Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
nicht her.“, meinte er verlegen und ließ die Hand seiner Frau los. „Er möchte, dass du zu ihm kommst.“
Einen Augenblick ratterte diese Nachricht durch Collins Kopf. Dann erreichte es ihn. „Was... ich soll... nach England?“, fragte er verdattert stotternd. „Für wie lange denn?“
Mit einem Lächeln beugte sich seine Mutter über den Tisch. „Wir dachten, es wäre doch schön, wenn du ein Austauschjahr machen würdest. Es wäre sicher eine schöne Erfahrung und deine Englischkenntnisse würde es auch verbessern. Es wäre das Beste für dich, haben wir entschieden.“
Collin sank in dem Stuhl zurück. Das Beste für ihn? Hatte eigentlich jemand mal gefragt, was er darüber dachte? Dass er gar nicht nach England wollte? Er wollte hier bleiben, seine Schule hier zu Ende machen. Er hatte jetzt neue Freunde gefunden, die er nicht gleich wieder verlieren wollte. Und außerdem brauchten sie ihn doch für den Kampf gegen die Windler! Er konnte nicht einfach so gehen.
„Ich glaube, du musst das ersteinmal verarbeiten.“, sagte sein Vater im versöhnlichen Ton. „Denke doch eine Weile darüber nach und teile uns dann mit, was du darüber denkst. Ich werde Bernard ersteinmal schreiben und ihm sagen, dass du dich sehr freust, zu ihm zu kommen.“
Collins Kopf schoss in die Höhe. „Was wirst du?“ Sein Herz begann zu rasen.
„Was wollt ihr von mir? Ich will nicht nach England. Ich fühle mich hier wohl.“ Seine Mutter lachte auf. „Ach, mein Herzchen. Du weißt ja gar nicht, was du da redest. Sieh doch mal das Gute darin: manche Jugendlichen betteln ihre Eltern an für einen Auslandsaufenthalt und wir schenken ihn dir.“
„Aber ich will doch gar keinen!“, begehrte Collin auf, nun leicht verärgert.
„Mich wundert es ja, dass ihr mir überhaupt die angebliche Entscheidung überlasst und nicht schon meine Koffer packt! Ich will nicht nach England. Ich hasse England. Und ich mag es hier.“
Leichte Zornesfalten formten sich auf der Stirn seines Vaters. Das war kein gutes Zeichen. Sein Vater war eigentlich ein ruhiger und zurückhaltender Mensch. Wenn Collin Standpauken gehalten bekam, dann höchstens von seiner Mutter. Wenn sein Vater wütend wurde, dann war das kein gutes Zeichen. Dann hatte seine Entscheidung etwas unveränderbares. So wie auch diesmal.
„Ich weiß nicht, was du dich so aufregst. Wir haben beschlossen, dass es eine gute Sache ist. Sowohl für dich, als auch für unsere ganze Familie. Und mein Bruder schreibt uns nach vier Jahren, um uns mitzuteilen, dass er seinen Neffen wiedersehen will. Weißt du, was das alles bedeutet? Dass du es sein kannst, der unsere Familie wieder zusammenführen! Und deshalb dulde ich keine Wiederworte. Pack deine Sachen, am Montag geht dein Flugzeug. London wird deine Heimat sein. Für die nächsten dreihundertfünfundsechzig Tage.“
Sonntagmorgen. Ein wunderschöner Tag. Seiner Meinung nach der beste Tag der Woche. Zumal es der Tag vor den Semesterferien war. Ein Hoch auf die Reform von Hockenfeld, die vor drei Jahren beschlossen hatte, die Semester- und die Schulferien auf denselben Zeitpunkt zu schieben. So entgingen den Schülern Schmähungen von Seiten der Studenten, die noch einige Wochen länger auf den Bänken sitzen mussten. Ein befreiender Gedanke.
Mark rollte sich aus dem Bett und stemmte sich dann hoch. Es war Sonntag. Einer der Tage, an denen man auf keinen Fall nach draußen wollte. An denen man liegen blieb oder zumindest das Haus nicht verließ.
Vor allem war dieser Tag so wundervoll, da er endlich wieder in seinem eigenen Zimmer stand und die tiefe Luft der heimischen Höhle einsog. Es musste zwar noch vieles wieder her gerichtet werden, doch der Frühlingssturm war vorbei gezogen und hatte sein Heim nicht einreißen können.
Nachdem er sich angezogen und auch ein wenig gefrühstückt hatte, kehrte er zurück in sein Zimmer und kramte im Schrank nach den schönen dunklen Tüchern. Endlich fand er sie. Und sobald er sie in seinen Fingern hatte, begann er, sie wieder aufzuhängen. Es war eine schwierige, wenn auch befriedigende Arbeit. Etwa eine Stunde lang kletterte er auf Schränke, Tische und Stühle und tackerte die Tücher an den Putz. Erst dann fühlte er sich wieder wohnlich. Das Zimmer wirkte nicht mehr so steril wie zu Frau Prenskis Zeiten. Gleich danach sortierte er seine Wäsche wieder im Schrank ein. Sorgfältig entfaltete er seine Unterhosen und knüllte sie zusammen. Endlich war alles wieder wie vorher.
Als er
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