in das geräumige Büro, das eher einem Wohnzimmer glich. Das einzige das hier nach Arbeit aussah war der wuchtige Schreibtisch an der
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