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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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von ihm erst verdaut werden. Er riss sich zusammen.
    »Schon gut. Das ist ja wohl deine Sache.« Er musterte sie kühl. »Solange Niklas und Marie nicht darunter leiden.«
    Nora fühlte sich gedemütigt. Wer war sie eigentlich, dass alle in ihrem Leben herumwühlen durften und ihre Meinung abgeben konnten? Trotzdem gelang es ihr, nichts zu sagen. Max war fairgewesen, und sie wollte ihn nicht verärgern. Die Angst um das Sorgerecht schwelte in ihr. Sie griff nach ihrer Tasse, trank und hatte Mühe, den Cappuccino hinunterzubekommen. Sie war so angespannt, dass sie am liebsten aufgestanden und fortgelaufen wäre. Ihr war nicht bewusst, dass sich wieder einmal die ganze Bandbreite ihrer Gefühle auf ihrem Gesicht abzeichnete. Ihre geschwungenen Lippen zuckten ein wenig, als sie die Tasse abstellte. Max berührte leicht ihre Hand und sah ihr in die Augen. Er spürte plötzlich, dass er grob gewesen war.
    »Ich muss mich erst daran gewöhnen, Nora. An das mit uns, weißt du? Irgendwie kann ich es immer noch nicht glauben.«

6
    N iklas’ Mund war trocken. Blinzelnd sah er auf. 22.45 Uhr zeigte das leuchtende Zifferblatt seines Weckers an. Fast war es ihm gelungen, einzuschlafen, doch dann hatte der Durst ihn doch noch davon abgehalten. Schlaftrunken tastete er nach der Mineralwasserflasche, die immer neben seinem Bett stand. Als er feststellte, dass sie leer war, schlug er missmutig die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Er würde sich eben etwas aus der Küche holen müssen. Barfuss tappte er die Treppe hinunter. Er kam ohne Beleuchtung aus, denn durch die Glastür des Wohnzimmers fiel genügend Licht in die Diele. Er vernahm leise Stimmen und blieb neben der Tür stehen. Gleich darauf wurde ihm klar, dass es Tom war, der sich mit seiner Mutter unterhielt. Sie schienen regelrecht zu diskutieren. Wie gebannt stand er neben der angelehnten Tür und hörte zu. Er hatte nur wenig Mühe, dem Gespräch zu folgen. Seine Englischkenntnisse waren besser, als er seiner Mutter gegenüber zuzugeben bereit war, denn Small Talk mit »Mr. Tom« war das, wonach ihm am wenigsten der Sinn stand. Kurz darauf wurde er blass, als ihm klar wurde, dass dieser Mann seine Mutter eifrig zu überzeugen versuchte, mit ihm nach Australien zu gehen. Niklas nagte aufgeregt an seiner Unterlippe. Er bemerkte nicht einmal, dass seine Füße inzwischen eiskalt geworden waren. Plötzlich war er hellwach. Die leisere Stimme seiner Mutter war schlechter zu verstehen als die von Tom. Dennoch glaubte Niklas herauszuhören, dass sie nicht abgeneigt war, diesem Mann zu folgen. Wie konnte das sein? Dachte Mama wirklich, sie könnte ihn und Marie einfach wie Möbelstücke einpackenund in dieses fremde Land verfrachten? Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Das würde er nicht mitmachen. Schule, Sport und all das … Oma und Opa … Alexander und Patrick … Alles, was wirklich wichtig war, befand sich hier in Deutschland. Er dachte nach. Und Papa. Der säße dann ganz allein hier in Hamburg. Niklas spähte vorsichtig ins Wohnzimmer. Seine Mutter saß neben diesem Mann. Er hatte einen Arm um sie gelegt, und ihr Kopf lag an seiner Schulter. Jetzt hob er auch noch ihr Kinn und küsste sie. Und sie küsste ihn zurück! Niklas verzog angewidert das Gesicht. Heiße Wut brodelte in ihm. Verdammt. War Mama vollkommen verrückt geworden?
    Er fuhr plötzlich zusammen, als Kuno in der Küche unerwartet zu fiepen begann. Niklas sah den dunklen Schatten hinter dem Glaseinsatz der Küchentür und hörte das laute Schnüffeln des Hundes an der Türritze. Kuno hatte ihn offenbar gewittert und wollte seiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass er ihn zu so später Stunde noch zu Gesicht bekommen sollte. Lautlos hetzte Niklas immer zwei Treppenstufen auf einmal nehmend nach oben. Vor seiner Zimmertür hielt er inne und hörte gerade noch, dass seine Mutter in die Diele kam und sich zu Tom umdrehend sagte: »Ich glaub, der Hund muss noch mal raus.«
    Niklas schlich ins Bad und schloss die Tür. Er füllte Leitungswasser in seinen Zahnputzbecher und trank ihn in einem Zug leer. Danach stellte er den Becher an seinen Platz und starrte sein Spiegelbild sekundenlang an. »Ich kapier’s nicht!«, flüsterte er. »Ich kapier diese grenzenlose Scheiße einfach nicht.«
    Max bemühte sich, ruhig zu bleiben, als Niklas ihm am nächsten Tag aufgebracht von Tom erzählte. In seinen schlimmsten Befürchtungen hatte er nicht mehr damit gerechnet, dass dieserMann noch eine

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