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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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es lauter. Das Kreischen von Frauen ertönte, es kam aus den Hütten der weißen Arbeiter. Ihre Hautfarbe war ihr Tod. Zena umklammerte das Messer und stellte sich vor den schaukelnden Hammock. Die brabbelnden Laute und die Umrisse verrieten, dass ein Baby darin lag, doch der Moskitoschleier verhinderte, dass Faith zu sehen war.
    Ein Karibe tauchte vor der offenen Tür auf und starrte Zena an. Sein Gesicht war rotschwarz bemalt, und auch der Körper trug die farbigen Symbole seines Stamms. Das lange Haar war mit Federn und Perlen geschmückt. In der Hand hielt er eine Axt, von der Blut tropfte. Als er Zena erkannte, riss er erstaunt die Augen auf. Er war einer der Männer des Kaziken gewesen und hatte mitbekommen, wie sie damals Mylady Lizzie ins Indianerdorf begleitet hatte. Er wusste daher, dass sie einer weißen Frau diente.
    » Was tust du hier? « , wollte er wissen. Das Brabbeln unter dem Mückenschleier ließ ihn aufmerken, er ging zu der Hängematte und zog den Musselinschleier zur Seite. Als er das goldhaarige Baby sah, hob er die Axt. Zena stieß ihm, ohne zu zögern, den Dolch in die Seite. Als er herumfuhr, riss sie die Waffe zurück und zerschlitzte ihm dabei den Unterarm, sodass ihm die Axt entglitt– seine Sehnen waren durchtrennt. Ein weiterer Stoß, diesmal in den Hals, und er sank sterbend zu Boden. Hastig zerrte sie ihn in eine Ecke des Raums und warf die Kokosmatte über ihn. Keinen Moment zu früh– vor der Hütte blieb ein weiterer Karibe stehen, den sie noch nie gesehen hatte. Er betrachtete sie kurz und rannte dann weiter. Zena stand stocksteif da, das blutige Messer hinter dem Rücken. Ihr Inneres war in Aufruhr, aber ihre Hand zitterte nicht. Sie würde jeden töten, der es wagte, einen Fuß in die Hütte zu setzen.
    » Oh Gott « , presste Felicity heraus. Sie musste würgen und presste sich die Hand vor den Mund. Wie betäubt stand sie neben dem Leichnam und wusste nicht, was sie tun sollte. Gleich darauf war Henri da. Er sah den Toten und stieß einen Fluch aus. Dann rannte er einfach weiter und ließ Felicity hinter sich.
    » Henri! «
    Doch er hielt nicht inne. Voller Panik folgte sie ihm. Der Mörder hatte sich vielleicht irgendwo hier in dem dichten Feld noch versteckt und wartete nur darauf, dass sie allein und schutzlos zurückblieb.
    » Henri! « , schrie sie abermals, aber sie sah ihn nicht mehr. Als sie endlich am Rande des Tabakfeldes angekommen war, bot sich ihr ein Bild des Grauens. Zwischen den Hütten lagen mehrere tote Menschen, hauptsächlich weiße Knechte, mit Pfeilen erschossen oder von blutigen Wunden gezeichnet. In der Ferne rannte Henri, er war schon fast beim Herrenhaus. Sie wollte hinterher, als ihr plötzlich jemand in den Weg sprang und sie packte.
    Kreischend fuhr sie zurück, doch dann gewahrte sie, dass es Zena war. Die Indianerin legte den Finger auf die Lippen.
    » Komm « , sagte sie beschwörend.
    Zitternd vor Angst und Entsetzen ließ Felicity sich mitziehen, zu der Hütte, in der Zena mit Deirdre wohnte und tagsüber das Baby betreute. Als sie die nur notdürftig bedeckte Leiche in der Ecke bemerkte, stöhnte sie entsetzt und wollte sofort wieder hinaus, doch Zena hielt sie fest und deutete auf den schwingenden Hammock.
    » Himmel, das ist ja Faith! « Felicity konnte vor Panik kaum noch atmen. » Oh mein Gott! Was sollen wir denn nur tun? Sie werden zurückkommen und uns töten. «
    Zena beugte sich über den Toten, hob eine blutverschmierte Axt auf und drückte sie Felicity in die Hand. Sie selbst hatte ein gewaltiges Messer umklammert, von dem noch mehr Blut triefte. Sie deutete auf sich, auf das Messer, auf Felicity und auf die Axt. Und schließlich auf Faith.
    » Wir beschützen « , sagte sie entschlossen.
    Felicity blickte auf die Axt in ihrer zitternden Hand. Sie konnte kein Wort sagen, die Furcht hatte ihr die Kehle zugeschnürt. Stumm fing sie an zu beten, dann zuckte sie zusammen: Unten beim Herrenhaus krachte ein Schuss.
    Den Ersten erwischte Elizabeth auf der Veranda, er sackte tödlich getroffen zu Boden. Der Zweite war im Salon. Sie schleuderte ihm ihren Hut ins Gesicht, während er das Blasrohr zum Mund führte. Er stürzte sich mit gezücktem Messer auf sie, doch sie konnte den zweiten Lauf der Pistole abfeuern, bevor er bei ihr war. Die Kugel fuhr ihm in die Brust und warf ihn zurück. Der dritte Indianer kam aus Yvettes Schlafkammer und sah sie mit der rauchenden Waffe im Salon stehen. Sie zielte mit ruhiger Hand auf ihn, obwohl sie

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