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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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machen. Matt und Laura freuen sich auf uns, und ganz besonders auf dich. Unfälle passieren. Niemand wünscht sie sich, aber hier draußen ist man besonders froh, wenn man helfen kann. Und nichts anderes haben die beiden getan. Und wenn du morgen gesund und munter vor ihnen stehst, werden sie sich wahnsinnig freuen.«
    Nora sah ihn erstaunt an. »Morgen?«
    Tom schmunzelte. »Ja, morgen. Wir bleiben bis morgen Mittag in der Siedlung. Ich dachte, du würdest dieses Mal gerne etwas mehr Zeit dort haben. Und Marrindi hat uns ausdrücklich eingeladen.« Er machte eine kurze Pause und fügte hinzu: »Außerdem hab ich mit Bill abgesprochen, dass ich dort die Kindersprechstunde abhalte. Du weißt schon, das normale Programm – Beratung der Mütter, Impfungen, Messen und Wiegen von Säuglingen und so weiter. Ich hoffe, es stört dich nicht. Vielleicht kannst du mir dabei ein wenig zur Hand gehen, dann ist es sicher schnell erledigt.«
    Noras Aufregung wuchs bei seinen Worten. Ihre Wangen hatten sich gerötet. »Das muss gar nicht schnell erledigt werden. Es macht sicher Spaß. Ich bin ja schon so gespannt.«
    Sie sah aus dem Fenster. Kaum vorstellbar, dass sie erst eine gute halbe Stunde unterwegs waren. Die Landschaft umgab sie – bis auf die rote unbefestigte Fahrbahn und ein paar Weidezäune – praktisch ohne jedes Zeichen auf menschlichen Einfluss. In größerer Entfernung entdeckte sie ein paar wilde Kamele. Zwei von ihnen hoben den Kopf und sahen in ihre Richtung. Kaum zu glauben, dass mit den Vorfahren dieser Tiere einmal Lasten – Gebrauchsgüter und Nahrungsmittel – durch die australische Wildnis bis hin zu einsamen Orten befördert worden waren. Nora beobachtete sie. Die Nachfahren dieser Tiere lebten nun frei in den kargen Zonen Australiens. Nora hatte sogar gelesen, dass Saudi-Arabien Kamele aus Australien importierte, wohl um frischen Wind in die eigene Zucht der Tiere zu bringen. Blinzelnd sah sie zum gleißenden Himmel hinauf, an dem ein Adler ruhig seine Kreise zog. Dankbar für die Klimaanlage im Auto seufzte sie unwillkürlich, als ihr Blick auf die Außentemperaturanzeige fiel. Sosehr sie dieses Land liebte, die Temperaturen versetzten sie immer wieder in Erstaunen.
    Tom war ihrem Blick gefolgt und stellte die Klimaanlage zurück. »Du sollst sie nicht immer so hoch einstellen, Nora. Erstens erkälten wir uns schneller, und zweitens trifft dich der Temperaturunterschied beim Aussteigen dann wie ein Keulenschlag.«
    »Ja, ich weiß. Du hast ja Recht. Doch manchmal möchte ich einfach wieder wissen, wie sich achtzehn Grad anfühlen.« »Aber wenn draußen zweiundvierzig Grad herrschen, ist so was total ungesund.« Er deutete blitzschnell geradeaus. »Da, schau!«
    Nora sah gerade noch zwei Kängurus zwischen den dünn belaubten Sträuchern neben der Straße verschwinden. »Wie schön!«
    Tom lachte. »Lass das nicht Matt Harper hören. Die Farmer sehen diese Viecher mit anderen Augen.«
    Noras Herz schlug schneller, als sie etwa drei Stunden später auf die Siedlung zufuhren. Sie hatte das Gefühl, in die Zeit ihres ersten Besuchs hier zurückversetzt zu werden. Waren seitdem wirklich mehr als zwei Jahre vergangen? Als Tom den Wagen vor der Künstlerwerkstatt parkte und ohne zu zögern ausstieg, wünschte sie sich etwas von seiner Ruhe und Gelassenheit, von der Selbstverständlichkeit, mit der er jetzt auf seine alten Bekannten zuging. Nach einigen Sekunden blickte er sich irritiert nach ihr um, weil sie noch nicht ausgestiegen war. Sie bemerkte seinen suchenden Blick und öffnete die Wagentür. Sie spürte eine Anspannung in sich. Ihr Interesse an den Aborigines und ihrer Kultur war so tief, dass unzählige Fragen in ihrem Kopf umherschwirrten. Gleichzeitig bekämpfte sie ihren Wunsch nach Antworten, weil sie um die kulturellen Unterschiede wusste. Man fragte hier nicht einfach, wonach einem der Sinn stand. Dennoch fühlte sie eine Art Sehnsucht in sich, diesen Menschen näher zu kommen, sie wirklich zu verstehen.
    Nach der freundlichen Begrüßung folgte Nora Tom und den Stammesältesten zu einem runden Bau in der Dorfmitte, der zu drei Seiten hin offen war. Es standen Holztische und -bänke darin, und sie vermutete, dass das Gebäude als Versammlungsort diente. Tom hatte aus dem Geländewagen seinen Arztkoffer mitgenommen und trug in der anderen Hand eine Kühlbox, in der sich verschiedene Impfseren befanden, die er eigens für diese Kindersprechstunde mitgebracht hatte. Normalerweise hätte ihn

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