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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ich Euch zur Rechenschaft ziehen. Ich habe als Kommandant die Gerichtsgewalt inne und ahnde jede Insubordination mit schwersten Strafen. Glaubt nicht, dass Ihr davon ausgenommen seid, nur weil Ihr von Adel seid. « Er spie das Wort förmlich hervor. Dann wandte er sich an Oleg und Jerry. » Wenn ihr die Frauen an Bord gebracht habt, erwarte ich, dass ihr sofort zurückkommt und euch uns anschließt. «
    » Mylady? « Jerry warf Elizabeth einen Hilfe suchenden Blick zu.
    » Habt Ihr nach allem, was Eurer Zofe widerfahren ist, etwa immer noch Einwände dagegen, Eure Männer in den Dienst der guten Sache zu stellen, Mylady? « Wieder betonte Howard das Wort mit besonderer Verachtung und sah Elizabeth dabei herausfordernd an.
    » Wenn es Euch so wichtig ist– meinethalben. «
    Doch er schien ihr immer noch nicht zu trauen, denn er wies einen seiner Männer an, sie zu begleiten und die Einhaltung der Abmachung zu überwachen.
    Dann endlich durften sie weiter. Als sie sicher sein konnten, dass Howards Truppen außer Hörweite waren, setzte Oleg Deirdre vorsichtig ab.
    » Was ist los? « Der Wachhund des Colonels drehte sich misstrauisch zu ihm um, die Pistole im Anschlag. Jerry nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit und stach ihn ohne ein Wort nieder. So schnell sie konnten, legten sie anschließend die restliche Wegstrecke zum Flussufer zurück. Vier Boote lagen neben der Schaluppe vertäut, zwei Mann waren als Bewachung zurückgelassen worden. Sie brachten ihre Pistolen in Anschlag, als die Gruppe so unerwartet zwischen den Bäumen auftauchte, doch als sie sahen, dass es sich um Weiße handelte, steckten sie die Waffen weg und halfen den Frauen sogar beim Besteigen der Schaluppe. Elizabeth erzählte ihnen dasselbe Märchen wie dem Colonel, worauf sie ergrimmt beteuerten, die Indianer dafür bluten zu lassen. Während Oleg mit dem langen Ruder die Schaluppe vom Ufer abstieß und sich dann gemeinsam mit Jerry in die Riemen legte, kümmerte Elizabeth sich um Deirdre, die unter krampfartigem Schluchzen dasaß, die Beine dicht an den Leib gezogen und den Kopf auf die Knie gelegt. Ihr kupferrotes Haar fiel in wirren Strähnen herab bis zu ihren geschundenen Füßen. Elizabeth schlang beide Arme um sie und wiegte sie tröstend, obwohl ihr selbst die Tränen über das Gesicht liefen. Die starke Anspannung, unter der sie die ganze Zeit gestanden hatte und die ihr geholfen hatte, nicht die Beherrschung zu verlieren, wich der Trauer und dem Entsetzen über Edmonds und Sids Tod. Die blutigen Bilder standen ihr unauslöschlich vor Augen, vor allem der Anblick des hingeschlachteten jungen Priesters, den Deirdre so verzweifelt geliebt hatte und der in seinem ganzen Leben nie etwas anderes gewollt hatte, als den Menschen Gutes zu tun.
    Die Schaluppe hatte beinahe die nächste Biegung des Flusses erreicht. Oleg und Jerry ruderten zügig. Elizabeth blickte nicht zurück, dafür jedoch Jerry, der wachsam das Ufer im Auge behielt.
    » Achtung! Runter! Auf den Boden, Mylady! «
    Der Knall eines Schusses ließ Elizabeth zusammenzucken, hastig zog sie Deirdre auf die Planken des Bootes nieder. Abermals ertönte ein Schuss, diesmal riss die Kugel dicht über ihren Köpfen eine Scharte in den Mast. Ein weiteres Geschoss peitschte nur wenige Zoll neben der Schaluppe ins Wasser.
    » Die Mistkerle schießen auf uns « , stellte Jerry überflüssigerweise fest. Sein jungenhaftes Gesicht verzerrte sich vor Wut und Anstrengung, während er fieberhaft ruderte. Oleg bedeutete ihm mit einem Grunzen und einer kurzen Geste innezuhalten. Er stieg über Elizabeth und Deirdre hinweg, stellte sich breitbeinig hin und zückte nacheinander die Pistolen. Er zielte beide Male sorgfältig, bevor er sie abfeuerte.
    » Ja! « , brüllte Jerry. » Die zwei hast du erwischt! Gut gemacht, Großer! «
    Elizabeth lugte über das Dollbord. Am Ufer lagen die zwei Wachen leblos auf dem Boden, ein dritter Mann beugte sich über sie. Offenbar hatte der Colonel ihn zum Fluss hinuntergeschickt, nachdem er die toten Franzosen entdeckt und dabei erkannt hatte, was wirklich geschehen war. Trotz der Entfernung war die ohnmächtige Wut des Mannes zu erkennen, dem nun die undankbare Aufgabe zufiel, dem Colonel Bericht zu erstatten. Es war nicht weiter schwer, sich auszumalen, wie Arthur Howard es aufnehmen würde, dass sie ihn nicht nur nach Strich und Faden hereingelegt, sondern auch ein halbes Dutzend seiner Männer umgebracht hatten. Elizabeth fröstelte unwillkürlich, während

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