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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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ein Tier oder eine Pflanze wie dieser alte Eukalyptusbaum ist.«
    Marrindi machte eine kurze Pause und neigte den Kopf zur Seite, als könnte er auf diese Weise seinen Worten mehr Eindringlichkeit verleihen.
    »Das Totem ist so nicht nur so etwas wie das übergeordnete Bewusstsein, das jedem Menschen den Geist schenkt, es verbindet den Menschen auch mit dem Land, das zu seinem Totemwesen gehört.«
    Nora hatte erneut eine Hand auf ihren Bauch gelegt. »Was für ein schöner Gedanke.«
    Tom stand auf und kratzte sich ein wenig nervös am Ohr, ehe er eine Hand ausstreckte, um Nora hochzuziehen. Er schätzte die Aborigines, und ganz besonders die, die hier lebten. Für Marrindi und seine Eigenheiten hatte er eine regelrechte Schwäche entwickelt, aber dennoch verunsicherte ihn dann und wann der unerschütterliche Glaube an spirituelle Geschehnisse und Verbindungen zwischen Gegenwart und Jenseits und ganz besonders, wenn seine Frau und sein ungeborenes Kind einbezogen wurden.
    »Ich denke, wir richten schon mal unseren Schlafplatz in der freien Hütte neben Wudima, oder?«
    Er wandte sich um und ging. Nora hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Sie war ein wenig enttäuscht, denn sie hätte das Gespräch mit Marrindi gern noch fortgesetzt. Es kam ihr unglaublich vor, dass sie ihm bei einer solch faszinierenden Erzählung hatte zuhören dürfen. Sie war sich ziemlich sicher, dass dieses Verhalten relativ Fremden gegenüber nicht üblich war. Tom schwieg und stapfte unbeirrt den staubigen Hauptweg entlang. Nora wunderte sich und blieb schließlich stehen. »Was ist denn los, Tom? Warum hast du es so eilig? Ich verstehe gar nicht, warum du so abrupt aufgestanden bist. Ich fand die Unterhaltung unglaublich.«
    Tom blieb ebenfalls stehen und atmete heftig aus. »Ja, unglaublich! So würde ich diesen unheimlichen Hokuspokus auch bezeichnen.« Er setzte seinen Weg fort, und da Nora mit ihm sprechen wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sie war verwirrt. Was hatte er nur?
    Er war vor ihr am Wagen angekommen, hatte die Heckklappe bereits geöffnet, nahm die beiden Decken und Schlafsäcke heraus und reichte sie ihr. Dann griff er nach den Reisetaschen und schlug die Klappe wieder zu. Schweigend machten sie sich auf den Weg zu ihrer Unterkunft. Nora ließ ihm Zeit, sich zu beruhigen. Obwohl sie ihn vielleicht zum ersten Mal nicht verstand, wusste sie, dass sich alles klären würde. Nachdem sie ihre Decken über die Liegen gebreitet und die Schlafsäcke daraufentrollt hatten, ließ sich Nora auf einem Bett nieder. Sie zog ihre Tasche zu sich heran und nahm eine Flasche Wasser heraus. Durstig trank sie ein paar Schlucke. Danach gab sie ein wenig Wasser auf ein Tuch und rieb sich das Gesicht ab. Erst jetzt merkte sie, wie müde sie war. Sie streckte sich auf der Liege aus und schloss die Augen, die vor Hitze und Staub brannten. Tom setzte sich zu ihr. »Bist du müde?«
    Nora blinzelte. »Ein bisschen.«
    Er zögerte. »Tut mir Leid, dass ich eben so heftig reagiert habe.« »Schon gut.« Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Aber was war denn los? Was hat dich denn so aufgebracht? Du magst doch die Aborigines. Du setzt dich doch sonst so für sie und die Künstlerwerkstatt ein.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Ach, ich weiß auch nicht. Natürlich mag ich sie, und den alten Zausel Marrindi ganz besonders.« Er grinste kurz. »Aber ich bin Arzt, Wissenschaftler. Ich halte mich gern an Fakten. Mir geht dieses Gefasel über Geister und frühere Welten einfach manchmal auf die Nerven.« Er war aufgestanden und wandte ihr den Rücken zu. Abrupt drehte er sich schließlich wieder zu ihr um. »Ich versuche immer wieder dahinter zu kommen, wieso mich dieser Geisterdoktor so oft aus dem Konzept bringen kann. Wie diese Verbindung zwischen Medizinmann und Priester funktioniert, verstehst du?«
    Nora nickte. Tom ließ sich wieder auf der Liege nieder und betrachtete seine Fingernägel. »Gestern habe ich die Unterlagen über die Fruchtwasseruntersuchung aus der Post gefischt.« Er bemerkte, wie Nora die Stirn runzelte, und fügte sofort hinzu: »Keine Sorge, alle Ergebnisse sind in Ordnung. Ich weiß auch schon, was es wird.« Er lächelte, wurde jedoch gleich wieder ernst. »Aber Marrindi wusste es auch! Ich meine, spinne ich?
    Oder was? Wir machen Tests und Untersuchungen. Wir sehen mit Ultraschallgeräten in die Gebärmutter. Und er? Der Alte hockt unter seinem Eukalyptusbaum, ist eins mit der Natur, beobachtet dich

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