Wind der Traumzeit (German Edition)
das schnurlose Telefon auf dem Schuhschrank. Doch gleich daraufnahm sie es wieder in die Hand, um mit ihrer Mutter zu telefonieren. Danach konnte sie sich nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren, also zog sie Sophie an, setzte sie in die Karre, nahm den Hund an die Leine und machte sich auf den Weg zu Toms Hotel. Eigentlich wollten sie sich erst in einer Stunde treffen, aber sie hatte kurzerhand beschlossen ihn abzuholen. Die frische, kalte Morgenluft würde ihr gut tun und ihr vielleicht zu einem klaren Kopf verhelfen. Doch nach wenigen Minuten fing Sophie an zu quengeln. Seit kurzer Zeit hatte sie die Fähigkeit entdeckt,selbstständig laufen zu können, wenn sie sich mit einer Hand an der Karre festhielt. Nun ließ sie es nur in äußerst wenigen Fällen zu, einfach in die Sportkarre verfrachtet zu werden … Viel lieber wollte sie selbst laufen. Nora seufzte, hob die Kleine aus ihrem Winterfußsack und stellte sie neben die Karre, wo sie sich sofort festhielt und daraufwartete, dass es losging. Natürlich waren sie jetzt so langsam, dass Tom ihnen nach einer Weile bereits entgegenkam. Sophie wurde ganz zappelig, als sie ihn sah. Lächelnd beugte er sich zu ihr hinunter, hob sie in die Luft und schwenkte sie herum. Mit ihr auf dem Arm kam er zu Nora auf die andere Seite der Karre und küsste sie zärtlich. Keiner von beiden beachtete den dunklen Mercedes, der vor dem Hoteleingang geparkt hatte und nun langsam vorüberfuhr.
7
M ax unterdrückte seinen Ärger nur mühsam, als er sah, dass Nora gemeinsam mit Tom in das Lokal kam. Atemlos trat sie an seinen Tisch.
»Entschuldige, Max, dass du warten musstest, aber die Mutter von Maries Freundin wollte noch etwas, als ich sie dort vorhin abgeholt habe. Es ist deshalb etwas später geworden.« Sie hatte ihm einen Kuss auf die Wange gehaucht und wandte sich um. »Ich finde, ihr solltet euch einmal kennen lernen. Das ist Tom. Tom Morrison.« Sie deutete auf ihren Exmann. »Max Bergmann.« Ein beklemmendes Schweigen senkte sich über die kleine Nische im Lokal, als Tom die Hand ausstreckte, während Max ihn kühl musterte, kurz nickte und die Hand einfach übersah. Tom zog seine Hand zurück und schob Nora den Stuhl zurecht. Die Geste wirkte so vertraut und selbstverständlich, dass Max schlagartig klar wurde, dass dies tatsächlich der neue Mann an Noras Seite war. Eine Möglichkeit, die er schon gar nicht mehr ernsthaft in Betracht gezogen hatte. Es widerstrebte ihm auch, sich im Beisein dieses Mannes über die Kinder zu unterhalten. Ein abweisendarroganter Zug legte sich um seinen Mund, während er sich zurücklehnte und die Beine übereinander schlug. Nora registrierte die Spannung sofort und war kaum in der Lage, ruhig zu bleiben. Sie wollte keinen Streit, keine Auseinandersetzung und auch keine neuerlichen Diskussionen. Sie hatte es satt, ständig nach Lösungen zu suchen und sich rechtfertigen zu müssen. Ihr Herz klopfte heftig, während sie sich darum bemühte, sich zusammenzureißen. Sie durfte kein Risiko eingehen die Kinder zu verlieren. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Nun, Max, was gibt es?«
Max ärgerte sich erneut. Sie glaubte doch wohl nicht ernsthaft, dass er hier vor diesem Mann die Probleme wälzte, die die Kinder gerade seinetwegen hatten. Er schwieg einfach, und Nora rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Schließlich beugte sie sich über den Tisch und sah ihm ins Gesicht.
»Max, es gibt einen Grund dafür, dass Tom heute mit mir hier ist. Und ich wünschte mir sehr, dass wir in Ruhe darüber reden könnten.« Sie atmete hörbar aus. »Darüber hinaus versteht Tom praktisch kein Deutsch. Wenn wir also über die Kinder sprechen, sind wir unter uns.« Sie fuhr sich nervös durchs Haar. »Ich …« Sie brach ab und wirkte verlegen. »Ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll.«
Max sah sie mit wachsendem Unmut an. Was sollte dieses Theater hier? Er wollte mit Nora sprechen, weil er einen Anruf von Maries Lehrerin bekommen hatte, die ihm mitgeteilt hatte, dass seine Tochter plötzlich sehr in sich gekehrt sei, häufig weine und sich kaum noch am Unterricht beteilige. Die Lehrerin hatte sich an ihn gewandt, weil sie Nora nicht erreicht hatte. Vermutlich war sie dauernd mit diesem Tom beschäftigt … Max fühlte Zorn in sich aufsteigen, als Nora ihn bittend ansah.
»Also, es ist Folgendes: Tom möchte, dass ich mit ihm nach Australien gehe.« Sie musterte sein Gesicht, während er wie vom Donner gerührt den Blick abwandte, nach einem
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