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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Rückkehr abwarten. Elizabeth betete dafür, dass Deirdre und Edmond sich gemeinsam mit den Indianern in Sicherheit gebracht hatten, irgendwo tief im Dschungel, wo noch nie Weiße gewesen waren und wo der Colonel und seine Mordbande sie nicht finden würden. Und falls die Indianer doch im Dorf geblieben waren und Deirdre womöglich gefangen hielten… So oder so, Elizabeth musste sich Gewissheit verschaffen. Und sie musste selbst dorthin, sie hatte keine andere Wahl. Ließe sie die Männer allein losfahren, wäre das ihr sicherer Tod, denn von den dreien würde keiner lange fackeln, sondern sofort die Waffen sprechen lassen. Drei gegen hundert oder mehr Gegner– es wäre ein ungleicher Kampf. Einige der Wilden konnten sie vielleicht töten, aber dann würden sie binnen Augenblicken in einem Hagel von Pfeilen sterben. Edmond hatte ihr davon erzählt, er hatte in unterschiedlichen Aufzeichnungen davon gelesen. Die Indianer tauchten die Pfeilspitzen in das Gift eines Frosches, das auf der Stelle den Tod herbeiführte. Sie schossen die Pfeile mit Blasrohren ab oder mit dem Bogen, und sie trafen sehr genau. Dass es sich bei diesen Schilderungen nicht um Übertreibungen handelte, stand angesichts des getöteten Soldaten außer Frage.
    Nein, wenn sie Deirdre heil wieder heimbringen wollte, durfte sie keine Konflikte heraufbeschwören. Sie musste mit den Indianern verhandeln. Und es gab nur einen Menschen, der ihr dabei helfen konnte.

20
    I n der ersten Zeit hatte Duncan nicht viel von dem mitbekommen, was mit ihm geschah. Es waren nur lauter verwaschene Eindrücke zwischen Ohnmacht und kurzem Erwachen.
    Der rumpelnde Karren auf dem Weg nach Tyburn Hill, die johlende Menschenmenge. Das raue Schluchzen um ihn herum, als einer nach dem anderen namentlich aufgerufen und weggezerrt wurde. Das Betteln um Gnade, die letzten Gebete.
    Dann rief jemand seinen Namen. Es war so weit. Er wollte sich hinstellen, denn nur wenn er stand, konnte er weit genug vom Henkerskarren wegspringen. Doch er kam nicht einmal auf die Knie. Würgend sackte er wieder zurück. Abermals wurde sein Name gerufen.
    » Duncan Haynes. Wo zum Teufel ist der Mann? «
    » Das ist der hier. Er kommt als Nächster dran. « Ein Tritt traf ihn in die Seite, es wurde wieder dunkel um ihn.
    Als er das nächste Mal aufwachte, war er immer noch auf dem Karren, dessen Räder sich unter ihm bewegten. Dann erkannte er, dass er sich nicht mehr auf dem Transportkarren befand, sondern in einer Kutsche. Sein Kopf lag auf einem nach Tabak riechenden Kissen. Bevor er ergründen konnte, wie er von der Hinrichtungsstätte in eine Kutsche gekommen war, verlor er abermals die Besinnung.
    Er wachte von einer sanften Frauenstimme auf.
    » Ihr müsst das trinken, Master Haynes. «
    Ein Becher wurde ihm an die Lippen gehalten, und er trank gierig, weil er schrecklichen Durst hatte. Ein Kräuteraufguss, der widerlich bitter schmeckte, doch das war ihm egal. Er konnte nicht viel sehen, aber das Wenige reichte ihm. Jemand hatte ihn ausgezogen und in ein Bett verfrachtet, das mit feinen, sauberen Laken bespannt war. Er lag halb aufgerichtet darin, den Rücken gestützt von weichen Kissen. In der Ecke des Zimmers brannte eine Kerze, deren Licht auf eine junge Frau mit einer hellen Haube fiel. Sie beugte sich über ihn und flößte ihm den Trunk ein. Er wollte sie fragen, wo er war und wer ihn vor dem Henker bewahrt hatte, doch er bekam nur ein schwaches Ächzen heraus. Was letztlich vielleicht besser war, denn am Ende träumte er womöglich alles nur und war in Wirklichkeit längst tot.
    Die Frau verschwand und kam wenig später in Begleitung eines Mannes zurück. Der Anblick des kräftig gebauten Mittdreißigers reichte, um Duncan ein befreites Seufzen zu entlocken. Auch der Mann wirkte zutiefst erleichtert.
    » Dem Himmel sei Dank « , sagte Admiral Ayscue. Mit gewohnt federnden Schritten kam er zum Bett und betrachtete Duncan forschend. » Wir glaubten schon, Ihr würdet nie mehr erwachen. «
    Duncan versuchte zu antworten, doch die Stimme versagte ihm. Ayscue hob die Hand.
    » Strengt Euch nicht an. Am besten schlaft Ihr gleich weiter. Catherine hat Euch einen Schlaftrunk gegeben, denn der Arzt meinte, für Euren Schädel sei es am besten, wenn Ihr ein paar Tage so viel schlaft wie nur möglich. « Er bemerkte Duncans verständnislose Miene und fügte hinzu: » Ihr habt ein ziemliches Loch im Kopf, mein Freund. Einer der Büttel hat wohl ein bisschen zu hart zugeschlagen. Der Medicus

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