Wind der Traumzeit (German Edition)
ihre Hand auf seine Brust. »Wie spät ist es?«
Er nahm ihre Hand und gähnte. »Ein Uhr fünfzehn.«
»So spät? Hattet ihr noch einen Notfall in der Klinik?«
»Hm. Jason ist ausgefallen, und da musste ich bei einer OP einspringen.« Er gähnte wieder. »Dafür fange ich morgen aber später an.«
Nora lächelte, als er sie in seinen Arm zog und zärtlich küsste, während er sacht die dünnen Träger ihres Seidenhemds zur Seite schob und mit den Lippen über Hals und Dekolleté tiefer wanderte. Noras Schläfrigkeit war verflogen, und ihre Hände erkundeten nun seinen Körper. Beiden wurde in solchen Momenten bewusst, dass sie sich nie mehr ein Leben ohne den anderen vorstellen konnten. Im nächsten Augenblick zuckten sie jedoch zusammen, als das Babyfon knackte und Sophies Weinen zu vernehmen war. Gespielt leidend ließ sich Tom zur Seite fallen, wühlte den Kopf ins Kissen und stöhnte. »Was für ein Timing!«
Nora lachte, stand auf, brachte ihre Träger wieder in Ordnung und ging zur Tür.
»Mal sehen, was deiner Tochter fehlt.«
Sophie stand in ihrem Gitterbett und weinte. Als sie ihre Mutter sah, streckte sie beide Arme nach ihr aus und verstummteschluchzend. Nora beugte sich hinunter und nahm sie auf den Arm. Sofort wurde sie ruhig. Im Zimmer herrschte drückende Wärme, und Nora musste sich eingestehen, dass auch sie hier nicht schlafen könnte. Sie beugte sich erneut zum Bettchen hinunter und fischte einen Schnuller heraus. Sie betrachtete die erhitzten Bäckchen und die blitzblanken Augen ihrer Tochter. »Hast du Durst, mein Schatz?«
Sophie nickte, und Nora ging mit ihr ins Schlafzimmer. »Schau mal, Daddy ist ganz müde. Lässt du ihn schön schlafen? Dann hol ich dir einen kühlen Tee, ja?«
Sophies Hände patschten begeistert in Toms Gesicht, und Nora verließ schmunzelnd das Zimmer. Als sie zurückkam, sah ihr die Kleine entgegen und streckte die Arme nach ihrer Trinktasse aus, um zu trinken. Anschließend kuschelte sie sich wie selbstverständlich zwischen ihre Eltern. Das leise Sauggeräusch, das ihr Schnuller verursachte, verriet Zufriedenheit. Es dauerte nicht lange, und sie schlief ein. Nora beobachtete Tom und Sophie im Schlaf, und ihr wurde wieder einmal warm ums Herz. Die Kleine hatte das Gesicht ihrem Vater zugewandt. Ihre dunklen Ponylöckchen mischten sich mit seinem dunklen welligen Haar. Zärtlich strich sie beiden über den Kopf und schaltete ihre Nachttischlampe aus.
24
C aroline Winton stand allein im Bad und betrachtete ungläubig die großen rotblauen Flecken, die die Hände ihres Mannes auf ihren Oberarmen hinterlassen hatten. Was sollte sie nur tun? Sie hatte keine Ahnung. Ihr erster Impuls war gewesen, ein paar Sachen einzupacken und erst einmal abzureisen – zu Tom oder zu ihrer Mutter Catherine. Dann fiel ihr ein, dass Josh ja Schule hatte. Sie konnte ihn nicht einfach abmelden, um mit ihm zu verschwinden.
Innerlich noch immer wie betäubt, schlüpfte sie in ein langes Baumwoll-T-Shirt und setzte sich auf den Badewannenrand. Die Vorstellung, jetzt neben Sam die Nacht zu verbringen, ließ sie schaudern. Er war dermaßen außer Kontrolle geraten, wie sie es noch nie erlebt hatte. Sie ging davon aus, dass er in der Zwischenzeit weitergetrunken hatte. In welcher Verfassung er wohl mittlerweile war?
Die Erinnerung an die schrecklichen Sekunden, in denen sie diese ungezügelte Wut in seinen Augen gesehen hatte, ließ Angst in ihr aufkommen. War das wirklich der Mann gewesen, den sie geheiratet hatte? Damals war sie sicher gewesen, dass er die Liebe ihres Lebens war. Wann hatte er sich so verändert? Oder hatte nur sie sich am Ende verändert? Caroline fuhr sich über die Stirn und stand auf. Im Spiegel sah sie sich dabei zu, wie sie mechanisch die Zähne putzte und sich anschließend mit kaltem Wasser das Gesicht wusch. Als sie das Handtuch wieder am Haken aufhängte, klopfte es leise an die Badezimmertür, und sie fuhr unwillkürlich zusammen. Erstarrt rührte sie sich nicht. Doch einen Moment später hörte sie Joshs Flüstern und öffnete die Tür.
»Josh! Was machst du denn hier so spät? Bist du aufgewacht?« Er sah sie vorwurfsvoll an. »Dad hat so gebrüllt. Warum müsst ihr denn schon wieder streiten?«
Caroline ging in die Hocke und nahm ihren Sohn in den Arm. »Ach, Josh, es tut mir so Leid. Manchmal streiten Eltern eben. Komm, ich bring dich ins Bett.«
Sie war froh, das Schlafzimmer noch nicht betreten zu müssen, und folgte Josh in sein Zimmer. Er schien
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