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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sie sich aufsetzte und auch Deirdre zu einer bequemeren Position verhalf.
    Oleg hatte wieder seinen Platz auf der Ruderbank eingenommen. Sein Gesicht zeigte keine Regung, aber ab und zu warf er einen verstohlenen Blick zu Deirdre hinüber, die zusammengekauert neben Elizabeth hockte und ins Leere starrte.
    Die Schaluppe kam zügig voran, nach einer Weile setzten sie Segel und legten die restliche Strecke bis zur Mündung bei guter Fahrt zurück. Elizabeth wusste, dass sie den Vorsprung brauchten. Sofern der Colonel lebend zurückkehrte, würde er sich augenblicklich daranmachen, sie für ihren vermeintlichen Verrat zu bestrafen. Er würde nicht eher ruhen, bis sie und ihre Männer tot waren.
    Zena verspürte keinen Schmerz, als sie sich durch den Dschungel kämpfte. Ihr linker Oberarm und die Schulter fühlten sich taub an. Sie wusste, dass es später sehr wehtun würde, aber nicht, solange ihr Inneres aufgepeitscht war von der Wut und der Angst, die ihr mehr Kräfte verliehen, als es bei ihrer Verletzung eigentlich möglich war. Sie hatte im Vorbeilaufen ein großes Blatt von einem Baum gerissen und es sich auf die Wunde gepresst, so fest und so lange es ging, bis die Blutung allmählich schwächer geworden war. Sie wusste, dass viele Männer durch den Wald kamen. Die drei Franzosen waren nur die ersten gewesen.
    Dicht vor ihrer Nase zischte ein Pfeil vorbei. Sie verstand die Warnung und blieb stehen. Der Wächter hätte sie leicht treffen können, aber sie war eine Frau aus dem Dorf, und es gab keinen Grund, sie zu töten. Es musste jedoch sichergestellt sein, dass sie allein gekommen war. Überall ringsherum hatten sich die jungen Männer des Stamms versteckt. Sie wussten genau, dass ein Angriff bevorstand. Der Behike hatte ihr und den anderen einen Späher nachgeschickt, als sie das Dorf verlassen hatten, Zena hatte ihn hinter sich gehört. Er hatte gesehen, was passiert war, und erkannt, welche Gefahr dem Dorf drohte. Doch wie es schien, war ihnen das volle Ausmaß dessen, was ihnen blühte, nicht klar, denn sonst hätten sich alle in Sicherheit gebracht. Hütten konnte man ersetzen, Leben nicht.
    Sie verlor keine weitere Zeit und schrie ihre Warnung heraus– dass die weißen Männer zu Dutzenden kamen, mit Rohren, die Feuer spuckten, und alle töten würden, so wie den Kaziken und den Schwarzen, und dass alle fliehen sollten, so schnell sie konnten. Der Jäger, der sie aufgehalten hatte, wies sie zornig zurecht.
    » Wir bewachen das Dorf! Wir laufen nicht weg! Unsere Pfeile werden sie töten, bevor sie selbst schießen können! « Wie zum Beweis deutete er auf den gefüllten Köcher an seinem Rücken.
    Sie gab nicht auf. Laut rufend eilte sie durch das Dorf, von Hütte zu Hütte, doch dort war niemand mehr. Die Männer hockten in ihren Hinterhalten und warteten auf die weißen Eindringlinge, und die Frauen und Kinder hatten sich im Haupthaus versammelt. Davor hatten sich weitere Männer postiert, die wachsam nach allen Seiten Ausschau hielten.
    » Bringt die Frauen und Kinder fort! « , rief Zena ihnen verzweifelt zu. » Die Weißen kommen! « Ihre Wunde hatte wieder angefangen zu bluten, sie fühlte sich schwach, ihre Knie gaben nach. » Es sind zu viele! Sie töten uns alle! «
    Doch auch hier wollte niemand auf sie hören. Dann ertönte der erste Schuss und gleich darauf ein weiterer. Brüllend stürmten die Angreifer in Scharen auf die Lichtung, sie warfen Fackeln auf die Hütten, die sofort wie Zunder anfingen zu brennen. Rauch erfüllte die Luft und verbreitete sich rasch. Hier und da sackte einer der weißen Männer zusammen, getroffen von Pfeil oder Axt. Die Indianer mischten sich unter sie und suchten den Zweikampf, doch die Weißen waren besser bewaffnet. Ihre Messer und Beile waren aus Stahl, ihre Lanzen wiesen eiserne Spitzen auf, und da viele von ihnen Rüstungen trugen, prallten die meisten Pfeile wirkungslos an ihren Körpern ab. Einer der Weißen kam auf Zena zu und holte mit dem Schwert aus. Sie duckte sich und wich dem Schlag aus. Als er erneut nach ihr hieb, traf ihn ein Pfeil in den Oberschenkel, worauf er fluchend herumfuhr und nach dem Schützen Ausschau hielt. Zena torkelte durch den dichter werdenden Qualm davon und versteckte sich hinter einem liegenden Baumstamm, der schon halb ausgehöhlt war und später als Kanu mindestens acht Männern Platz bieten sollte. Doch Zena wusste, dass dieses Boot nun nie mehr fertig werden würde. Sie tastete nach ihrer Schulter. Der Schmerz hatte

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