Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
und dem Bader abgeschaut habe, wenn unsere Sklaven oder Schuldknechte krank und verletzt waren. Meine Wundnähte sind ordentlich, und der Sud aus den Mohnsamen, den ich gebraut habe, nimmt die Schmerzen. Aber viel mehr kann ich nicht tun. « Bedrückt hielt sie inne. » Jemand, der sich besser mit der Heilkunst auskennt als ich, hätte Peter vielleicht retten können. «
    » Gegen den Bluthusten ist kein Kraut gewachsen. Man kann nur beten, dass es die anderen nicht auch noch kriegen. «
    » Bis jetzt hat keiner an Bord Husten bekommen. «
    » Hoffen wir, dass es so bleibt. « Stirnrunzelnd betrachtete er das Loch in der Decke der Kajüte. » Ist das die Mastspitze da oben? Es kommt Regen herein. Wir müssen schnellstmöglich zur nächsten Werft. «
    » Zuerst einmal musst du gesund werden. «
    Er wollte etwas erwidern, fing dann aber erneut an zu würgen, brachte jedoch nichts mehr hervor außer Schleim und Spucke. Ächzend fiel er anschließend zurück auf das Lager, mit einem Gesichtsausdruck, der keinen Zweifel daran ließ, wie wenig er von diesem erbärmlichen Zustand hielt.
    » Wie wäre es mit ein bisschen Rum? « , brummte er.
    » Nein, danke, das vertrage ich nicht. «
    » Nicht für dich, sondern für mich. «
    » Oh, gewiss. Ich besorge dir welchen in der Kombüse. « Sie ging zur Tür.
    » Und sag dem Koch, er soll auch den Männern eine Extraration zuteilen. Auf den Schreck haben sie einen ordentlichen Schluck verdient. «
    » Aye, Captain. « Anne konnte sich eines erleichterten Lächelns nicht erwehren. Sie beeilte sich, seinem Wunsch Folge zu leisten. Sein Tonfall war fast schon wieder so gebieterisch wie immer, es klang, als würde er nicht allzu lange brauchen, um sich zu erholen. Blieb nur zu hoffen, dass sie ohne weitere Zwischenfälle England erreichten. Auf dem Weg zur Kombüse sprach Anne ein stilles Gebet.

17
    E lizabeth hatte es sich in der Hängematte bequem gemacht, die Oleg für sie zwischen zwei Palmen aufgespannt hatte. Nach dem letzten Regenschauer glänzte die Welt wie frisch poliert. Ein warmer Wind hatte die Nässe rasch getrocknet, und die Sonne ließ den Nachmittag in goldenem Glanz erstrahlen. Das Meer war so weit und tiefblau, dass die Augen sich kaum sattsehen konnten an dieser lichtfunkelnden Pracht. Über ihr bewegten sich die Palmwedel sacht in der Brise, die von Osten kam und reinweiße Wolkenfetzen über den azurblauen Himmel trieb.
    Kinderlachen drang an ihr Ohr, Johnny tobte mit Sid am Strand herum. Der Kleine liebte den hässlichen, zahnlosen Maat, der nie um Scherze verlegen war und immer neue Spielchen erfand, um den Jungen bei Laune zu halten. Sid hatte Johnny eine primitive kleine Angel gebastelt, bei der tatsächlich ein Fisch angebissen hatte, was Johnny zuerst begeistertes Jauchzen, dann aber lautes Schluchzen entlockt hatte, als ihm klar wurde, dass der Fisch getötet werden musste, wenn er ihn wie geplant auf den buccan legen wollte. Sid musste sein Messer wegstecken und den Fisch wieder ins Wasser werfen, bevor er an der Luft einging.
    » Eines Tages musst du lernen, Fische abzustechen « , hörte Elizabeth ihn sagen. » Nur tote Fische kann man essen. « Einschränkend fügte er hinzu: » Jedenfalls meistens. Ich hab auch schon den einen oder anderen lebendig weggeputzt. Einmal waren wir halb verdurstet, das war anno dreiundvierzig. Sechs Wochen ohne einen Tropfen frisches Wasser, nur noch brackige Reste in den Fässern. Die Zungen hingen uns aus dem Hals. Auch der Rum war längst alle. Manche von uns wollten schon anfangen, Meerwasser zu saufen, was der sichere Tod gewesen wäre. Wir hatten Netze ausgeworfen, außerdem alle Leinen mit Haken bestückt, und eines Morgens hatten wir Glück– ein großer Thunfisch biss an, ein gewaltiges Biest, doppelt so lang wie ich selber, so wahr ich hier stehe. Ach, was sage ich– dreimal so lang! Wir zogen ihn mit zehn Mann an Bord, so viel Kraft war nötig, ihn aus dem Meer zu holen. Und da lag er auf den Planken und zappelte, und Jim– so hieß damals unser Koch, der hat aber inzwischen abgemustert– stieß ihm das Messer rein bis zum Heft. Er wusste genau, wohin er stechen musste, denn er wollte die Leber, und bei Gott, er schnitt sie raus, und wir kriegten alle davon ab und schlangen sie roh runter. Der Fisch zappelte die ganze Zeit, während wir seine Leber fraßen. « Er hielt inne. » Wie komme ich überhaupt jetzt darauf? Hm. Ach so, wir sprachen über tote Fische. «
    Elizabeth verkniff sich ein Lachen. Johnny

Weitere Kostenlose Bücher